"Schutzschirm" Regierung will Versorger notfalls mit Milliarden stützen
In der Corona-Pandemie ist der Bund mit Milliarden bei angeschlagenen Unternehmen eingestiegen. Das soll auch die Lösung für die Gaskrise werden.
Die Bundesregierung will in der Gaskrise einen "Schutzschirm" für angeschlagene Energieunternehmen schaffen. Mit gesetzlichen Änderungen soll die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass sich der Bund an Firmen wie Uniper beteiligen kann. In der Corona-Krise hatte der Bund mit Milliardengeldern die Lufthansa gestützt und sich an dem Konzern beteiligt.
Die Ministerien für Wirtschaft, Finanzen und das Bundeskanzleramt einigten sich grundsätzlich auf einen Entwurf, wie es am Montag aus Regierungskreisen hieß. Zuerst hatte der "Spiegel" darüber berichtet.
Ein Entwurf zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes lag auch der Deutschen Presse-Agentur vor. Darin geregelt sind Finanzhilfen bis hin zur Übernahme von Firmenanteilen, um die Pleite eines Gasversorgers abwenden zu können.
"Unternehmen der Kritischen Infrastruktur" stützen
Ziel sei es, den Handlungsspielraum der Bundesregierung zu erweitern, wie es aus Koalitionskreisen hieß. Die Ampel-Fraktionen sollen voraussichtlich am Dienstag zustimmen. Aus den Kreisen hieß es, mit vermutlich milliardenschweren Stabilisierungsmaßnahmen für Unternehmen wie Uniper sollten drastische Preissprünge für Gaskunden verhindert werden.
Im Entwurf heißt es, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten, sollten Stabilisierungsmaßnahmen bei "Unternehmen der Kritischen Infrastruktur" durch den Bund erleichtert werden – das zielt auf Energieversorger. Solche Maßnahmen kämen nur in Betracht, wenn sie von dem betroffenen Unternehmen beantragt werden.
Uniper geriet in Schwierigkeiten
Russland hatte die Lieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 stark gedrosselt. Dadurch geriet Deutschlands größter Importeur von russischem Erdgas, Uniper, in Turbulenzen und rief nach Staatshilfen. Wie Uniper mitgeteilt hatte, kommt dafür eine Reihe von Instrumenten in Frage – wie zum Beispiel Garantie- und Sicherheitsleistungen bis hin zu Beteiligungen in Form von Eigenkapital. Das bedeutet, der Staat würde bei Uniper einsteigen.
Die Bundesregierung hatte bestätigt, mit Uniper über Stabilisierungsmaßnahmen zu sprechen. Das Wirtschaftsministerium arbeitet nach Angaben einer Sprecherin "unter Hockdruck" an Lösungen. Eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte am Montag,
Ziel sei es, sich für eine weiter angespannte Lage auf den Energiemärkten zu wappnen und den Instrumentenkasten zu füllen. Die Energiemärkte müssten funktionsfähig bleiben. Die Sprecherin wies darauf hin, Uniper habe einen bestehenden Kreditrahmen über die Staatsbank KfW über 2 Milliarden Euro noch nicht gezogen.
Staat könnte Uniper unter die Arme greifen
Uniper spielt als großer Gasimporteur eine zentrale Rolle für die deutsche Energieversorgung und beliefert viele Stadtwerke. Uniper kann aber derzeit Mehrkosten beim Einlauf von Gas nicht an die Kunden weitergeben - daraus entstünden signifikante finanzielle Belastungen, hatte das Unternehmen bekanntgegeben.
Der Staat könnte nun Uniper finanziell unter die Arme greifen. Dies wurde in den Koalitionskreisen als erste Option bezeichnet. Die andere Möglichkeit wäre, dass die Gaskunden Preissprünge zahlen – dies könnte aber zu drastischen Preiserhöhungen für Verbraucher führen. Mehr dazu lesen Sie hier.
Habeck warnte vor "Preisexplosion"
Das bestehende Energiesicherheitsgesetz ermöglicht ein "Preisanpassungsrecht" für Versorgungsunternehmen. Dazu muss die Bundesnetzagentur eine "erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland" formal festgestellt haben, was noch nicht geschehen ist. Wird der Mechanismus aktiviert, könnten Versorger ihre aktuellen Mehrkosten innerhalb von kurzer Zeit an ihre Kunden weitergeben und zu großen Preissprüngen führen.
Habeck hatte vor einer möglichen "Preisexplosion" bei einigen Stadtwerken gewarnt. Um Preissprünge gerechter auf die Verbraucher zu verteilen, arbeitet die Bundesregierung deswegen an einem Umlagesystem. Damit könnten Belastungen gleichmäßiger auf alle Verbraucher verteilt werden, wie es hieß.
Die Probleme von Energieunternehmen könnten sich noch verschärfen, denn am 11. Juli beginnen jährliche Wartungsarbeiten von Nord Stream 1, die in der Regel zehn Tage dauern. Dann fließt kein Gas durch die Pipeline. Die große Sorge ist, dass Russland nach der Wartung den Gashahn nicht wieder aufdreht. Vor einem solchen Totalausfall russischer Gaslieferungen durch Nord Stream hatten Habeck und die Bundesnetzagentur gewarnt.
- Nachrichtenagentur dpa