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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Energiekosten Die Gaspreise fallen deutlich – und der Staat profitiert
Erstmals fällt der Neukundenpreis für Gas unter die 12-Cent-Schwelle der Gaspreisbremse. Diese dürfte dadurch für den Staat billiger ausfallen als gedacht.
Die Gaspreise fallen weiter in rasantem Tempo. Wer derzeit einen neuen Liefervertrag abschließt, zahlt nach Angaben des Vergleichsportals Verivox im bundesweiten Schnitt 11,9 Cent je Kilowattstunde – was einem Rückgang von fast 11 Prozent binnen einer Woche entspricht.
Erstmals liegt der Preis für Gas damit unterhalb des sogenannten Gaspreisdeckels von 12 Cent je Kilowattstunde. Profiteur dieser Entwicklung ist demzufolge vor allem der Staat: Er muss angesichts des niedrigeren Preises keine Ausgleichszahlungen mehr leisten, spart damit bares Geld.
Die Gaspreisbremse sieht vor, dass Verbraucher und Firmen 80 Prozent ihres Vorjahresverbrauchs zu einem gedeckelten Preis von 12 Cent je Kilowattstunde erhalten. Eine mögliche Differenz zum Börsenpreis ersetzt die Bundesregierung den Gashändlern. Für die übrigen 20 Prozent gilt der "normale" Marktpreis, sodass es für Haushalte und Unternehmen weiter einen Anreiz gibt, Energie zu sparen.
200 Milliarden Euro für Gaspreisbremse
Um die Kosten der Gaspreisbremse bis zum Frühjahr 2024 zu stemmen, hatte der Bundestag rund 200 Milliarden Euro freigegeben. Dieser Rahmen dürfte angesichts der nun drastisch gefallenen Preise jedoch kaum ausgeschöpft werden.
"Die Kosten für die Gaspreisbremse könnten im Jahr 2023 unter zehn Milliarden Euro betragen", hatte zuletzt Verivox-Energieexperte Thorsten Storck gesagt. "Die Haushalte müssten dann deutlich weniger stark entlastet werden als geplant." Die neuen Zahlen vom Sonntag legen nahe, dass die Gaspreisbremse sogar noch billiger werden könnte. Wie viel Geld genau der Fiskus am Ende spart, lässt sich noch nicht abschätzen, da die Preise hohen Schwankungen unterliegen und die Gaspreisbremse bis April 2024 greift.
Wichtigster Grund für den starken Rückgang der Gaspreise ist der bislang milde Winter. Weil es bislang wärmer war als erwartet, verbrauchen die Deutschen weniger Gas zum Heizen. Hinzu kommt, dass mit den schwimmenden LNG-Terminals an den deutschen Küsten sehr schnell neue Zugänge zu Gas aus Übersee entstanden. Über sie wird schon jetzt erstes Flüssiggas ins deutsche Netz eingespeist, das die ausgebliebenen Lieferungen aus Russland ersetzt.
Deutschlands Gasspeicher sind gut gefüllt
Beides führt dazu, dass die Gasspeicher noch immer sehr voll sind. Zuletzt lag der Füllstand der Speicher am Donnerstag (19. Januar) bei 87,95 Prozent. Zum Vergleich: Im langjährigen Durchschnitt waren die Speicher am gleichen Datum nur zu 66,36 Prozent gefüllt.
Die Folge: An den internationalen Gasbörsen ist die Nachfrage nach Gas geringer als sonst. Trotz knapperem Angebot durch den Wegfall der russischen Gaslieferungen nach Europa ist der Großhandelspreis deshalb stark gesunken. Zuletzt wurden am Europäischen Spotmarkt für eine Megawattstunde Gas 68,45 Euro fällig – weniger als ein Viertel dessen, was Händler Ende August 2022 zahlen musste, als der Preis mit 308 Euro (30 Cent je Kilowattstunde) seinen absoluten Höchststand erreichte.
Davon profitieren bislang aber nur Neukunden. Verbraucher, die seit Längerem bei ihrem Gasanbieter sind, dürften umgekehrt in den kommenden Tagen und Wochen sogar noch weitere Erhöhungen ihres Abschlags ins Haus flattern. Grund dafür ist, dass viele Anbieter erst jetzt die erhöhten Einkaufspreise für Gas aus dem vergangenen Sommer an ihre Kunden weiterreichen.
- Eigene Recherche
- Daten des Vergleichsportals Verivox