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Pflege: Eigenanteile steigen – erste Kassen brauchen wohl Staatshilfe


Pflegekosten
Knapp 3.000 Euro für einen Heimplatz – Eigenanteile steigen

Von dpa-afx, cho

Aktualisiert am 06.02.2025 - 11:04 UhrLesedauer: 4 Min.
Ältere Frau schaut besorgt: Auf Pflegebedürftige kommen jedes Jahr höhere Heimkosten zu.Vergrößern des Bildes
Ältere Frau schaut besorgt: Auf Pflegebedürftige kommen jedes Jahr höhere Heimkosten zu. (Quelle: Ridofranz/getty-images-bilder)
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Die Pflegekosten für Heimplätze in Deutschland steigen weiter rasant. Gleichzeitig könnten einige Kassen erstmals auf finanzielle Hilfe angewiesen sein.

Pflegebedürftige und ihre Angehörigen müssen für einen Heimplatz erneut tiefer in die Tasche greifen. Wie eine Auswertung des Ersatzkassenverbands zeigt, sind die selbst zu zahlenden Anteile für Pflegebedürftige weiter gestiegen.

Für das erste Jahr im Heim lag die Eigenbeteiligung demnach Anfang 2025 im Bundesdurchschnitt bei 2.984 Euro – das sind rund 300 Euro mehr als im Vorjahr. Regional unterscheidet sich die Eigenbeteiligung um mehrere Hundert Euro: Am meisten zahlen Betroffene in Bremen (3.456 Euro), am wenigsten in Sachsen-Anhalt (2.443 Euro). Eine Übersicht über alle Bundesländer finden Sie hier.

Kassen beklagen "ständigen Aufwärtstrend"

Der Verband der Ersatzkassen (vdek), zu dem etwa die Techniker Krankenkasse, die Barmer und die DAK-Gesundheit gehören, spricht von einem "ständigen Aufwärtstrend". Weder von der Pflegekasse gezahlte Zuschläge noch die Erhöhung der Pflegeleistungen zum Jahresbeginn hätten diesen abbremsen können.

Zu den Pflegeleistungen zählen etwa die Pflegesachleistungen, also die Gelder für professionelle häusliche Hilfe für Pflege, Betreuung und Haushaltsdienste in häuslicher Umgebung. Diese sind beim höchsten Pflegegrad 5 von 2.200 auf 2.299 Euro gestiegen. Auch der Betrag für vollstationäre Pflege stieg bei Grad 5 von 2.005 auf 2.096 Euro. Insgesamt wurden die Pflegeleistungen zum 1. Januar um 4,5 Prozent angehoben.

Auch der Beitragssatz der Pflegeversicherung ist zum Jahreswechsel gestiegen, und zwar um 0,2 Prozentpunkte. Der Beitragssatz reicht von 2,6 Prozent für Menschen mit fünf Kindern oder mehr bis zu 4,2 Prozent für jemanden ohne Kinder. Für ein Kassenmitglied mit einem Kind liegt er bei 3,6 Prozent. Lesen Sie hier, was der gestiegene Pflegebeitrag für Ihr Gehalt bedeutet.

Kassen wollen von den Ländern Milliarden

Gut zwei Wochen vor der Bundestagswahl forderte die vdek-Vorsitzende Ulrike Elsner die konkurrierenden Parteien zum Worthalten auf. Wer dann regiere, müsse die Pflege verlässlich und bezahlbar halten. Die Belastungen der Menschen seien "zu hoch", die Eigenbeteiligung gehöre klar begrenzt.

Dazu forderte Elsner die Länder unter anderem zur vollen Finanzierung von Bau und Instandhaltung der Heime auf. Scharf kritisierte die Verbandschefin die Praxis, die Kosten auf die Pflegebedürftigen umzulegen. Die Länder hätten für diesen Bereich 2022 nur 876 Millionen Euro gezahlt, die Pflegebedürftigen rund 4,4 Milliarden Euro.

Allein eine Kostenübernahme dieser Posten durch die Länder würde die Pflegebedürftigen nach vdek-Berechnung um im Schnitt 498 Euro im Monat entlasten. Generell müssten aber die Leistungsbeträge jährlich dynamisiert und an volkswirtschaftlichen Kenngrößen ausgerichtet werden.

Was die Pflegekasse zahlt

Die Pflegeversicherung trägt – anders als die Krankenversicherung – nur einen Teil der anfallenden Kosten. Den Großteil der von den Heimbewohnerinnen und -bewohnern zu tragenden Kosten macht der Eigenanteil für die reinen Pflegekosten aus. Hinzu kommen für die Betroffenen noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und eben für Investitionen in den Heimen.

Der Eigenanteil allein für die Pflegekosten betrug zum 1. Januar im Bundesschnitt etwa 1.760 Euro. Davon gehen die nach Aufenthaltsdauer gestaffelten Zuschüsse ab. Diese 2022 eingeführten Entlastungszuschläge neben den eigentlichen Zahlungen der Pflegekasse hatte die Ampel 2024 erhöht: Der Eigenanteil für die reine Pflege wird seither im ersten Jahr im Heim um 15 statt zuvor 5 Prozent gedrückt, im zweiten um 30 statt 25 Prozent, im dritten um 50 statt 45 Prozent und ab dem vierten Jahr um 75 statt 70 Prozent.

800.000 Menschen werden in Heimen gepflegt

Seit Jahren fordern Expertinnen und Experten weitere Reformen im Pflegesystem. Hintergrund ist die steigende Zahl der Pflegebedürftigen. So waren im Dezember 2023 in Deutschland knapp 5,7 Millionen Menschen pflegebedürftig – nach knapp 5 Millionen im Dezember 2021.

Der starke Anstieg lag laut Statistischem Bundesamt unter anderem an nachlaufenden Auswirkungen einer Reform von 2017. Seither werden Menschen eher als pflegebedürftig eingestuft als zuvor, etwa Demenzkranke. Knapp neun von zehn Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt. Die Zahl der in Heimen vollstationär versorgten Pflegebedürftigen stieg von Dezember 2021 bis 2023 leicht um 6.000 auf knapp 800.000.

Pflegekassen könnten erstmals Hilfen benötigen

Auch der demografische Wandel trägt seinen Teil dazu bei, dass der Druck auf die Pflegeversicherung steigt. Mit dem Eintritt der Babyboomer-Jahrgänge in den Ruhestand dürfte sich dieser weiter verschärfen. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) rechnet laut MDR wegen des gestiegenen Pflegebeitrags für dieses Jahr zwar nur mit einem "kleinen Minus" von 300 Millionen Euro, für 2026 erwartet er aber wieder größere Finanzprobleme.

Das liege zum einen daran, dass die Zahl der Leistungsbezieher weiter steigen werde, aber auch daran, dass die Pflegekassen pro Kopf höhere Zahlungen leisten müssen. Die Erhöhung des Pflegebeitrags 2025 habe das Problem nur aufgeschoben, aber nicht behoben, sagte die GKV-Vorsitzende Doris Pfeiffer. Die Situation spitze sich bereits zu: So könnten im Februar erstmals einzelne Pflegekassen Liquiditätshilfen aus einem Ausgleichsfonds benötigen. Damit werde sichergestellt, dass sie zahlungsfähig bleiben – zumindest in diesem Jahr.

Lauterbach kündigte Reform an

Eine größere Pflegereform schaffte die Ampelkoalition vor ihrem vorzeitigen Ende nicht mehr. Bei der Verabschiedung der seit Jahresbeginn geltenden Anpassungen im Bundestag malte Gesundheitsminister Karl Lauterbach ein durchwachsenes Bild. Effizienzreserven habe die Pflegeversicherung nicht. "Es ist richtig, dass es in der Pflegeversicherung Reformbedarf gibt", so Lauterbach vergangenes Jahr.

Damals kündigte der SPD-Politiker noch eine weitergehende Pflegereform an: "In einem Jahr werden wir die Basis der Finanzierung der Pflegeversicherung verbreitern." Daraus wurde nichts.

Verwendete Quellen
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