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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Marshmallow-Experiment So steigern Sie mit Sicherheit Ihre Rendite
Das Auf und Ab an den Börsen stellt Anleger auf die Geduldsprobe. Aber je länger Menschen zu warten bereit sind, desto höher fällt die Belohnung aus.
In einem Experiment im Jahr 1972 an der Stanford-Universität unter der Leitung des Psychologen Walter Mischel wurde Kindern ein Marshmallow angeboten. Wenn sie 15 Minuten warteten, ohne die Süßigkeit anzurühren, bekamen sie zur Belohnung ein weiteres Marshmallow.
In Folgestudien stellten die Forscher fest, dass Kinder, die länger auf die Belohnung warten konnten, später bessere Ergebnisse beispielsweise bei schulischen Leistungen, sportlichen Aktivitäten oder einer gesunden Ernährung erzielten. Lassen sich diese Erkenntnisse auch auf die Erfolge eines Erwachsenen beim Sparen und Investieren übertragen?
Anleger sehen nur die kurzfristigen Gewinne
Durch elektronische Handelssysteme, Trading-Apps sowie die ständige Verfügbarkeit von Kursen und Börsennachrichten sind heutige Privatanleger und Investoren offenbar häufig nur noch an kurzfristigen Gewinnen interessiert und verlieren die langfristige Rendite aus den Augen.
Viele Anleger verhalten sich wie ein Kind, das sich für den schnellen Genuss entscheidet und auf die doppelte Belohnung verzichtet. Laut Statistik wurden Aktien im Jahr 2022 nach durchschnittlich sechs Monaten wieder verkauft. 33 Jahre zuvor, im Jahr 1980, hielten Aktionäre ihre Aktien noch rund zehn Jahre in ihren Depots.
Für Anleger heißt geduldiges Warten nichts anderes, als den Zinseszins-Effekt voll auszuschöpfen. Wer also kurzfristig investiert, wird nur einen geringen Gewinn erzielen. Wer hingegen langfristig spart, wird ein Vielfaches erwirtschaften. In diesem Sinne hat die Studie des Psychologen Walter Mischel nach wie vor einen wahren Kern.
Eine einfache Rechnung
Angenommen, Sie kaufen für 10.000 Euro Aktien eines Unternehmens und der Aktienkurs steigt nach sechs Monaten um 50 Prozent. Würden Sie die Aktien verkaufen, erzielten Sie einen Ertrag von 5.000 Euro (abzüglich 25 Prozent Kapitalertragssteuer). Nach dem Handel blieben Ihnen 13.750 Euro – Geld, das Sie nun in einen weiteren Aktienkauf investieren könnten. Ob sich der Kurs erneut innerhalb von sechs Monaten stark aufwärts entwickelt oder um 50 Prozent fällt, wissen Sie nicht.
Würden Sie stattdessen diese 10.000 Euro in Aktien eines Unternehmens investieren und zehn Jahre lang nicht anrühren, erzielten Sie bei einer unterdurchschnittlichen Performance von fünf Prozent pro Jahr an der Börse bereits 16.288 Euro (abzüglich 25 Prozent Kapitalertragssteuer). Bei zehn Prozent Rendite jährlich wären es am Ende der Laufzeit sogar 25.937 Euro. Würden Sie jedes Jahr Ihr Anfangsinvestment um 1.000 Euro erhöhen, wären bei einer Wartezeit von zehn Jahren und zehn Prozent Rendite pro Jahr rund 43.500 Euro (abzüglich Kapitalertragssteuer) möglich.
Geduld ist erlernbar
Nach dem Stanford-Experiment von 1972 wurde in mehreren Wiederholungsexperimenten die Vorhersagekraft des Tests widerlegt: Die Geduld von Kindern, auf den ersten Marshmallow zu verzichten, um eine größere Belohnung zu erhalten, hat keinen Einfluss auf die zukünftige Willensstärke von Jugendlichen oder Erwachsenen.
Auch die Vorstellung, man könne vorhersagen, wie sich Anleger in unruhigen Börsenzeiten verhalten, ist Unsinn. Persönliche Eigenschaften wie Disziplin, Engagement, Intelligenz und soziale Kompetenz spielen eine ebenso wichtige Rolle wie finanzielle Bildung. Geduld ist eine Eigenschaft, die sich erlernen lässt – sie ist aber eines der wichtigsten Kriterien für den Anlageerfolg.
- Eigene Recherche
- statista.com: "Haltedauer (in Jahren) der weltweiten Aktien von 1980 bis 2022"
- simplypsychology.org: „Stanford Marshmallow Test Experiment”
- Investing.com: "Börsen-Mindset: Die Macht der Geduld und aufgeschobenen Belohnung"
- spektrum.de: "Wurde das berühmte psychologische Experiment falsch interpretiert?"