Expertin erklärt Dividenden-ETFs So leicht war passives Einkommen noch nie
Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Bestimmte Investments bieten Anlegern eine attraktive Möglichkeit, regelmäßige Ausschüttungen als Zusatzeinkommen zu generieren. Ein Blick auf die besondere Anlageform.
ETFs haben in den letzten Jahren stark an Popularität gewonnen, und das aus gutem Grund. Sie bieten einige Vorteile als Geldanlage, insbesondere für Privatanleger. Im Gespräch mit t-online erklärt Chris Hofmann vom Vermögensverwalter Vanguard, was Sie als Anleger von einem Dividenden-ETF erwarten können – und warum Sie trotzdem auf andere Geldanlagen nicht verzichten sollten.
t-online: Frau Hofmann, was unterscheidet einen Dividenden-ETF von einem herkömmlichen Aktien-ETF, der keine Dividenden ausschüttet?
Chris Hofmann: Der Unterschied liegt nicht im ETF, sondern im zugrundeliegenden Index, den der ETF nachbildet. Während ein "herkömmlicher" ETF die Kursentwicklung eines breiten Marktindex nachbildet und dabei nicht unbedingt auf die Dividendenausschüttungen achtet, investiert ein Dividenden-ETF gezielt in Unternehmen, die stabile und hohe Dividendenrenditen bieten. Dies hat für Anleger den Vorteil eines regelmäßigen Zusatzeinkommens, das unabhängig von Kursschwankungen ist und das Portfolio stabilisieren kann.
Vanguard Group
Mit einem verwalteten Vermögen von rund acht Billionen US-Dollar und etwa 18.000 Mitarbeitern weltweit ist Vanguard der zweitgrößte Vermögensverwalter der Welt. Chris Hofmann leitet das Intermediary Wholesale Team und verfügt über rund 20 Jahre Erfahrung sowohl auf der Händler- als auch der Emittentenseite im Bereich börsennotierte Indexfonds (ETFs). Vanguard ist nicht börsennotiert und gehört keinen externen Investoren. Eigentümer von Vanguard sind vielmehr die von der Gesellschaft aufgelegten Fonds. Vanguard gehört also den Vanguard-Anlegern selbst.
Gibt es spezielle ETFs, die nur darauf ausgerichtet sind, möglichst hohe Dividenden auszuschütten?
Ja, die gibt es. Allerdings sollte bei der Auswahl solcher ETFs darauf geachtet werden, dass sie breit diversifiziert sind. Ein Fokus auf wenige Unternehmen oder Branchen könnte das Risiko erhöhen und der Grundidee eines diversifizierten Portfolios widersprechen. Auch wenn sehr hohe Dividendenausschüttungen zunächst verlockend sind, muss auch hier die richtige Balance zwischen Risiko und Rendite hergestellt werden.
Zudem orientieren sich viele Dividenden-ETFs an der historischen Dividendenrendite und vernachlässigen zukünftige und zu erwartende Dividendenrenditen als Entscheidungsmerkmal für die Auswahl entsprechender Titel.
Welche Unternehmen befinden sich typischerweise im Korb von Dividenden-ETFs?
Typischerweise enthalten Dividenden-ETFs Unternehmen, die für ihre regelmäßigen und hohen Dividendenzahlungen bekannt sind. Diese Unternehmen zeichnen sich oft durch eine langfristige Dividendenhistorie aus. Dazu gehören häufig etablierte Firmen aus verschiedenen Sektoren wie Versorgung, Finanzen, Versicherungen, Konsumgüter oder Telekommunikation.
Haben Sie ein oder zwei Beispiele für beliebte Dividenden-ETFs, die an der Börse gehandelt werden?
Ein bekanntes Beispiel ist ein ETF auf den FTSE All-World High Dividend Yield Index. Dieser bietet neben einer soliden Dividendenrendite den Vorteil, dass er sehr breit gestreut ist und somit das Risiko minimiert wird. Er bildet rund 40 Prozent der dividendenstärksten Unternehmen des FTSE All-World ab und enthält etwa 2.400 Einzeltitel aus über 45 Ländern, verteilt auf Industrie- und Schwellenländer.
Somit ist trotz des Fokus auf hohe Dividenden auch eine breite Diversifikation gewährleistet. Dies ist gerade in volatilen Marktphasen entscheidend. Der FTSE-Ansatz selektiert zudem Unternehmen auf Basis der Dividendenprognosen und nicht auf Basis historischer Ausschüttungen.
Es gibt ausschüttende und thesaurierende ETFs. Welche Variante ist für den Vermögensaufbau besser geeignet?
Das ist immer eine Frage der konkreten Ziele des Anlegers. Für den Vermögensaufbau können thesaurierende ETFs eine gute Wahl sein. Thesaurierende Produkte behalten die erzielten Erträge wie Dividenden und Zinsen im ETF und reinvestieren sie in neue Wertpapiere. Dadurch erhöht sich nicht nur der Wert der Geldanlage, sondern Anleger profitieren auch vom Zinseszinseffekt, da die wieder angelegten Erträge selbst wieder Rendite abwerfen.
- Vermögensaufbau: So funktioniert der Zinseszins
- Passives Investieren: So viel Rendite werfen ETFs ab
Im Gegensatz dazu führen ausschüttende ETFs zu regelmäßigen Auszahlungen und können so ein attraktives regelmäßiges Zusatzeinkommen bieten. Wenn dies das Ziel des Anlegers ist, sind ausschüttende ETFs die bessere Wahl. Besonders hohe Ausschüttungen bieten hier ETFs mit Fokus auf Dividendentitel.
Unternehmen mit hohen Ausschüttungen an die Aktionäre sind nicht dafür bekannt, große Kurssprünge zu machen. Sieht das bei ETFs genauso aus?
Die Performance von ETFs mit Fokus auf hohen Dividenden ist in der Regel stabil. Das liegt daran, dass ETFs grundsätzlich dem Indexkonzept folgen und damit eine breite Diversifikation über verschiedene Sektoren und Regionen bieten. Ein weiterer Aspekt ist, dass zahlreiche Unternehmen mit hohen Dividendenrenditen in der Regel über solide Bilanzen verfügen, ein solides Eigenkapital aufweisen und eine vergleichsweise stabile Entwicklung bei Umsatz und Gewinn haben.
Welche durchschnittliche Rendite können Anleger pro Jahr erwarten? Haben Sie da eine Kennzahl parat?
Das lässt sich pauschal nicht beantworten, da die Rendite von unterschiedlichen Faktoren wie dem zugrundeliegenden Index, dem Ansatz und nicht zuletzt auch den Kosten abhängt. Grundsätzlich beeinflussen Dividenden aber die Gesamtperformance von Aktien, und in der Vergangenheit haben Ausschüttungen einen großen Teil der Gesamtrendite ausgemacht.
Betrachtet man aber nur die Dividendenrendite, so lag diese bei einem ETF auf den FTSE All-World High Dividend Yield in den vergangenen vier Jahren zwischen 3,56 und 4,19 Prozent. Für die Gesamtrendite sollte aber auch die Performance des ETFs nach Kosten berücksichtigt werden.
Ein gut ausgewählter, breit diversifizierter Dividenden-ETF kann eine wichtige Rolle im Anlagemix spielen und ist keineswegs nur ein "Nice-to-have".
Chris Hofmann, Vanguard
Bekommen Anleger, die in einen Dax-ETF investieren, auch Dividenden, denn Allianz und Co. gehören ja zu den zuverlässigen Dividendenzahlern im Dax?
Ein ETF auf den Dax funktioniert anders, da dieser auf einem Performance-Index basiert. Im Gegensatz zu einem Kursindex, der nur die Kursbewegungen der im Index enthaltenen Wertpapiere abbildet, berücksichtigt ein Performance-Index zusätzlich auch Erträge aus Dividenden und Sonderausschüttungen.
Das hat allerdings auch einen großen Nachteil: Es tritt häufig das Problem auf, dass Dividenden in die Performance einfließen. Dadurch kann sich allmählich ein sogenannter Tracking Error einschleichen, also eine Abweichung zwischen der Wertentwicklung des ETFs und der Performance des Dax. Je niedriger der Tracking Error, desto präziser folgt der ETF dem Dax.
Keine Rendite ohne Risiko. Worauf sollten Anleger bei Dividenden-ETFs achten?
Die Risiken unterscheiden sich zunächst einmal nicht von denen anderer Aktien- oder ETF-Investments. Volatile Marktphasen gab es in der Historie immer wieder und wird es auch in Zukunft geben. Jedoch können zwei einfache Faktoren dazu beitragen, das Risiko zu minimieren: Ein langfristiger Anlagehorizont sowie eine breite Diversifizierung. Auch bei der Auswahl eines Dividenden-ETFs gilt es, dies umzusetzen. Produkte, die in eine große Anzahl an Unternehmen investieren und die zudem sowohl über Industrie- als auch Schwellenländer gestreut sind, können das Risiko minimieren.
Welche Rolle spielen Dividenden-ETFs im Anlagemix? Sind sie nur "Nice-to-have" oder sollte jeder auf sie setzen?
Ein gut ausgewählter, breit diversifizierter Dividenden-ETF, der auf einem globalen Dividendenindex basiert, kann aufgrund seiner Stabilität und Ertragschancen eine wichtige Rolle im Anlagemix spielen und ist keineswegs nur ein "Nice-to-have".
Dividendenzahlungen können dazu beitragen, das Depot wetterfester zu machen. In Zeiten mit positiven Kursentwicklungen stellen sie eine willkommene Zusatzrendite dar, während sie in stürmischen Märkten das Risiko mildern können. Wer zusätzlich auf ein thesaurierendes Produkt zurückgreift, profitiert zudem noch stärker vom Zinseszinseffekt.
- Schriftliches Interview mit Chris Hofmann von Vanguard