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Fahrverbote: Der Diesel ist nicht halb so schlecht, wie er gemacht wird


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Fahrverbote
Der Diesel ist nicht halb so schlecht, wie er gemacht wird

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

29.05.2018Lesedauer: 3 Min.
Die Fahrverbotsschilder in Hamburg hängen schon: Ab 31. Mai gelten auf einzelnen Straßen Verbote für Diesel. Die Debatte wird zu ideologisch geführt, kritisiert Kolumnistin Ursula Weidenfeld.Vergrößern des Bildes
Die Fahrverbotsschilder in Hamburg hängen schon: Ab 31. Mai gelten auf einzelnen Straßen Verbote für Diesel. Die Debatte wird zu ideologisch geführt, kritisiert Kolumnistin Ursula Weidenfeld. (Quelle: Daniel Bockwoldt)

Die Autokonzerne haben das Ansehen des Diesel ruiniert. Dafür müssen sie verantwortlich gemacht werden – und nicht die Technologie.

Es dauerte nicht mehr lange, dann tritt am Donnerstag das erste Dieselfahrverbot in deutschen Städten in Kraft. Ein paar Hundert Meter Straße sollen in Hamburg Altona für die Eigentümer älterer Dieselautos gesperrt werden. Damit bricht eine neue Ära auf Deutschlands Straßen an. Es geht nicht mehr um Unter-, Mittel- oder Oberklasse. Es geht um Elektro-, Diesel- und Benzinfahrzeuge. Zwischen diesen Autos und ihren Besitzern wird von nun an differenziert.

Der Diesel ist eines der frappierendsten Beispiele für die Ideologisierung von Sachthemen geworden. In der öffentlichen Auseinandersetzung scheint es nur noch Schadstoff-Leugner und Umwelt-Hysteriker zu geben.

Die politische Aufladung bekommt dem Thema nicht. Denn die Fakten sind ja einigermaßen klar, egal, wie man darüber denkt:

  1. Stickoxide aus Dieselautos schaden der Atemluft in den Städten. Rußpartikel aus diesen Autos sind gesundheitsgefährdend. Deshalb gibt es Grenzwerte.
  2. Die Grenzwerte werden in vielen deutschen Städten überschritten.
  3. Die Autohersteller behaupteten in der Vergangenheit, das sei kein Problem. Denn sie täten alles, um die Grenzwerte einzuhalten und das gelinge auch.
  4. Es gelang nicht. Deshalb begannen einige Autohersteller, die Werte zu manipulieren.
  5. Sie wurden erwischt.
  6. In den USA und Europa stehen die Hersteller am Pranger und sind mit Milliardenforderungen konfrontiert.
  7. Die Kontrolle für Dieselautos wird schärfer.
  8. Diesel ist – abgesehen von den Betrügereien der Autokonzerne – nach wie vor die schadstoffärmste Variante der fossilen Mobilität.

Die Punkte eins bis sieben sind schnell abgehandelt. Sie betreffen das objektive Problem und die Möglichkeit, es in den Griff zu bekommen. Beim achten Punkt aber kommen Ideologie, Begeisterung für Elektroautos, und die generelle Haltung zur individuellen Mobilität ins Spiel. Das schadet der Diskussion, und es schadet der Umwelt. Und langfristig schadet es dem sozialen Frieden in den Städten.

Zu wenig erneuerbare Energie

Viele Experten sind der Ansicht, dass die Verkehrswende nur zu schaffen ist, wenn Autos künftig elektrisch angetrieben werden. Bisher hat der Verkehrssektor nicht dazu beigetragen, die deutschen Klimaziele zu erreichen. Damit das anders wird, empfiehlt beispielsweise die Nichtregierungsorganisation Agora Verkehrswende mehr öffentlichen Nahverkehr und mehr Elektroautos.

Allerdings: Nur, wenn der Strom erneuerbar erzeugt wird, gibt es einen positiven Beitrag fürs Klima. Davon aber ist die Elektromobilität noch weit entfernt. Dennoch setzen die Städte auf Elektroautos und räumen ihnen Privilegien beim Parken, beim Benutzen von Busspuren oder der Zufahrt für einzelne Stadtviertel ein.

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Am besten für die Luft und das Klima in den Städten wäre möglichst wenig individuelle Mobilität und viel öffentlicher Nahverkehr. Doch die Nahverkehrssysteme ächzen schon heute unter Überlastung – engere Takte sind vielerorts kaum möglich, neue Strecken schon gar nicht. Viele Bürger können oder wollen auch nicht auf das eigene Auto verzichten: weil sie viel zu transportieren haben, weil sie die Kinder oder ihre älteren Familienmitglieder fahren wollen, oder weil das Umsteigen zu kompliziert und unattraktiv ist. Das gilt besonders für Pendler und Landbewohner.

Individualverkehr wird es noch lange geben

All das zeigt: Es wird noch sehr lange individuellen Verkehr geben. Elektroautos werden das nicht befriedigend leisten können, weil es zu wenig grünen Strom für sie gibt, und weil die Modelle immer noch nicht ausgereift sind.

Schaut man aber auf fossile Antriebe, ist der Diesel nicht halb so schlecht, wie er heute gemacht wird. Nach wie vor ist er, was den Kohlendioxid-Ausstoß betrifft, dem Benziner überlegen. Außerdem werden in der Dieseltechnologie im Augenblick offenbar sehr ordentliche Fortschritte gemacht. Der Zulieferer Bosch versprach im vergangenen Monat sogar eine "Revolution", was den Ausstoß von Stickoxiden betrifft.

Diese Innovationen müssen genau geprüft werden. Halten sie, was die Hersteller versprechen, müssen Dieselgegner ihre Positionen überprüfen. Als Übergangstechnologie sollte die Lösung zum Standard werden, die Umwelt und Klima am wenigsten belastet.

Sonst droht eine weitere Ideologisierung des Themas. Wenn künftig wohlhabende Elektroauto-Eigentümer morgens und abends schneller in die Stadt fahren dürfen und dort Parkplatzprivilegien genießen, auf der anderen Seite aber weniger wohlhabende Fahrer von Diesel- und Benzinautos ausgesperrt werden, braucht man sich ein populistisches politisches Programm dazu gar nicht erst auszudenken: Es liegt auf der Hand.

Nicht nur deshalb ist es wichtig, alle technischen Optionen genau zu prüfen und ihnen offen zu begegnen. Ein Land wie Deutschland ist das seinen Bürgern, seinen Unternehmen und seinem Selbstverständnis als Technologienation schuldig.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin. In ihrem Buch "Regierung ohne Volk. Warum unser politisches System nicht mehr funktioniert." schreibt sie über die Probleme der deutschen Politik.

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