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Renditen im Höhenflug: Kommt jetzt die Zinswende?


Hintergrund | US-Renditen im Höhenflug
Kommt jetzt auch in Europa die Zinswende?

dpa-afx, Tobias Schmidt, Lutz Alexander

18.05.2018Lesedauer: 3 Min.
Euro: Viele Anleger hoffen auf eine Zinswende im Euroraum.Vergrößern des Bildes
Euro: Viele Anleger hoffen auf eine Zinswende im Euroraum. (Quelle: Jan Tepass)

Für deutsche Anleger sind größere Zinsgewinne zurzeit fast unmöglich. In den USA steigen die Renditen jedoch stark an. Endet auch im Euroraum die Zeit der absoluten Niedrigzinsen?

In den USA erreichten die Renditen in dieser Woche den höchsten Stand seit 2011. Ausgerechnet in diesem Umfeld löst die Regierungsbildung in Italien Sorgen vor einer neuen Euro-Krise aus - und sorgt damit auch im Euroraum für kräftigen Auftrieb bei den Renditen. Die wichtigsten Fragen:

Warum steigen die Zinsen in den USA?

Die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen ist zuletzt auf den höchsten Stand seit 2011 bei deutlich über drei Prozent geklettert. Noch Mitte 2016 war sie nicht einmal halb so hoch. Ein Grund für den Anstieg ist die Erwartung weiterer Zinserhöhungen durch die US-Notenbank Fed. Zudem erwarten Investoren eine steigende Inflation. Denn die Ölpreise klettern rasant, vor allem wegen der US-Sanktionen gegen den Iran. Die Sorte Brent kostete am Donnerstag erstmals seit 2014 wieder über 80 Dollar je Barrel (159 Liter). Auch die Preise anderer Rohstoffe sind zuletzt kräftig gestiegen. Gleichzeitig setzt US-Präsident Donald Trump auf niedrigere Steuern und höhere Staatsausgaben, was Sorgen um die US-Staatsverschuldung schürt. Dass die USA im Clinch mit ihrem größten Gläubiger China liegen, macht die Lage nicht besser.

Lässt der US-Zinsanstieg auch die Renditen in Deutschland steigen?

Wegen der enormen Größe des US-Anleihemarkts und des Status des US-Dollar als Weltreservewährung haben die US-Zinsen traditionell erheblichen Einfluss auf die deutschen Renditen. Dies gilt zwar immer noch, aber der Zusammenhang verliert an Stärke. Inzwischen liegt der Abstand der Rendite 10-jähriger US-Papiere gegenüber deutschen erstmals seit den 1980er Jahren wieder bei knapp 2,5 Prozentpunkten. Denn während die Fed bereits an der Zinsschraube drehe, lasse die Europäische Zentralbank (EZB) damit noch auf sich warten, sagt Torsten Strohrmann, Experte beim deutschen Vermögensverwalter DWS. Hinzu komme die lockere Fiskalpolitik sowie die robuste Konjunktur in den USA.

Welche Auswirkungen hat die Regierungsbildung in Italien auf die Zinsen?

Sie ließ zuletzt die Renditen nicht nur in Italien sondern auch in anderen südeuropäischen Ländern steigen. Die eurokritischen Parteien Fünf Sterne und Lega sinnierten über einen Schuldenschnitt und über Möglichkeiten, die Schulden klein zu rechnen. Dadurch weckten sie böse Erinnerungen an die Euro-Krise. "Italien ist anders als Griechenland 'too big to fail'", sagt Friedrich Heinemann, Ökonom beim Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. "Die Eurozone ist damit erpressbar, weil sie einen finanziellen Kollaps von Italiens Staat und Banken um nahezu jeden Preis verhindern muss."

Welche Länder trifft der globale Zinsanstieg besonders heftig?

Besonders stark betroffen sind viele Schwellenländer. Sie hatten jahrelang von den historisch niedrigen Zinsen profitiert, weil Anleger auf der Suche nach Profit auch riskantere Geldanlagen aufsuchten. Jetzt ziehen die Investoren umgekehrt ihr Geld wieder ab. Das verteuert für die Schwellenländer und deren Unternehmen den Schuldendienst. Besonders betroffen sind Länder wie die Türkei und Argentinien, an deren wirtschaftlicher Stabilität es ohnehin Zweifel gibt. Die türkische Lira fällt von einem Rekordtief zum nächsten und die Rendite auf zehnjährige türkische Staatsanleihen ist inzwischen auf Rekordniveau.

Bringt der Zinsanstieg auch für Industrieländer Risiken mit sich?

Einige Experten warnen seit Jahren vor Übertreibungen an den Finanz- und Immobilienmärkten aufgrund der Mini-Zinsen. Kommt eine Zinswende zu schnell, könnten diese Finanzblasen platzen, so die Warnung. In Deutschland ist umstritten, ob die Entwicklungen am Immobilienmarkt bereits bedenklich sind. Wesentlich heikler ist die Lage dagegen in Ländern wie Schweden, Kanada oder Australien. Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, David Folkerts-Landau, sieht zudem an den Anleihemärkten insgesamt eine Finanzblase von historischem Ausmaß.

Was bedeutet der Zinsanstieg für Anleger an den Börsen?

Steigende Zinsen locken Aktienbesitzer zum Umstieg auf attraktiver gewordene Anleihen. Das kann die Börsen heftig einknicken lassen, wie zuletzt im Februar, als unter anderem steigende US-Renditen den stärksten Kursverfall binnen eines Tages in der Geschichte der Wall Street auslösten. Obwohl die EZB ihre Zinsen frühestens im kommenden Jahr anheben dürfte, erfasste die Panik an der Wall Street auch die europäischen Börsen. Vor dem US-Zinsanstieg sind also auch Börsianer etwa in Frankfurt nicht sicher.

Neigt sich die Zeit der niedrigen Zinsen jetzt dem Ende zu?

Das kann niemand mit Sicherheit sagen. Allzu oft wurde schon das endgültige Ende der Niedrigzinsen verfrüht ausgerufen. Experten der HSH Nordbank rechnen denn auch in diesem Jahr nur noch mit einem moderaten Anstieg der 10-jährigen US-Rendite auf 3,25 Prozent. Von den knapp vier Prozent vor Ausbruch der Finanzkrise ist das noch ein gutes Stück entfernt. Und im historischen Vergleich wäre selbst das noch vergleichsweise wenig. Seit Mitte der 1980er Jahre sind die US-Zinsen stark gefallen. Der Trend ist also wesentlich älter als die jüngste Finanzkrise.

Verwendete Quellen
  • dpa-AFX
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