"Nicht seine Aufgabe zu drohen" Neuer US-Botschafter beginnt mit Affront
Nach dem US-Ausstieg aus dem Iran-Abkommen drohen der deutschen Wirtschaft massive Auswirkungen. Richard Grenell, der neue US-Botschafter in Berlin sorgt zusätzlich für Verstimmung.
Die deutsche Wirtschaft hat schockiert auf den von US-Präsident Donald Trump angekündigten Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran reagiert. BDI-Präsident Dieter Kempf sagte unmittelbar nach Trumps Ankündigung: "Die deutsche Industrie bedauert den Rückzug der USA aus dem so mühselig und langwierig verhandelten Atomabkommen zutiefst."
Für die hiesigen Unternehmen sei essenziell, dass die EU jetzt versuche, mit China und Russland gemeinsam ein deutliches Bekenntnis zum Atomabkommen abzugeben. Der neue US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, schrieb auf Twitter: Deutsche Unternehmen sollten unverzüglich ihre Geschäfte mit dem Iran herunterfahren.
Aus der deutschen Wirtschaft kam sofort Kritik an den Äußerungen von Grenell. "Herr Grenell ist ja erst kurz Botschafter in unserem Land und wird sich sicherlich in seine neue Rolle noch einfinden", sagte das Geschäftsführende Vorstandsmitglied der Deutsch-Iranischen Handelskammer, Michael Tockuss. "Ich bin auch sicher, dass unser Auswärtiges Amt ihn darauf hinweisen wird, dass es nicht seine Aufgabe sein kann, deutschen Firmen Anweisungen zu geben oder zu drohen."
Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, gab Grenell ebenfalls via Twitter einen "Rat". Dieser solle die Politik seines Landes erklären und sich für das Gastland einsetzen, aber niemals dem Gastland sagen, was es zu tun habe, wenn man Ärger vermeiden wolle. "Die Deutschen hören bereitwillig zu, wehren sich aber gegen Instruktionen", betonte Ischinger mit Hinweis auf seine lange Karriere als Diplomat. Von 2001 bis 2006 war Ischinger deutscher Botschafter in Washington.
Auch SPD-Chefin Andrea Nahles Nahles kritisierte den neuen US-Botschafter. Es sei zwar nicht ihre Aufgabe, Diplomatie zu lehren, sagte Nahles in Berlin. "Aber ein bisschen Nachhilfe scheint er zu gebrauchen."
Wirtschaft warnt vor Dämpfer
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hatte in der Erwartung der Entscheidung gewarnt, damit könnte der Aufschwung im deutschen Iran-Geschäft der vergangenen Jahre abrupt abgebremst werden. "Das zarte Pflänzchen, das sich da zuletzt entwickelt hat, könnte dadurch wieder zertreten werden", erklärte der Außenwirtschaftschef des DIHK, Volker Treier. Kurz vor Trumps Ankündigung sagte er der Nachrichtenagentur Reuters: "Der Schaden würde über das Bilaterale hinausgehen."
Außenhandelspräsident Holger Bingmann reagierte enttäuscht. "Mit der Entscheidung von Präsident Trump, die Sanktionen gegen den Iran nicht weiter auszusetzen, ist das Iran-Abkommen massiv beschädigt." Jetzt müsse man aber erst einmal abwarten, ob und gegebenenfalls wie schnell Trumps Entscheidung juristisch umgesetzt werden könne. "Deutsche Unternehmen, aber auch die der anderen Vertragspartner werden dadurch natürlich noch stärker verunsichert."
BDI-Präsident Dieter Kempf sieht ein grundsätzliches Problem. An dem Abkommen hänge auch die Glaubwürdigkeit in der Außen-, Sicherheits- und Wirtschaftspolitik. "Unsere Unternehmen haben sich große Hoffnungen auf die Marktöffnung durch Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gemacht. Diese Aussichten sind nun eindeutig getrübt", beklagte er.
Legale Iran-Geschäfte zunächst weiterhin möglich
Der Maschinenbauerverband VDMA sieht nun die iranische Führung in Teheran am Zuge. Die müsse entscheiden, ob sie am Atomabkommen auch ohne die USA festhalten wolle. VDMA-Geschäftsführer Thilo Brodtmann sagte, so lange die EU ihre Sanktionen nicht wieder aktivierte, sei ein legales Iran-Geschäft für die deutsche Wirtschaft grundsätzlich weiterhin möglich. Er verwies darauf, dass die deutschen Maschinenexporte in den Iran im vergangenen Jahr um gut 21 Prozent auf 901 Millionen Euro gewachsen seien. Die weitere Entwicklung sei nun aber kaum mehr vorherzusagen.
Die deutschen Warenexporte in den Iran insgesamt waren im vergangenen Jahr um rund 400 Millionen Euro auf knapp drei Milliarden Euro gewachsen. Seit der Lockerung der Sanktionen Anfang 2016 wuchs der deutsch-iranische Handel um rund 42 Prozent. Allerdings lieferte die deutsche Wirtschaft noch Mitte des vergangenen Jahrzehnts Waren für rund fünf Milliarden Euro in den Iran.
- Reuters
- dpa