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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Immobilien & Wohnen Bei "bauseits" wird es teuer für Bauherren
Der Traum vom Eigenheim wird in vielen Fällen als schlüsselfertiger Bau umgesetzt. Beim vermeintlichen Rundumsorglos-Paket gibt es einen Festpreis und man braucht nach Fertigstellung nur noch einzuziehen – soweit zumindest der Traum. In der Realität bleibt es fast nie beim vereinbarten Preis. Schwammige Formulierungen in Baubeschreibung und Bauvertrag lassen oftmals Raum für einen Aufpreis. Ein eigentlich harmlos klingendes Wörtchen, das sich in vielen Verträgen versteckt, ist besonders tückisch. Wenn man irgendwo "bauseits" liest, wird es meistens teuer.
Der Begriff "bauseits" suggeriert dem Laien, die Baufirma übernähme diese Arbeiten. Tatsächlich heißt "bauseits" allerdings, dass diese Aufgaben der Bauherr selbst veranlassen und übernehmen muss. Das bedeutet in jedem Fall Mehrkosten. Viele Bauherren bemerken dies aber zunächst nicht, weil ihnen die Bedeutung mancher Vertragspassagen nicht klar ist.
"Bauseits" geht ins Geld
So kann beispielsweise der Passus "Wasserhaltung bauseits" richtig ins Geld gehen, denn er bedeutet: Falls nach dem Aushub Grund- oder Sickerwasser in der Baugrube steht, muss der Bauherr es abpumpen lassen und zwar häufig während der gesamten Rohbauzeit. "Das kann schon mal 3000 Euro kosten", warnt Bauingenieur Volker Wittmann, Sachverständiger im Verband Privater Bauherren (VPB) und Leiter des VPB-Büros in Regensburg.
Hausanschluss und Erdaushub
Klassische Arbeiten, die "bauseits" anfallen, sind Aushub und dessen Entsorgung oder Lagerung. Auch die Erschließung des Grundstücks überlässt man gerne dem Bauherren. Die ungeplanten Zusatzkosten verstecken sich dann mitunter hinter harmlos klingenden Passagen wie: "Abfuhr überschüssiges Aushubmaterial bauseits" und "Erschließung und Hausanschlüsse Kanal, Wasser, Strom, Telefon und Gas bauseits" oder "Sämtliche Erd- und Kanalarbeiten werden komplett bauseits ausgeführt".
Wer die tiefere Bedeutung des Worts nicht kennt, könnte beim Lesen vermuten, der Bauunternehmer würde die Arbeiten erledigen. Statt dessen muss der Bauherr allein für den Hausanschluss je nach Gegend weit über 5000 Euro zusätzlich kalkulieren.
Bauvertrag vom Fachmann prüfen lassen
Bauherren lassen sich immer wieder vom günstigen Preis von Schlüsselfertig-Angeboten blenden. Ist der Vertrag einmal unterschrieben, muss man die anfallenden Mehrkosten zähneknirschend in Kauf nehmen. Es lohnt sich in jedem Fall, den Vertrag vor der Unterschrift einem Fachmann – sei es Sachverständiger oder Anwalt – prüfen zu lassen. Der entdeckt auch andere unzulässige Klauseln, die gerade in Bauverträgen häufig vorkommen. Sowohl der Bauherrenschutzbund (BSB) als auch der VPB warnen immer wieder vor verbraucherfeindlichen Klauseln, die unter anderem Gewährleistungsfristen verkürzen, unausgewogene Zahlungspläne festschreiben oder Sicherheitsleistungen einschränken wollen.
Gängige Formulierungen mit "bauseits"
Das kleine Wörtchen "bauseits" kann nahezu alle Bauabschnitte betreffen. Der VPB hat ein paar gängige Formulierungen zusammengestellt und die Folgen für den Bauherren erklärt.
"Beheizung des Gebäudes bis zur Übergabe bauseits": Die Baufirma, die diesen Passus in den Vertrag geschrieben hat, bürdet das Heizen selbst vor der Übergabe allein dem Bauherrn auf. "Und häufig muss der Bauherr dann der teuren Strombeheizung zähneknirschend zustimmen", weiß Volker Wittmann. "Denn wer schnell fertig werden will und deshalb den Winter über baut, der muss heizen."
"Es muss bauseits ein Bodengutachten erstellt werden": So lautet eine andere bei Baufirmen beliebte Formulierung in Bauverträgen. Sie lenkt immerhin die Aufmerksamkeit des Bauherrn auf das nach VPB-Erfahrung immer notwendige Bodengutachten – das je nach Gebiet und Umfang zwischen 500 und 2500 Euro kostet.
"Das Baufeld ist bauherrenseitig vollständig vor Beginn der Erdarbeiten zu räumen": Dieser Passus kann für den Bauherrn teuer werden. Vor allem, wenn das Grundstück vorher bebaut war. "Mit dieser Klausel wälzt der Bauunternehmer auch alle Risiken auf den Bauherrn ab", weiß Bauherrenberater Wittmann. "Damit kann er das Angebot vom Büro aus machen und muss sich das Grundstück nicht mal vorher ansehen. Während der Bauherr davon ausgeht, dass er ein Komplettangebot bekommt, kann der Unternehmer von vorneherein spätere Nachträge einkalkulieren. Alles, was im Bauvertrag nicht abgedeckt ist, wird er sich später extra vergüten lassen."
"Die Leistung Keller-und Bodenplattendämmung sind bauseits zu erbringen": Eigentlich ist die Dämmung fester Bestandteil des Hauses und wird in der Energieberechnung entsprechend mit geplant. "Bei Fertighäusern werden Bodenplatten oder Keller häufig vorab von kleinen Firmen hergestellt", erläutert Volker Wittmann. "Die machen ein günstiges Angebot für die Betonarbeiten, das der Bauherr unterschreibt. Dass die Dämmung unter der Platte fehlt, merkt er erst ein paar Tage später, wenn dieselbe Firma den Nachtrag dafür schickt. Weil eines nicht ohne das andere geht, muss er auch diesen Nachtrag unterzeichnen."
Auch "Baustellenzufahrt bauseits" und "Stahlbetondecke Fugenspachtelung bauseits“ sind beliebte Formulierungen, die den Bauherren mindestens mehrere hundert Euro kosten.