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Europäische Währungsfonds: Italiens Probleme sind nur die Vorboten


Meinung
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Streitpunkt Euro
Italiens Probleme sind nur die Vorboten

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Aktualisiert am 05.06.2018Lesedauer: 3 Min.
Giuseppe Conte, Italiens Premierminister, wird von Anhängern begrüßt: Italiens Probleme sind nur die Vorboten für weitere Probleme, die der Euro möglicherweise nicht überleben wird.Vergrößern des Bildes
Giuseppe Conte, Italiens Premierminister, wird von Anhängern begrüßt: Italiens Probleme sind nur die Vorboten für weitere Probleme, die der Euro möglicherweise nicht überleben wird. (Quelle: dpa)

Ein Europäischer Währungsfonds könnte helfen, die Probleme zwischen den Ländern des Südens und dem Norden zu entspannen. Wenn man ihn nicht den Politikern ausliefert.

Jetzt soll es also einen Europäischen Währungsfonds geben. So hat es jedenfalls Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Wochenende gesagt. Frei nach dem Motto: Emmanuel, Du willst es doch auch so, oder!?

Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte im vergangenen Jahr tiefgreifende Reformen der Eurozone verlangt. Er wollte ein eigenes Budget für die Eurozone. Jetzt hat die Kanzlerin eine Antwort gefunden. Sie schlägt vor, die bisherigen Rettungsinstrumente für Krisen weiterzuentwickeln.

An sich ist ein Europäischer Währungsfonds eine gute Idee. Den Euroländern fehlt bisher tatsächlich die Möglichkeit, in Krisensituationen einzelner Länder vorbeugend finanziell einzugreifen. Die existierenden Rettungsmechanismen kommen erst ins Spiel, wenn es fast schon zu spät ist.

Italiens Probleme sind nur die Vorboten

Doch ein Währungsfonds wird nur dann funktionieren, wenn es beim bisherigen Prinzip bleibt: Solidarität gegen Solidität. Diesen Zwang aber will im Süden Europas niemand mehr. Sie empfinden es als demütigend und undemokratisch, sich Reformpakete diktieren zu lassen. Die Waffen des Nordens dagegen werden stumpf: Die bisherigen Instrumente haben zwar eine finanzielle Krise beendet, aber eine politische geschaffen. Den Nordländern wird zudem vorgeworfen, von der Not der anderen zu profitieren. Je länger nichts geschieht, desto stärker werden die nationalen Kräfte in den Partnerländern, desto geringer ist die Bereitschaft zu Kompromissen, desto gefährlicher wird es für die Währungsunion.

Die Zeit drängt. Italiens Probleme sind nur die Vorboten für weitere Verwerfungen, die der Euro möglicherweise nicht überleben wird. Ein Europäischer Währungsfonds könnte helfen, die politischen Konflikte zu entschärfen und die Gemeinschaftswährung auf solidere Füße zu stellen.

"Geld gegen Reformen"

Könnte. Denn vieles hängt davon ab, ob sich Süd- und Nordländer auf den richtigen Rahmen verständigen können – und wie sie die Formel "Geld gegen Reformen" entschärfen, ohne sie aufzugeben.

Die Bundeskanzlerin hat zwei neue Instrumente ins Gespräch gebracht. Der EWF soll mit langfristigen Krediten helfen dürfen, wenn die gesamte Eurozone erneut in Gefahr geriete. Daneben sollen auch kurzfristige Kredite möglich werden, die der Währungsfonds an einzelne Länder bei unverschuldeter Gefahr ausgeben könnte. Deutschland möchte, dass alle Kredite vollständig zurückgezahlt werden müssen und an Auflagen gebunden sind. Bei den Langläufern über 30 Jahre könnte das gelingen. In normalen Zeiten würde die Inflation die Kreditlast über die Jahre mildern.

Bleiben die Zeiten aber unnormal, hätte die Europäische Währungsunion das Schuldenthema schnell wieder auf dem Tisch. Da dem Währungsfonds aber Kompetenzen fehlen werden, die das große Vorbild, der Internationale Währungsfonds, hat – etwa die, einen Schuldenschnitt zu verhandeln - , wird es hier am Ende immer politische Lösungen geben müssen. Hier liegt die neue Sollbruchstelle für die Währungsunion.

Wer bestimmt über den Fonds?

Kurzlaufende Kredite über fünf Jahre sind politisch noch anfälliger. Sie sind für Länder gedacht, die unverschuldet in Krisen geraten. Was aber ist unverschuldet? Wer entscheidet darüber? Darf auch ein Land finanziert werden, das eigentlich schon zahlungsunfähig ist?

Entscheidend für diese Fragen wird sein, wer über den Europäische Währungsfonds bestimmt. Wird er zu einem Instrument der Europäischen Kommission, wie das deren Präsident Jean-Claude Juncker gern hätte? In der gegenwärtigen Situation erscheint das undenkbar. Sollte das Europäische Parlament entscheiden dürfen? Das würde der Bedeutung der Versammlung zwar aufhelfen, klug wäre es dennoch nicht. Denn auch hier bestimmen nicht finanzpolitische Notwendigkeiten die Tagesordnung, sondern politische Wünsche und Vorstellungen. Gerade eine Kreditvergabe über fünf Jahre heißt, dass es in absehbarer Zeit immer irgendwo eine nationale oder europäische Wahl gibt, für die ein günstiges Umfeld geschaffen werden muss.

Kein Weg in die Transferunion

Weil die Arbeit des Europäischen Währungsfonds hochpolitisch sein wird, muss er neben die Politik gestellt werden. Er sollte ein eigenes Recht haben, ähnlich wie die Europäische Zentralbank, aber von den nationalen Parlamenten, den Staats- und Regierungschefs gesteuert werden. Eine solche Konstruktion ist kompliziert, dennoch führt kein Weg an ihr vorbei.

Wer es wirklich gut mit Europa meint, darf den Zugang zu Milliardenkrediten nicht politisch steuern. Das wäre nämlich dann der Weg in die Transferunion – und würde zur Abwechslung mal die Länder des europäischen Nordens politisch radikalisieren. Für die Zukunft Europas wäre das genauso gefährlich wie der aktuelle Verdruss im Süden.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. In ihrem Buch „Regierung ohne Volk. Warum unser politisches System nicht mehr funktioniert.“ schreibt sie über die Regierungszeit Angela Merkels.

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