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Trumps Steuerreform ist eine bittere Pille für Deutschland


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Trumps Steuerreform
Die bitterste Pille für Deutschland

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

30.01.2018Lesedauer: 3 Min.
Weltwirtschaftsforum in DavosVergrößern des Bildes
Weltwirtschaftsforum in Davos (Quelle: Evan Vucci/ap)

Unternehmenssteuern sinken nicht nur in Trumps Amerika, sondern in vielen Ländern der Welt. Deutschland wird sich diesem Wettlauf nicht entziehen können.

Wer sehen will, wie Steuerwettbewerb funktioniert, sollte sich das kleine Video anschauen, das der US-Sender CNBC beim Davoser Abendessen des US-Präsidenten Donald Trump mit den wichtigsten Managern internationaler Konzerne aufnahm.

Wie Schuljungs erstatten die Vorstandschefs von Siemens, Bayer, Thyssen-Krupp oder SAP Bericht, wie viel sie in den USA investieren. Devot merken sie an, dass jetzt natürlich noch einmal ein paar Milliarden Dollar dazukommen, nachdem Trump im Dezember seine Unternehmenssteuerreform durchgesetzt hat. Für die Regierungschefs anderer Länder wurde spätestens jetzt klar: Die nächste Runde im weltweiten Steuerwettbewerb ist eröffnet. Sie müssen ihren Wählern ziemlich bald erklären, warum auch hier die Unternehmenssteuern sinken müssen – auch wenn die Stimmung in der Bevölkerung strikt gegen Steuergeschenke an Großunternehmen ist.

China und Großbritannien reagieren prompt auf Trumps Vorstoß

Maximal 21 Prozent Steuern werden künftig in den USA auf Unternehmensgewinne fällig. Bisher waren es 35 Prozent. Gewinne, die im Ausland erwirtschaftet werden, können zu konkurrenzlos günstigen Sätzen von zehn Prozent zurück ins Land gebracht werden. Für bereits geparkte Gewinnmilliarden gibt es eine Sonderregelung.

China reagierte prompt: Ausländische Unternehmen müssen unter bestimmten Bedingungen überhaupt keine Steuern mehr bezahlen. Auch die britische Regierung plant eine Steuerreform. Besser als in Großbritannien sollen Unternehmensgewinne nirgends behandelt werden, verspricht die britische Premierministerin Theresa May.

Trump erzeugt für Deutschland ein riesiges Problem

Für Deutschland wächst da ein riesiges Problem. Niemand hat den Mut, die Öffentlichkeit darauf vorzubereiten, dass schon bald eine Steuerdebatte entfacht wird, deren Vorzeichen nicht ein sattes Plus, sondern ein deutliches Minus für die Staatseinnahmen bedeuten wird. Bei den Koalitionsverhandlungen ist die Unternehmenssteuer nur insgeheim ein Thema. Man will den Basis-Sozialdemokraten nicht zumuten, am Ende wegen einer von Trump erpressten Unternehmenssteuerreform Nein sagen zu müssen. Abgehandelt wird das Thema deshalb verschämt unter dem Kapitel "Europa". Hier will man in den nächsten Jahren mit den anderen EU-Ländern über Mindeststeuersätze reden. Nur die CSU fragt schon mal vorsichtig, ob man nicht "wettbewerbsfähige" Steuersätze brauche.

Schon heute ist offensichtlich, dass die durchschnittliche Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften von knapp 30 Prozent eben leider nicht mehr "wettbewerbsfähig" ist, auch wenn die reine Körperschaftssteuer bei nur 15 Prozent liegt. Will Deutschland ein bevorzugter Investitionsstandort werden, muss sich das Land bei den Körperschaft- und Gewerbesteuersätzen bewegen. Und zwar nach unten.

Warum nicht Unternehmenssteuern gleich ganz abschaffen?

Das ist mehr als heikel: Nichts ist unpopulärer, als ausgerechnet den größten Aktiengesellschaften des Landes Rabatt zu geben, während Arbeitseinkommen ganz selbstverständlich zu viel höheren Sätzen belastet werden und in der laufenden Tarifrunde um jeden Zehntelprozentpunkt Lohn erbittert gerungen wird. Da hilft auch der Hinweis nicht, dass die Gewinne der Unternehmen ja bei den Eigentümern noch einmal besteuert werden.

Der Hamburger Ökonom Thomas Straubhaar schlägt vor, sich diesen Wettlauf nicht weiter anzutun. Er meint, Europa solle die Unternehmensbesteuerung insgesamt einfach abschaffen und stattdessen die Eigentümer der Firmen stärker besteuern. Würden nur noch ausgeschüttete Gewinne zur Steuer herangezogen, hätten die Unternehmen einen Anreiz, mehr zu investieren. Und das Rattenrennen um den niedrigsten Steuersatz wäre auch vorbei.

Steuersenkungen für Firmen sind unvermeidlich

Der Vorschlag hat Charme: Die Reichen und Superreichen würden in Straubhaars Modell bezahlen müssen, was die Unternehmen heute vermeiden. Aber würden sie das auch tun? Wahrscheinlich nicht. Die wirklich Reichen würden in Länder umziehen, in denen ihre Gewinne freundlich behandelt werden – zum Beispiel in die USA. Die Anderen dagegen würden besteuert: weil ihre Lebensversicherung höhere Steuern auf die Aktienpakete entrichten müsste, bekämen zum Beispiel Versicherungskunden weniger Geld. Am Ende würde dasselbe passieren, was die Manager in Davos für ihre Firmen ankündigten: Das Geld geht dahin, wo es nicht oder nur sehr zurückhaltend besteuert wird.

Es ist ein bitterer Weg, aber er ist unvermeidlich: Solange die USA auf "America First"-Verkaufstour sind, werden die Staaten Europas keine Wahl haben, als die Steuern ebenfalls zu senken. Besser, sie tun es jetzt. Nur so können sie die Industriearbeitsplätze im eigenen Land halten und dafür sorgen, dass neue entstehen. Das könnte bei den nächsten Wahlen eine bedeutendere Rolle spielen, als man heute denkt.

Ursula Weidenfeld arbeitet als Wirtschaftsjournalistin in Berlin. In ihrem neuen Buch "Regierung ohne Volk" analysiert sie die politische Situation in Deutschland.

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