Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Panne bei beliebtem Broker Ist Ihr Geld in sicheren Händen? Na hoffentlich
Die Geldanlage der Deutschen hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Viele, insbesondere junge Anleger setzen auf Neo-Broker. Jetzt gibt es Ärger.
Als ich Mitte der 90er-Jahre mit aktivem Aktienhandel begann, war der Dreiklang aus teuren Ordergebühren, mittelgutem Service und ausschließlich telefonischer Erreichbarkeit normal. Die Sparkassen oder Volksbanken verdienten sich eine goldene Nase, aber immerhin konnte man bei Beschwerden persönlich in der Filiale vorstellig werden.
In der Brunnenstraße in Berlin-Mitte dürfte man bei Trade Republic wohl primär auf IT-Experten und Marketing-Menschen treffen, denn persönliche Kundenbetreuung ist bei dem Neo-Broker nicht vorgesehen. Kunden setzen sich also besser mit Laptop oder Smartphone in den nahe gelegenen Weinbergspark und adressieren ihre Probleme digital.
Zur Person
Daniel Saurenz ist Finanzjournalist, Börsianer aus Leidenschaft und Gründer von Feingold Research. Mit seinem Team hat er insgesamt mehr als 150 Jahre Börsenerfahrung und bündelt Börsenpsychologie, technische Analyse, Produkt- und Marktexpertise. Bei t-online schreibt er über Investments und die Lage an den Märkten, immer unter dem Fokus des Chance-Risiko-Verhältnisses für Anleger. Sie erreichen ihn auf seinem Portal www.feingoldresearch.de.
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Kunden verärgert
Allerdings: Beim Alles-Digital-Modell ruckelte es zuletzt mehrfach. Das Versprechen der Marketingmaschine Trade Republic bedeutete bisher, dass man Kunden mit geringen Gebühren, hohen Zinsen und einfachem Handling der App glücklicher machen würde. Ein erstes Rauschen gab es, als 2023 die App einen Relaunch erfuhr und Kunden wenig erfreut waren – unter anderem litt nun die Übersichtlichkeit.
Dazu stellte man als aktiver Kunde an Handelstagen mit hohen Kursschwankungen – etwa am 14. Juni, als der Dax seinen schlechtesten Tag seit Monaten verzeichnete – fest, dass die Geschwindigkeit der App mitunter an ein 56k-Modem erinnert. Wer an solchen Tagen Hebelpapiere oder Aktien handeln möchte, trifft mitunter auf mangelhafte Ordergeschwindigkeit.
Auch die Vermarktung einer Debitkarte als Kreditkarte kam bei manchen Anlegern keinesfalls gut an, da es sich in gewisser Weise um Etikettenschwindel handelt. Wer schon einmal an einem Flughafen versucht hat, mit einer Debitkarte einen Mietwagen zu erhalten, weiß davon ein Lied zu singen. Lesen Sie hier mehr zu den Unterschieden von Debitkarte und Kreditkarte.
Verbesserungen dringend nötig
Obendrauf kommen nun Abrechnungsprobleme bei Dividenden und der Umgang mit den Beschwerden. Trade Republic verweist durch seinen Pressesprecher darauf, dass "wenige Dividenden nicht in Echtzeit, sondern, wie bei anderen Brokern üblich, erst wenige Bankarbeitstage nach dem Zahltag an den Kunden gebucht wurden". Im aktuellen Quartal habe dies unter anderem DWS und Porsche betroffen.
In zahlreichen Foren sieht man jedoch, dass nicht die verspätete Zahlung per se die Kunden verärgert hat, sondern primär eine mangelhafte Kommunikation des Brokers. Der äußerte und erklärte sich nämlich erst, als die Medien anfingen, über die Dividendenpanne zu berichten. Nicht wenige Kunden von Trade Republic könnten sich nun emanzipieren.
Die Konkurrenz holt auf
Unbestritten haben die Berliner, seit sie 2015 an den Start gingen, den Markt verändert. Die Haptik der App gehört zum Besten, was man am Markt finden kann. Daran arbeiten jedoch auch Konkurrenten wie Smartbroker, ebenfalls aus Berlin. Erfahrene Trader wissen zudem die Verlässlichkeit einer Consorsbank zu schätzen.
Auch hohe Zinsen für Neukunden gibt es auch bei der Konkurrenz, echte Kreditkarten haben einige Mitbewerber im Angebot und vor allem stimmt die Ausführungsqualität gerade bei Hebelprodukten an volatilen Handelstagen. Konkurrenten wie Smartbroker, Flatex oder Consorsbank bieten zudem bei Hebelpapieren alle Emittenten als Auswahlpartner an.
Vertrauen schlägt Marketing
Ohne Zweifel hat Trade Republic gerade bei jungen Leuten ein hervorragendes Marketing an den Tag gelegt. Am Ende geht es bei Geldanlage aber um Ertrag und Vertrauen. Genau an diesem Punkt können auch die jungen Kunden unangenehm werden. Ein scheinbar vertrautes und hippes per-Du in der Ansprache ist dann cool und frisch, wenn alles funktioniert.
Treten Probleme auf, möchte der Kunde dann doch den langweiligen Kundenbetreuer, der in klassischer Ansprache das Problem vom Tisch räumt. Überraschend sind Probleme bei schnell wachsenden, jungen Unternehmen keineswegs. Trade Republic wird seine Kunden-Kommunikation hoffentlich verbessern, denn für eine gute Aktienkultur sind Börsen und Broker unerlässlich – ganz egal ob in der Neo- oder der etablierten Variante.
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