Börsen-Risiken Die ungeliebte Tech-Rally
Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Der aktuelle Rekordlauf beim Dax hat viele Anleger überrascht. Die Risiken nehmen zwar zu, aber die Aktienmärkte klettern nach oben – angetrieben von den Tech-Schwergewichten.
Nach der schwachen Wertentwicklung im Jahr 2022 wurde die Kurserholung lange als Bärenmarktrally gesehen, die schnell wieder in eine neue Korrektur übergehen würde. Noch zum Ende des ersten Quartals, als die Indizes bereits kräftig im Plus notierten, zeigte eine Umfrage unter weltweiten Fondsmanagern den größten Pessimismus seit 20 Jahren.
Viele Profis wurden mit ihrer geringen Aktienquote auf dem falschen Fuß erwischt, und der hohe Performance-Rückstand zwingt die Akteure in den Markt. Größere Korrekturen bleiben daher aus, die Kurse steigen weiter und bringen die Profis noch stärker unter Druck, um ihre schwächere Rendite auszugleichen. Ein sich selbst verstärkender Kreislauf setzt ein, der Indizes wie den Dax zuletzt auf neue Hochs führte.
Positive Quartalssaison
Zudem haben die Unternehmen mit der jüngsten Berichtssaison geliefert. US-Firmen präsentierten einen Gewinnrückgang von nur etwas mehr als zwei Prozent, während vorher ein Minus von 6,7 Prozent erwartet worden war. Noch besser lief es für die europäischen Unternehmen, die einen Gewinnanstieg von gut sieben Prozent meldeten.
Der Aktienprofi:
Daniel Saurenz ist Finanzjournalist, Börsianer aus Leidenschaft und Gründer von Feingold Research. Mit seinem Team hat er mehr als 150 Jahre Börsenerfahrung und bündelt Börsenpsychologie, technische Analyse, Produkt- und Marktexpertise. Bei t-online schreibt er über Investments und die Lage an den Märkten, immer unter dem Fokus des Chance-Risiko-Verhältnisses für Anleger. Sie erreichen Daniel auf seinem Portal www.feingoldresearch.de.
Während die großen Fondsmanager aber wie Tanker auf hoher See unterwegs sind, die nur langsam ihre Richtung ändern, können Kleinanleger am Markt viel flexibler agieren. Und auch jetzt gilt es, wachsam zu bleiben und diesen Vorteil auszuspielen. Während zum Jahreswechsel viele Profis zu wenig investiert waren, sind viele gerade in Europa inzwischen übergewichtet.
Zudem hat das wesentlich bessere Abschneiden der Unternehmen im abgelaufenen Quartal dazu geführt, dass die Prognosen für das zweite Halbjahr deutlich nach oben korrigiert wurden. Die Messlatte für die Unternehmen liegt somit nicht wie sonst üblich tiefer. Damit steigt die Gefahr, dass die Firmen nicht wie erwartet liefern.
Zehn Aktien sorgen für Gewinne
Und auch an der Wall Street ist Vorsicht angebracht. Die zehn größten Aktien im S&P 500 sind seit Jahresbeginn um gut 30 Prozent gestiegen, während der übrige Index nahezu unverändert steht. Apple ist inzwischen mehr wert als alle Aktien aus dem Kleinwerteindex Russell 2000 zusammen. Inzwischen haben die Schwergewichte aber auch ein luftiges Bewertungsniveau erreicht, das sich auch auf Indexebene mit einem Nasdaq-100-Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 28 widerspiegelt. Mehr zum KGV lesen Sie hier.
Ein wesentlicher Grund für die Stärke des Tech-Sektors waren die eingepreisten Erwartungen von sinkenden Zinsen. Inzwischen zeigt sich aber, dass Hoffnungen auf eine geldpolitische Wende sowohl in den USA als auch in Europa nicht angebracht sind. Der seit Jahresbeginn unverändert notierende Dow Jones ist daher auch als Warnsignal zu sehen, dass es der breiten US-Konjunktur schlechter geht, als die großen Tech-Giganten vermuten lassen.
Wer dem Technologietrend nicht hinterherlaufen und sein Risiko begrenzen möchte, kann etwas vorsichtiger in den Markt einsteigen, nämlich mit Income-Produkten, die in der Regel eine ausgewogene Mischung zwischen Aktien- und Rentenanteil haben. Das Angebot an solchen Papieren ist vielfältig.
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