Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Geht es wieder aufwärts? Gold und Bitcoin: Wieso ihre Stunde jetzt schlagen könnte
2023 könnte für Gold und Bitcoin das Jahr des Comebacks werden. Dennoch sind sich beide Anlageformen überhaupt nicht ähnlich.
2022 war mit Gold als Anlageobjekt wenig zu holen. Die Stimmung war abgekühlt und die Laune für Aktien weitaus besser. Aus der mauen Stimmungslage hinaus hat sich seit Anfang November aber ein schöner Erholungstrend gebildet, der den Goldpreis auf nahezu 1.900 US-Dollar und damit nur 200 Zähler unter das Rekordhoch führte.
Beim Bitcoin zeichnet sich ziemlich exakt seit demselben Zeitpunkt eine Bodenbildung ab. Beim Stand von 15.500 Dollar waren Anleger kaum noch bereit zu investieren, und die Kryptowährung bewegt sich seither in einer engen Spanne seitwärts.
"Im Gegensatz zu Gold muss man bei Bitcoin zum Rekordhoch das Fernglas auspacken", sagt Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. Die Volatilität der Kryptowährung ist weitaus höher. Von 2020 bis 2021 war der Bitcoin gar von 10.000 auf fast 60.000 Euro geklettert.
Zur Person
Daniel Saurenz ist Finanzjournalist, Börsianer aus Leidenschaft und Gründer von Feingold Research. Mit seinem Team hat er insgesamt mehr als 150 Jahre Börsenerfahrung und bündelt Börsenpsychologie, technische Analyse, Produkt- und Marktexpertise. Bei t-online schreibt er über Investments und die Lage an den Märkten, immer unter dem Fokus des Chance-Risiko-Verhältnisses für Anleger. Sie erreichen ihn auf seinem Portal www.feingoldresearch.de.
Alle Gastbeiträge von Daniel Saurenz lesen Sie hier.
Bitcoin und Gold – keine volatilen Brüder
So erkennt man auf den ersten Blick, worin sich Gold und Bitcoin im Wesentlichen unterscheiden: Gold ist als Wertanlage ausgesprochen stabil und erfüllt auch in weiten Teilen seine Funktion als sicherer Hafen in schwierigen Phasen am Finanzmarkt. Dennoch ging es 2022 ein gutes Stück abwärts. "Verantwortlich für die vergangene Performance war vor allem der scharfe geldpolitische Wechsel bei den Notenbanken", so Molnar.
Da Gold anders als Anleihen oder Aktien keine Zinsen beziehungsweise Dividenden abwirft, trennten sich einige Anleger davon und wechselten in Anleihen. Auch die kräftige Dollar-Aufwertung belastete den Preis. "Historisch betrachtet war die Entwicklung 2022 aber nicht ungewöhnlich. Gold leidet häufig in Zinserhöhungsphasen", sagt Önder Çiftçi, CEO und Rohstoffexperte beim Edelmetallhändler Ophirum. Auf der anderen Seite eröffnete die maue Entwicklung der ersten zehn Monate 2022 Chancen für Neueinsteiger.
Inflation kommt runter
Die Vergangenheit zeigt, dass es mit Gold wieder aufwärts geht, wenn der Zinszyklus ausläuft. Unter Zinszyklus versteht man regelmäßig wiederkehrende Schwankungen des Zinsniveaus. Voraussetzung für einen Gold-Aufwärtstrend sind fallende Inflationsraten.
Inzwischen verdichten sich die Anzeichen, dass der Zenit bereits hinter uns liegt. Die US-Teuerung erreichte im Juni mit 9,1 Prozent ihren Höhepunkt und geht seither stetig zurück. Im Frühjahr wird vor allem der Basiseffekt kräftig durchschlagen, da es Anfang 2022 zu den höchsten Monat-zu-Vormonat-Inflationsanstiegen der vergangenen Jahrzehnte kam.
Basiseffekt
Als Basiseffekt bezeichnet man in der Statistik das Phänomen, dass prozentuale Veränderungen trotz gleicher absoluter Veränderung höher ausfallen, wenn der Ausgangswert ungewöhnlich niedrig oder hoch ist.
2023 ändert sich das Fundament
So mehren sich die Anzeichen, dass die US-Zinswende bald abgeschlossen sein wird. Das stärkt Währungen aus aller Welt gegenüber dem US-Dollar, der jüngste Anstieg von Euro und Yen deutet darauf schon hin. "Der US-Dollar-Index, der die Wertentwicklung des Greenback gegenüber dem Euro, dem japanischen Yen, dem britischen Pfund, dem Schweizer Franken, dem kanadischen Dollar und der schwedischen Krone abbildet, kam zuletzt deutlich zurück. Damit wird es für Investoren aus dem Nicht-Dollar-Raum wieder günstiger, auf das in Dollar notierte Gold zu setzen", so Experte Çiftçi.
Von kurzfristigen Effekten nicht verunsichern lassen
"Ein Rückgang der Inflation in den gewünschten Bereich der Währungshüter von maximal rund zwei Prozent ist mittelfristig durchaus möglich, die Inflation dürfte spürbar nachlassen", so Stefan Riße, Autor des Buchs "Die Inflation kommt".
Zum Start des Jahres 2023 kann sich kaum jemand vorstellen, dass die US-Notenbank (Fed) in diesem Jahr die Zinsen wieder senken wird. Prognosen zu Konjunktur und Zinsentwicklung waren in der Vergangenheit aber pure Lotterie. Die Fed agiert mitunter sehr zackig, wenn sich die Wirtschaft oder der Arbeitsmarkt in die falsche Richtung entwickeln.
Und nur weil die meisten Analysten 2023 einen Fahrplan Richtung Zinspause ohne Zinssenkung haben, muss dies noch lange nicht so kommen. Zu Beginn des Jahres 2022 hätte auch niemand für möglich gehalten, dass die Fed einen großen Zinsschritt nach dem anderen abliefert. All das wird Gold und Bitcoin auch in diesem Jahr unter Feuer halten.
- Der Artikel stellt keine Kauf- oder Anlageberatung dar. Auf Finanzanalysen von Dritten hat die t-online-Redaktion keinen Einfluss.
- Eigene Recherche