Thyssenkrupp-Chef wirbt um Vertrauen - Kritik von Aktionären

31.01.2025, 13:27

ESSEN (dpa-AFX) - Thyssenkrupp-Chef Miguel López hat beim jährlichen Aktionärstreffen um Vertrauen in den eingeschlagenen Kurs des Industriekonzerns geworben. "Wir gestalten die Erneuerung von Thyssenkrupp und treiben sie konsequent voran", sagte er bei der im Internet veranstalteten Hauptversammlung.

t-online aktuell 31.01.2025

Aktionärsvertreter äußerten sich hingegen kritisch: "Herr López, Ihr erstes volles Geschäftsjahr war enttäuschend", sagte etwa Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Deka Investment. Die Lage bei Thyssenkrupp sei "äußerst angespannt", sagte Hendrik Schmidt von der Fondsgesellschaft Deka. "Man könnte auch sagen: Die Hütte brennt."

López betonte die Verantwortung des Konzern "auch als Arbeitgeber". "Wir sind und bleiben um einen fairen Interessenausgleich mit den Arbeitnehmervertretungen bemüht", sagte er. "Wir wollen gute Lösungen für alle Menschen bei Thyssenkrupp - auch wenn das leider nicht für jeden Einzelnen eine dauerhafte Perspektive im Thyssenkrupp-Konzern bedeuten kann." Dies habe man bei Steel Europe und in anderen Segmenten bereits deutlich gemacht. "Es geht um viel: Es gilt, den Konzern endlich aus seiner dramatischen Krise zu führen, das Ruder rumzureißen und eine erfolgreiche, profitable Zukunft zu gestalten."

Umbau der Stahlsparte: Betriebsbedingte Kündigungen vermeiden

Im November hatte das Stahl-Management Eckpunkte für einen Umbau der Stahlsparte vorgelegt. Demnach ist ein deutlicher Kapazitätsabbau geplant. 5.000 Arbeitsplätze sollen dabei gestrichen, weitere 6.000 ausgegliedert werden. "Seien Sie dabei versichert: Unser Ziel ist es weiterhin, sozialverträgliche Lösungen zu finden und betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden", sagte López.

Im Ende September beendeten Geschäftsjahr 2023/24 hatte vor allem die Konjunkturschwäche dem Konzern zu schaffen gemacht. Der Umsatz ging um sieben Prozent auf 35 Milliarden Euro zurück. Unterm Strich wies das im Aktienindex MDax notierte Unternehmen einen Verlust von 1,4 Milliarden Euro aus, der vor allem auf Wertberichtigungen im Anlagevermögen, aber auch Kosten für Restrukturierungen zurückgeht. Der Hauptversammlung schlug der Vorstand trotzdem eine Dividende von 15 Cent je Aktie vor.

Fondsgesellschaft spricht von einem "verlorenen Jahr" für Aktionäre

"Das vergangene Jahr war wieder einmal ein verlorenes Jahr für uns Thyssenkrupp-Aktionäre", sagte Aktionärsvertreter Speich. Jegliche Hoffnungen auf eine Erholung hätten sich nicht realisiert. "Der Aktienkurs ist im abgelaufenen Geschäftsjahr um 50 Prozent eingebrochen, im Vergleich mit der Branche sogar um fast 80 Prozent." Die Dividende sei "mickrig" und werde letztlich aus der Substanz bezahlt. "Das Vertrauen des Kapitalmarkts in die Strategie und deren Umsetzung ist weg."

Speich warf López "Stillstand" vor und sprach ihn direkt an: "Sie machen es wie Ihre Vorgänger: viel versprechen und nicht liefern. Mit Pauken und Trompeten antreten und dann kommt nichts heraus als heiße Luft." So gebe es noch immer keinen konkreten Plan, wie der Umbau der Stahlsparte konkret aussehen solle. Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) mahnte Entscheidungen an. "Alte Zöpfe" müssten abgeschnitten werden, damit Thyssenkrupp eine gute Zukunft haben. "Es geht um Realismus und Zukunft für den Stahl, das dudelt keinen weiteren Aufschub."

Aktionärsvertreter fordert Wertsteigerung

Vom Vorstand und vom Aufsichtsrat forderte Deka-Vertreter Speich "sichtbare Fortschritte" ein. "Der Wert von Thyssenkrupp muss endlich gesteigert werden. Das ist nicht nur im Sinne des Thyssenkrupp-Konzerns und der Aktionäre, sondern insbesondere auch der vielen tausend Mitarbeitenden, die jeden Tag ihr Bestes geben." DWS-Vertreter Schmidt verwies ebenfalls mahnend auf den deutlich gesunkenen Aktienkurs.

Die Stahlsparte des Konzerns, Thyssenkrupp Steel, ist Deutschlands größter Stahlhersteller. Zu dem Unternehmen gehören auch die Sparten Werkstoffe, Marineschiffbau, Autoteile und grüne Technologien. Ende September beschäftigte der Konzern gut 98.000 Menschen, zwei Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Rund 27.000 davon arbeiten im Stahlbereich./tob/wdw/DP/nas

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