Bundesarbeitsgericht Gewerkschaften dürfen für Mitglieder mehr rausholen
Gewerkschaften dürfen für ihre Mitglieder bessere Bedingungen aushandeln als für die übrigen Beschäftigten - zum Beispiel Privilegien wie höhere Abfindungen bei Jobverlust. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem Fall aus München entschieden. Geklagt hatte eine Frau, die eine höhere Abfindung wollte.
Sie verlor - wie auch schon in den Vorinstanzen. IG-Metall-Mitglieder hatten 10.000 Euro mehr Abfindung bekommen.
Sonderregelungen oder Zahlungen, die allein für Gewerkschaftsmitglieder gelten, seien grundsätzlich zulässig, urteilten die höchsten deutschen Arbeitsrichter. "Dass jemand das ungerecht findet, mag schon sein", sagte der Vorsitzende Richter Mario Eylert.
Der Vierte Senat bestätigte damit seine bisherige Linie in ähnlichen Fällen. Demnach verstoßen solche Regelungen nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Es sei sogar möglich, dass Gewerkschaften eine Differenzierung unter ihren Mitgliedern durch eine Stichtagsregelung vornehmen.
Der von der Klägerin persönlich empfundene Druck, wegen der Sonderregelungen einer Gewerkschaft beizutreten, sei kein Argument für die Durchsetzung ihrer Ansprüche. Ihr Anwalt führte unter anderem den großen Unterschied zwischen den Sozialplanregelungen, die für sie gelten, und dem Ergänzungstarifvertrag für IG Metaller ins Feld. Der finanzielle Unterschied belaufe sich bei seiner Mandantin auf etwa 29.000 Euro.
Darum ging es bei dem Fall
Konkret ging es um einen massiven Jobabbau bei Nokia Siemens Networks in München und die Gründung einer Auffanggesellschaft. Dazu hatte die IG Metall im April 2012 einen Ergänzungstarifvertrag ausgehandelt. Er galt nur für die Arbeitnehmer, die bis 23. März 2012, 12.00 Uhr, Gewerkschaftsmitglieder waren. Nur sie erhielten eine zusätzliche Abfindung von 10.000 Euro und ein höheres Monatsgehalt - statt 70 Prozent des bisherigen Bruttoeinkommens waren es 80 Prozent.
Die Klägerin war erst nach dem Stichtag - im Juli 2012 - IG-Metall-Mitglied geworden und im Januar 2013 wieder ausgetreten. Außer ihr hatten noch rund 100 weitere ehemalige Beschäftigte von Nokia Siemens Networks geklagt. Diese Fälle liegen dem BAG in Erfurt noch vor.
Die Richter erklärten, die Frau könne die verbesserten Regelungen nicht für sich reklamieren, weil es dafür "keine Anspruchsgrundlage" gebe. Den Arbeitgebern sei es dagegen unbenommen, das mit der Gewerkschaft ausgehandelte Paket allen Arbeitnehmern zugute kommen zu lassen. Die IG Metall habe die Stichtagsregelung anwenden dürfen, um Mitnahmeeffekte zu vermeiden.