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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kündigung nach 17 Jahren Wer Arbeitsunfähigkeit nur vortäuscht, fliegt raus
Wer sich bei seinem Arbeitgeber krankmeldet, in der Zeit aber bei Tätigkeiten an anderer Stelle erwischt wird, muss mit einem fristlosen Rauswurf rechnen. Selbst eine lange Betriebszugehörigkeit schützt in dem Fall nicht vor der Kündigung. In dem Sinne hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Mainz einen Masseur abblitzen lassen, der 17 Jahre lang bei einem Kurbetrieb beschäftigt war.
Der zu der Zeit 59-Jährige litt laut dem Urteil aus Mainz unter chronischem Bluthochdruck, zudem war ihm die linke Niere entfernt worden. Aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme befand sich der Mann in Dauerbehandlung. Wegen Herzrasen, Atemnot und einer starken Zunahme von Wasser in den Beinen war der Mitarbeiter vom 20. bis einschließlich 29. Juni 2012 schließlich krankgeschrieben.
Hinweis aus dem Kollegenkreis
Der Arbeitgeber habe jedoch von der Belegschaft einen Hinweis erhalten, dass der Kollege währenddessen im Haus seiner Tochter renoviere, heißt es in der Entscheidung. Der Kurbetrieb gab daraufhin am 25. Juni einer Detektei den Auftrag, den Mitarbeiter zu observieren. Die privaten Ermittler beobachteten den Mann daraufhin die folgenden drei Tage.
Das Ergebnis: Der 59-Jährige befand sich jeweils zwischen 8,5 und neun Stunden auf der Baustelle, in einem Baumarkt oder auf Transportfahrten. Der Arbeitgeber präsentierte ihm daraufhin zum 10. Juli 2012 die fristlose Kündigung. Der Masseur wehrte sich gegen den Rauswurf.
Nur "Hilfstätigkeiten" verrichtet
Vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen argumentierte er laut dem Urteil, er habe nur Hilfstätigkeiten bei der Renovierung im Haus seiner Tochter verrichtet, nachdem er sich nach Einnahme eines neuen Medikaments erheblich besser gefühlt habe.
Dabei habe er jede Anstrengung vermieden. Er bestritt den Vorwurf seines Arbeitgebers, dass er eine große Holzplatte getragen habe. Zudem habe er nicht mit "Hammer und Meißel" gearbeitet, wie von den Detektiven berichtet, sondern Fliesenkanten mit Hammer und Schraubenzieher geglättet. Er habe auch keinen Schrank getragen, sondern mit einer zweiten Person den Korpus eines Schuhschranks ohne Türen.
Masseur siegt in erster Instanz
Die Arbeitsrichter glaubten ihm und kippten die fristlose Kündigung (Az.: 3 Ca 1271/12). Der Verdacht, der Mitarbeiter habe die Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht, sei nicht begründet. Es sei durchaus möglich, dass der Mann aufgrund der neuen Medikation in der Lage gewesen sei, Tätigkeiten im Haus seiner Tochter zu verrichten. Die Dauer der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit habe sich dadurch nicht verlängert.
Mit der Entscheidung wollte sich wiederum der Kurbetrieb nicht abfinden und ging in Revision - mit Erfolg. Vor dem LAG bekräftigte das Unternehmen den Vorwurf, dass der angeblich kranke Angestellte durchgängig "schwere" oder "mittelschwere" Bautätigkeiten erledigt habe, die keinesfalls leichter seien als sein regulärer Job.
LAG bestätigt Rauswurf
Die Landesarbeitsrichter stellten sich auf die Seite des Arbeitgebers. Sie befanden, gegen den Mitarbeiter bestehe der dringende Verdacht, dass er zumindest drei Tage nicht mehr arbeitsunfähig erkrankt war und sich von seinem Arbeitgeber Entgeltfortzahlung erschlichen hat.
Das Gericht stützte sich dabei auf die Aussagen der Detektei. Die körperlich schweren Aktivitäten während der Krankmeldung würden die außerordentliche Kündigung des Entlassenen durchaus rechtfertigen (Az.: 10 Sa 100/13).