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Suhrkamp: Verlagserbin Unseld-Berkéwicz scheidet aus


Probleme bei Traditionshaus?
Neuer Suhrkamp-Wirbel – Verlagserbin scheidet aus

Von t-online, dpa, tos

Aktualisiert am 04.10.2024Lesedauer: 2 Min.
Suhrkamp-Verlegerin Ulla Unseld-BerkewiczVergrößern des Bildes
Suhrkamp-Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz: Die Witwe des Gründers scheidet endgültig aus dem Unternehmen aus. (Quelle: Rainer Jensen/dpa)

Neues Kapitel in der turbulenten Suhrkamp-Geschichte: Verleger-Witwe Unseld-Berkéwicz gibt ihre Anteile ab. Zu den Hintergründen gibt es widersprüchliche Angaben.

Der Unternehmer Dirk Möhrle übernimmt sämtliche Verlagsanteile des legendären Suhrkamp-Verlags. Er wird damit alleiniger Inhaber des Verlags, der mit seinem anspruchsvollen Programm jahrzehntelang das geistige Leben der Bundesrepublik geprägt hat. Der Unternehmer Möhrle hält seit 2015 bereits 39 Prozent des Traditionsverlags. Es ehre ihn, dass unter den Aktionären Konsens herrsche, ihm "diese gewichtige Aufgabe zu überantworten", betonte Möhrle.

"Die Siegfried und Ulla Unseld Familienstiftung, unter dem Vorsitz von Ulla Unseld-Berkéwicz, und die Familie Ströher werden sich entsprechend zum 31.10.2024 als Aktionäre der Suhrkamp Verlag AG zurückziehen", teilte der in Berlin sitzende Verlag mit. Zuvor hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" darüber berichtet.

Verleger-Witwe Unseld-Berkéwicz (75) ließ sich mit den Worten zitieren, dass es Zeit sei, "die Verantwortung, die Siegfried Unseld mir "abverlangt" hat, wie es bei Bertolt Brecht heißt, abzugeben". "Meine Tätigkeit und jene der Siegfried und Ulla Unseld Familienstiftung hat mit dem 100. Geburtstag Siegfried Unselds ihr Ende gefunden." Man wünsche dem Verlag, den Autoren und Mitarbeitern alles erdenklich Gute und Herrn Möhrle eine glückliche Hand.

Steht der Verlag kurz vor der Pleite?

Suhrkamp dementierte einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung", nach dem der Verlag in großen wirtschaftliche Probleme stecke. So sei erst kürzlich die Frankfurter Villa, in der Gründer Siegfried Unseld bis zu seinem Tod lebte, verkauft worden, um den Betrieb zu retten. Es sei nicht zutreffend, dass die Firma "existenzbedrohende wirtschaftliche Schwierigkeiten" habe, ließ der Verlag mitteilen. Beim Verkauf der Villa hätten dennoch wirtschaftliche Überlegungen eine Rolle gespielt.

Die aktuelle Übernahme ist ein weiteres Kapitel der bewegten Firmengeschichte. Nach Unselds Tod 2002 wurde Suhrkamp etwa Gegenstand des spektakulärsten Verlagsstreits der deutschen Nachkriegsgeschichte: Gegen den erklärten Willen von Unseld-Berkéwicz übernahm der Hamburger Medienunternehmer Hans Barlach, Enkel des expressionistischen Bildhauers Ernst Barlach, im Jahr 2006 Anteile.

Jahrelanger Streit

Neun Jahre lang überzogen sich die beteiligten Parteien mit einer schier unüberschaubaren Zahl juristischer Verfahren. Zu den Ergebnissen zählten der Umzug des Verlag von Frankfurt nach Berlin, die Umwandlung in eine AG und die damit verbundene Entmachtung Barlachs, der 2015 im Alter von 59 Jahren an einer Lungenzündung starb.

Der Suhrkamp-Verlag, 1950 von Peter Suhrkamp (1891-1959) gegründet, hat mit seinen regenbogenfarbigen Bänden und vielen anderen Büchern jahrzehntelang das gesellschaftliche Klima in Deutschland geprägt. Große Autoren und Autorinnen wie Hermann Hesse, Bertolt Brecht, Martin Walser, Ingeborg Bachmann und Christa Wolf fanden bei dem Verlag ihre geistige Heimat. Auch Peter Handke, Peter Sloterdijk, Jürgen Habermas, Judith Butler, Annie Ernaux und Uwe Tellkamp gehören zum Programm.

Von 1959 bis zu seinem Tod 2002 war der 1924 geborene Siegfried Unseld alleiniger Verleger des Suhrkamp-Verlags. "Der Suhrkamp-Verlag verlegt keine Bücher, sondern Autoren", ist einer der markanten Grundsätze, die auf Unseld zurückgehen. Er griff dabei auf Hesses "Siddhartha" zurück: "Du sollst keiner Lehre folgen, sondern deiner selbst!"

Verwendete Quellen
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