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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Trumps staatliche Bitcoin-Reserve Großes Risiko oder genialer Schachzug?

US-Präsident Donald Trump hat eine strategische Bitcoin-Reserve für die USA angeordnet. Was bedeutet das für den Bitcoin-Kurs, wie reagieren Anleger – und ist die Idee ein kluger Schachzug oder eine riskante Wette?
Donald Trump hatte es im Wahlkampf angekündigt, nun setzt er es um: Die USA sollen eine staatliche Bitcoin-Reserve aufbauen. Während Krypto-Befürworter die Entscheidung als historischen Schritt feiern, reagieren die Finanzmärkte zunächst verhalten. Viele Fragen bleiben offen: Wie genau soll die Reserve aussehen? Welche politischen und wirtschaftlichen Folgen könnte sie haben? Und was bedeutet das für Anleger, die bereits in Bitcoin investiert sind?
Trumps Bitcoin-Reserve: Was ist konkret geplant?
Die US-Regierung hält bereits rund 200.000 Bitcoin, die aus Beschlagnahmungen stammen. Nun soll eine strategische Reserve entstehen, die nicht nur diesen Bestand sichert, sondern möglicherweise auch erweitert wird.
Dem amerikanischen Digitalwährungs-Beauftragten David Sacks zufolge werden das Handels- und das Finanzministerium sich weitere Bitcoin für diese Reserve beschaffen dürfen, allerdings ohne Kosten für die Steuerzahler.
Neben Bitcoin sollen auch andere Digitalwährungen wie Ethereum und Solana in separaten Beständen verwahrt werden. Eine Arbeitsgruppe wurde eingerichtet, um zu prüfen, wie genau die Reserve verwaltet und ausgebaut werden könnte.

Was ist eine strategische Bitcoin-Reserve?
Strategische Reserven sind Vorräte an wichtigen Ressourcen, die in Krisenzeiten genutzt werden können. Die bekannteste ist die US-Ölreserve, die nach der Ölkrise in den 1970er-Jahren eingerichtet wurde. Ähnlich wie Kanada große Ahornsirup-Bestände verwaltet oder China Metalle und Getreide hortet, könnte eine Bitcoin-Reserve als wirtschaftliche Absicherung dienen.
Welche Politiker unterstützen das Projekt?
Donald Trump ist der Initiator der staatlichen Bitcoin-Reserve und verfolgt damit sein Wahlkampfversprechen, die USA zu einem Krypto-freundlichen Standort zu machen. Unterstützung erhält er von der republikanischen Senatorin Cynthia Lummis, die sich seit Jahren für eine stärkere Integration von Bitcoin in die Finanzpolitik einsetzt.
Ihr Vorschlag sah vor, dass die USA über fünf Jahre hinweg jährlich 200.000 Bitcoin erwerben, um langfristig einen Bestand von einer Million Bitcoins aufzubauen. Die Finanzierung sollte beispielsweise über Gewinne aus Gold- und Dollar-Reserven erfolgen.
Auch David Sacks, Trumps Beauftragter für Digitalwährungen, hält Bitcoin für eine sinnvolle strategische Reserve. Mehrere republikanische Gouverneure und Abgeordnete haben ebenfalls ihre Unterstützung signalisiert.
Auswirkungen auf den Bitcoin-Kurs
Nach der Bekanntgabe von Trumps Bitcoin-Reserve reagierte der Kryptomarkt zunächst mit Ernüchterung: Der Bitcoin fiel unter 85.000 US-Dollar, erholte sich aber wieder auf etwa 89.000 Dollar (etwa 82.000 Euro). Viele Anleger hatten gehofft, dass die US-Regierung eine aktivere Rolle beim Kauf von Bitcoin übernehmen würde.
Doch da vorerst nur bestehende Bestände gesichert und weitere Maßnahmen geprüft werden, blieb der erhoffte Kursschub aus. Hinzu kommt, dass der Kryptomarkt allgemein unter Druck steht – insbesondere durch den aktuellen Handelskonflikt der USA mit anderen Ländern, der riskante Anlageklassen wie Aktien, Fonds und Rohstoffe belastet.
Bitcoin
74.580,10 EUR+24,06%- Hoch
- 102.015,09
- Zwischenwert Hoch / Mittel
- 88.703,05
- Mittel
- 75.391,01
- Zwischenwert Mittel / Tief
- 62.078,98
- Tief
- 48.766,94
Chancen und Risiken einer staatlichen Bitcoin-Reserve
Die Idee einer staatlichen Bitcoin-Reserve birgt sowohl Chancen als auch Risiken. Krypto-Experten wie Johanna Belitz vom Krypto-ETP-Anbieter Valour sieht darin eine Absicherung gegen Inflation und Währungsabwertung – vor allem angesichts der hohen US-Staatsverschuldung.
"Die Staatsverschuldung von 34 Billionen Dollar ist untragbar, und historisch gesehen haben zusammenbrechende Fiat-Systeme auf harte Assets zurückgegriffen, um wirtschaftliche Stabilität zu bewahren", so Belitz. Sie hält Bitcoin mit seinem begrenzten Angebot für eine strategische Absicherung gegen Inflation.
Ein steigender Bitcoin-Kurs könnte auch langfristig zur Entlastung des Staatshaushalts beitragen und die Position der USA im globalen Kryptomarkt stärken. Doch die Risiken sind nicht zu unterschätzen: Bitcoin unterliegt starken Kursschwankungen, was für ein staatliches Finanzsystem problematisch sein könnte.
Nach Ansicht von Co-Pierre Georg, Direktor an der Frankfurt School of Finance & Management, erleben wir im Moment einen Hype, der durch Kommunikation in sozialen Medien befeuert werde. Für ihn sind Kryptowährungen eine Auskopplung aus der Blockchain, die rein spekulativen Zwecken dienen. Ein Wertspeicher sei definitionsgemäß relativ schwankungsarm, auch in der kurzen Frist, so Georg in einem Interview mit "Capital". "Bitcoin ist um ein Vielfaches volatiler als die volatilsten Rohstoffe der Welt."
Kritiker wie Jamie Dimon, CEO der US-Bank JPMorgan Chase, warnen zudem vor Sicherheitsrisiken – Krypto-Wallets sind anfällig für Cyberangriffe, und ein Verlust von Reserven könnte immense finanzielle Schäden verursachen. In einem Interview sagte Dimon: "Ich bin nicht gegen Kryptowährungen. Aber Bitcoin selbst hat keinen intrinsischen Wert. Er wird stark von Menschenhändlern, Geldwäschern und bei Ransom-Angriffen benutzt."
Andere Länder haben längst eigene Strategien für digitale Währungen entwickelt. In El Salvador beispielsweise ist Bitcoin bereits gesetzliches Zahlungsmittel – ein weltweit einzigartiges Experiment. Die Regierung hält Bitcoins als Teil der Staatsreserven und kauft regelmäßig nach. Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist allerdings skeptisch.
Ein Abkommen mit El Salvador sieht vor, dass das Land keine weiteren Bitcoins im öffentlichen Sektor anhäuft. Trotz dieser Vereinbarung hat El Salvador seine Bitcoin-Reserven weiter aufgestockt, was Fragen nach der Transparenz und der Rolle in der Wirtschaft des Landes aufwirft.
Widerstand auch in den USA: Montana lehnt Bitcoin-Reserve ab
Auch in der Politik gibt es Skepsis, vor allem bei Vertretern der Demokraten. Viele befürchten, dass die hohe Volatilität von Bitcoin die finanzielle Stabilität der USA gefährden könnte.
Der vom republikanischen Gouverneur Greg Giantforte regierte Bundesstaat Montana lehnte kürzlich einen Gesetzesentwurf ab, der es dem Bundesstaat erlaubt hätte, Bitcoin als Teil der Staatsreserven zu halten. Die Befürworter sahen darin eine Möglichkeit, das Portfolio des Bundesstaates zu diversifizieren und sich vor Inflation zu schützen.
Doch die Gegner des Gesetzes hielten Bitcoin für zu volatil und warnten vor den Risiken einer staatlichen Krypto-Investition. Die Ablehnung zeigt, dass der Umgang mit digitalen Währungen in den USA weiterhin stark umstritten ist – selbst innerhalb der Republikanischen Partei gibt es unterschiedliche Ansichten dazu.
Was bedeutet das für Anleger?
Die Ankündigung einer staatlichen Bitcoin-Reserve zeigt, dass Kryptowährungen in der Finanzwelt eine immer größere Rolle spielen. Für Anleger bedeutet das jedoch vor allem Unsicherheit: Noch ist unklar, ob und wie die USA Bitcoin langfristig in ihre Finanzstrategie integrieren.
Während einige Experten eine staatliche Bitcoin-Reserve als strategische Absicherung sehen, warnen andere vor den Risiken eines so volatilen Assets. Anleger sollten die weitere Entwicklung genau verfolgen – insbesondere, ob die US-Regierung tatsächlich zusätzliche Bitcoin erwirbt oder ob es bei den bisherigen Beständen bleibt. Die politischen Entscheidungen der nächsten Monate könnten einen erheblichen Einfluss auf den Bitcoin-Kurs haben.
- businessinsider.com: "Jamie Dimon says bitcoin ist the crypto of choice for 'sex trafficers, money launderers, ransomware'" (Englisch)
- capital.de: "Blockchain-Professor: "Krypto ist ein hochgradig manipulierter Markt"
- Interview mit Johanna Belitz vom Krypto-ETP-Anbieter Valour
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa