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Bitcoin-Fieber: So riskant ist der Höhenflug für Anleger


Meinung
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Bitcoin-Fieber
Das gefährliche Spiel an der Börse

MeinungVon Leon Bensch

21.11.2024 - 14:08 UhrLesedauer: 5 Min.
Bitcoin-RouletteVergrößern des Bildes
Bitcoin-Roulette (Symbolbild): Die Chancen, mit Bitcoin Millionär zu werden, steigen vor allem für diejenigen, die sehr früh investiert haben. (Quelle: Kraevski)

Der Höhenflug der Cyberwährungen zieht immer mehr unerfahrene Käufer an, doch die Risiken sind immens.

Nur noch 2.000 Dollar, dann hat der Bitcoin die magische Marke von 100.000 Dollar erreicht. Für die älteste Kryptowährung der Welt läuft es also derzeit blendend. Da ist jede gute Nachricht willkommen. So auch diese: Laut der "Financial Times" will der designierte US-Präsident Donald Trump mit seinem Unternehmen die Krypto-Handelsplattform Bakkt Holdings übernehmen.

Wenn ein Politiker, noch dazu im höchsten Amt eines Landes, politische Entscheidungen trifft, von denen er selbst wirtschaftlich profitiert, gerät er in einen Interessenkonflikt, der nicht nur rechtliche, sondern auch ethische Fragen aufwirft. Kritische Berichterstattung? Fehlanzeige.

Stattdessen heißt es: Trumps Interesse an Kryptowährungen habe zu dem Optimismus beigetragen, dass Kryptowährungen nach seinem Amtsantritt eine hohe Priorität haben werden. Formuliert von Stéphane Ouellette, Chef der Handelsplattform FRNT in Toronto.

Es ist offensichtlich, aber niemand will es sehen: Die Krypto-Gesellschaft hat uns eine Falle gestellt und wir laufen sehenden Auges hinein.

Fomo-Syndrom wird zur Gefahr für Anleger

Während eine Handvoll einflussreicher und superreicher Menschen Bitcoins sammelt, als seien es ein paar Glasmurmeln, üben die steigenden Kurse der Kryptowährung psychologischen Druck auf die Nachzügler aus, hohe Preise für etwas zu zahlen, von dem sie nicht einmal wissen, wie viel es wirklich wert ist.

Es handelt sich um das sogenannte Fomo-Syndrom. Fear of missing out – die Angst, etwas zu verpassen. Mit anderen Worten: Wer jetzt nicht dabei ist, wird es nie sein. Und tatsächlich scheint der Bitcoin-Kurs nur noch eine Richtung zu kennen: nach oben. Die 80.000 waren leicht zu knacken, die 90.000 gingen wie Butter und die 100.000 Dollar scheinen ein Kinderspiel zu sein. Und was kommt danach? 110.000? 120.000? Eine Million?

Der Bitcoin-Apostel

Einer, der auch Bitcoins sammelt, heißt Michael Saylor. Sein Unternehmen: Microstrategy. Microstrategy hat es sich zur Aufgabe gemacht, so viele Bitcoins wie möglich zu kaufen. Der Preis scheint dabei keine Rolle zu spielen. Erst kürzlich hat Firmenchef Saylor wieder zugeschlagen und 51.780 Bitcoins im Wert von 4,6 Milliarden Dollar gekauft.

Diese Transaktion katapultiert die Gesamtbestände des Unternehmens auf beeindruckende 331.200 Bitcoins. Das entspricht bereits jetzt einem Anteil von 1,58 Prozent aller Bitcoins, deren Menge laut Bitcoin-Protokoll auf 21 Millionen beschränkt ist.

Saylors Vision: Er will Bitcoin als strategische Reserve positionieren und damit ein Mittel gegen Inflation und Geldentwertung schaffen. Innerhalb der nächsten drei Monate will er für 42 Milliarden Dollar weitere Bitcoins kaufen, was nach aktuellem Kurs etwa 420.000 Bitcoins entspricht. Saylor scheint sich auf das Schlimmste vorzubereiten: Sein Verhalten erinnert an das eines sogenannten Preppers, eines Menschen, der sich auf den Weltuntergang vorbereitet und vorher versucht, alle Konservendosen aufzutreiben, die es gibt.

Anleger machen Saylor reich

Saylors Käufe sollen über Kapitalerhöhungen seines börsennotierten Unternehmens sowie über Wandelanleihen auf dem Kapitalmarkt finanziert werden. Die jüngste Transaktion wurde mit Kapitalmarktanleihen in Höhe von 800 Millionen Dollar finanziert – Geld, das Microstrategy selbst nicht erwirtschaftet hat, sondern von Anlegern stammt.

Mit diesem Geschäftsmodell riskiert Saylor im schlimmsten Fall einen wirtschaftlichen Totalschaden. Sollte der Wert von Bitcoin ähnlich stark sinken wie nach dem ersten Hype im Jahr 2021, könnte die scheinbar unbesiegbare Cyberwährung für Microstrategy in eine Schuldenspirale münden. In diesem Szenario müsste Saylor Bitcoin unter Wert verkaufen, um seinen Gläubigern Zinsen und Anleihen zurückzuzahlen – oder Kredite aufnehmen, um seine Schulden zu begleichen.

Im schlimmsten Fall wäre das Unternehmen dem Untergang geweiht, Millionen Aktionäre und Anleihegläubiger würden ihr Geld verlieren – und am Ende müssten auch Bitcoin-Besitzer für das Geschäftsmodell eines Einzelnen bezahlen, der seine Gier nach immer mehr Reichtum nicht zügeln kann.

Bedenkliche Strategie

Der renommierte Bitcoin-Kritiker Peter Schiff, Chefökonom und globaler Stratege der Vermögensverwaltungsfirma Euro Pacific Asset Management, ist einer der wenigen, der von Saylors Geschäftsmodell nicht viel hält. Bei diesem Tempo, in dem Saylor ständig neue Bitcoins zu immer höheren Preisen kaufe, müsste der Plan in weniger als vier Monaten abgeschlossen sein. "Dann braucht Saylor einen größeren Plan", erklärte Schiff sarkastisch.

Ein größerer Plan als drei Prozent aller Bitcoins zu besitzen, wäre zum Beispiel, zehn Prozent aller Bitcoins zu besitzen. Und was kommt danach? Das Verhalten von Saylor erinnert stark an das Märchen vom Fischer und seiner Frau. Erst möchte sie in einem Haus, dann in einem Schloss wohnen und später König, Kaiser und Papst werden. Die Wünsche werden vom Fisch sofort erfüllt. Erst als die Frau des Fischers verlangt, wie der liebe Gott zu werden, landet sie am Ende wieder dort, wo sie am Anfang war – in einer kleinen Hütte, dem "Pissputt".

Für Kryptokritiker Peter Schiff ist Microstrategy ein leuchtendes Beispiel für eines der überbewertetsten Unternehmen im MSCI World Index. Die rasante Kapitalisierung von Microstrategy übertrifft sogar einige Goldminenunternehmen, ein Vergleich mit einem Sektor, der traditionell als sicherer Hafen gegen Wirtschaftsturbulenzen angesehen wird.

Die Mär vom knappen Gut

Bitcoin-Besitzer argumentieren häufig, dass es maximal 21 Millionen Bitcoins geben werde. Ein Produkt, bei dem die Nachfrage das Angebot übersteige, werde zwangsläufig im Preis steigen. Beim Gold sei es ähnlich, nur wisse niemand, wie viele Goldminen es noch gebe. Aber auch dieses Edelmetall sei endlich.

Nun ist es aber so, dass viele Menschen Gold, aber nur wenige Menschen Bitcoins besitzen. Während viele Menschen an der eher moderaten Wertsteigerung von Gold teilhaben, haben nur wenige Menschen das Glück oder den Vorteil, mit Bitcoins Millionäre oder Multimillionäre zu werden.

Was ist das für eine Währung, in der nicht 42 Millionen Menschen einen halben Bitcoin besitzen, sondern Personen, Unternehmen oder Staaten eine Million Bitcoins oder mehr? Zumal, und das scheint in der Diskussion oft vergessen zu werden, der Bitcoin-Erfinder Satoshi Nakamoto eine deregulierte und von Finanzsystemen unabhängige Währung schaffen wollte – aber ganz bestimmt nicht für sich allein.

Personen wie Saylor, die Winklevoss-Brüder oder Unternehmen wie Grayscale, aber auch Trumps Vision einer staatlichen Bitcoin-Reserve von vier Millionen Bitcoins, zeigen eigentlich nur eines: den Versuch, Kontrolle über etwas zu erlangen, das eigentlich nicht kontrolliert werden will.

Warum haben wir da mitgemacht?

Die Nachricht der Übernahme durch Trumps Unternehmen macht den Bitcoin weder teurer noch billiger, sie macht nur Bitcoinbesitzer reicher. Und sie schürt den Neid bei denjenigen, die jahrelang zugesehen haben, wie der Bitcoin-Kurs steigt, und sich nicht trauten, ihr Geld in Kryptowährungen anzulegen. Jetzt, da Trump verspricht, die USA zur Krypto-Nation zu machen, scheint für viele der richtige Zeitpunkt gekommen.

Noch ist es nicht zu spät, sagen die Bitcoin-Experten, die meist selbst Bitcoins besitzen. Jetzt wäre die Gelegenheit – womöglich die letzte, bevor Bitcoin eine Million Dollar kosten wird. Warum sagen sie das? Weil sie es können. Das gefährlichste Spiel, das derzeit an der Börse gespielt wird, könnte viele Nachzügler teuer zu stehen kommen – nämlich dann, wenn sie verstanden haben, dass man ihnen das Geld aus der Tasche gezogen hat.

Es gibt kein Gesetz, keine Aufsichtsbehörde, keinen Staat, der das wilde Treiben einordnet, überprüft und vor den Gefahren warnt. So gut wie alle befinden sich in einem kollektiven Kryptowährungsrausch – bis sich Ernüchterung breit macht und wir uns fragen: Warum haben wir da bloß mitgemacht?

Verwendete Quellen
  • Eigene Gedanken
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