Kalte Progression Kabinett beschließt Steueränderungen
Verbraucher und Betriebe leiden unter den steigenden Preisen. Mit mehreren Steueränderungen will die Regierung Abhilfe schaffen.
Die Auswirkungen der hohen Inflation auf die Einkommensteuer sollen im kommenden Jahr durch eine Steuerreform abgefedert werden. Das Kabinett beschloss am Mittwoch Pläne von Finanzminister Christian Lindner (FDP) zum Ausgleich der sogenannten kalten Progression. Dafür soll unter anderem der Grundfreibetrag angehoben werden, also das Einkommen, bis zu dem man keine Steuer zahlt.
Die Bundesregierung will diese Grenze von derzeit 10.347 Euro auf 10.632 Euro im kommenden Jahr und 10.932 Euro 2024 anheben. Auch weitere Eckwerte des Steuertarifs werden verschoben, um den Effekt der kalten Progression auszugleichen. So bezeichnet man eine Art schleichende Steuererhöhung, wenn man weiter hohe Steuern zahlt, obwohl die Kaufkraft wegen der Inflation sinkt. Die relative Steuerbelastung steigt damit.
Kalte Progression
Die "kalte Progression" bezeichnet den Umstand, dass Arbeitnehmer sich trotz einer Gehaltserhöhung weniger leisten können. Dazu kommt es aus zwei Gründen: Zum einen gilt in Deutschland die Steuerprogression, was bedeutet, dass höhere Gehälter zu einem höheren Satz versteuert werden. Zum anderen sorgt die Inflation – aktuell besonders stark – dafür, dass die Preise für Waren und Dienstleistungen steigen. Rutscht ein Arbeitnehmer also durch eine Gehaltserhöhung in einen höheren Steuersatz, kann es sein, dass er sich vom leicht höheren Netto trotzdem weniger leisten kann als vorher.
Auch der Spitzensteuersatz (42 Prozent) soll künftig erst bei höheren zu versteuernden Einkommen greifen. Konkret bei 61.971 Euro im kommenden Jahr und bei 63.514 Euro im Jahr 2024. Die Grenze für den noch höheren Reichensteuersatz (45 Prozent) ab 277.826 Euro Einkommen will die Bundesregierung dagegen nicht antasten. Zuletzt gab es Kritik, dass Topverdienerinnen und -verdiener von den Plänen in absoluten Zahlen stärker profitieren als Geringverdiener.
Mehr Kindergeld, weniger Mehrwertsteuer auf Gas
Doch die Bekämpfung der kalten Progression ist nur ein Teil der Steuerpläne der Ampel. Gleichzeitig will die Bundesregierung auch das Kindergeld und den steuerlichen Kinderfreibetrag anheben. Im kommenden Jahr soll das Kindergeld für die ersten drei Kinder einheitlich je 237 Euro pro Monat betragen.
Außerdem wird die Mehrwertsteuer auf Gas zeitlich befristet abgesenkt – von Anfang Oktober 2022 bis Ende März 2024. Dann gilt statt 19 Prozent der reduzierte Satz von sieben Prozent. Im Jahressteuergesetz 2022 wird unter anderem die Installation von Solaranlagen sowie deren Betrieb steuerlich gefördert.
Die Mehrwertsteuersenkung wird den Staat bis März 2024 insgesamt 11,265 Milliarden Euro kosten. Von Unternehmen werde erwartet, dass die Senkung vollständig an Verbraucher weitergereicht werde, heißt es in der Formulierungshilfe für die Fraktionen der Ampelkoalition im Bundestag. Die Maßnahme soll Belastungen der Endverbraucher an anderer Stelle abfedern – etwa durch die ab Oktober geplante Gasumlage zur Stabilisierung von Importfirmen wie Uniper.
Teuer für den Staat
Laut der Kabinettsvorlage wird die Anpassung zu Steuermindereinnahmen in Höhe von 12,2 Milliarden Euro im Jahr 2023 führen und knapp 18 Milliarden im Jahr 2024. Finanzminister Lindner hatte zuletzt gesagt, 48 Millionen Menschen dürften davon profitieren.
- Nachrichtenagentur dpa
- Nachrichtenagentur Reuters