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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Jazz, Swing und Vinyl Die Geschichte der Schallplatte
Als Datenträger der ersten Stunde gilt die Schallplatte bis heute aufgrund Ihres außergewöhnlichen Klangbildes als unschlagbares Mittel, um Musik und die Leidenschaft zu ihr in einem besonderen Maße zu genießen und zu zelebrieren.
Die Idee, Klang in Rillen zu bannen, fand 1860 mit dem "Phonautographen" des Franzosen Édouard-Léon Scott de Martinville ihre erste Form. Das Gerät war aber nicht dazu bestimmt, die aufgenommenen Schallwellen auch widerzugeben. Dieser Innovation nahm sich erst 1877 der amerikanische Erfinder Thomas Alva Edison mit seinem "Phonographen" an und erlangte dafür weltweiten Ruhm. Mit seinem Apparat, der Töne über eine an einer Membran befestigten Nadel auf eine mit Zinnfolie bezogenen Walze übertrug, war es möglich, Klang aufzunehmen, zu speichern, abzuspielen und reproduzierbar zu machen.
Die Geburt der Schallplatte
Zehn Jahre später erfand Emil Berliner schließlich das Grammophon und meldete es zum Patent an. Der gebürtige Deutsche brachte die Rille in die Horizontale, was sich als entscheidender Vorteil herausstellen sollte. Man konnte mit der Schwerkraft eine Nadel von oben auf den Tonträger, eine Platte aus Zink, legen. Die "Schallplatte", wie Berliner sie nannte, war geboren. 1889 stellte er das Abspielgerät in Deutschland vor, doch die erste Serienfertigung wurde wegen mangelnder Qualität und schlechten Verkaufszahlen schnell wieder im Keim erstickt.
Der große Plattenboom
1895 wurde in den USA unter der Leitung von Berliner ein zweiter Versuch gestartet. Mit kleineren Platten und einigen Investoren gelang schließlich der wichtige Schritt zur Kommerzialisierung seiner Erfindung. Als 1896 die Schallplatten mit Schellack ein neues, stabileres Material bekamen, das dazu noch eine Klangverbesserung bot, war die letze Hürde endlich geschafft.
Es entwickelte sich ein regelrechter Massenmarkt und immer mehr Hersteller klinkten sich in das lukrative Geschäft ein. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es unterschiedliche Systeme, die untereinander zum Teil nicht kompatibel waren. Um 1911 setzte sich dann die mit Tiefenschnitt hergestellte Schellackplatte durch und begann ihren Siegeszug als erster massenhaft verbreiteter Tonträger der Welt. Mit 78 Runden pro Minute war die Platte sehr schnell laufend.
Der erste Weltkrieg versetzte der Entwicklung des Tonträgermarktes durch die Ressourcen-Verknappung schließlich einen herben Dämpfer, der bis in die 20er Jahre anhielt. Auch die Zäsur in Deutschland während der Nazi-Zeit setzte der Entwicklung des Schallplattenmarktes schwer zu. Doch als die Berufsverbote für Musiker und Einschränkungen der Nationalsozialisten wieder aufgelöst waren, keimten neue Musikstile wie Jazz und Swing auf, die der Schallplatte zu einem weiteren Boom verhalfen.
Vinyl als neues Maß
In den 1930er Jahren begann die Industrie mit der Produktion der ersten Vinylplatten. Der Durchmesser des Tonträgers veränderte sich auf 30 cm und die Abspielgeschwindigkeit auf 33 1/3 Umdrehungen pro Minute, was bis heute so geblieben ist – zumindest für die Langspielplatte. Der große Vorteil des Vinyls lag darin, dass es, im Gegensatz zur Schellackplatte, die gerne einmal brach, weitaus robuster und somit auch wesentlich besser für den Versand geeignet war. Das Ende der Schellackplatte war im Prinzip besiegelt. Heute ist von ihr nur noch eine schmale Sammlersparte geblieben.
Seit 1948 wurden die Scheiben schließlich aus Polyvinylchlorid hergestellt. Ein Jahr später kam zum zwölf Zoll großen Longplayer auch noch die sieben Zoll große Single-Platte mit ihrem großen Mittelloch auf den Markt. Ab Mitte der 1960er war man so weit, dass die gängigsten Plattenabspielgeräte alle drei wesentlichen Geschwindigkeiten abspielen konnten: 33 1/3, 45 und 78 RPM. Die Vinylschallplatte dominiert den Tonträgermarkt seit den 60er Jahren.
Ihren kommerziellen Höhepunkt besiegelte 1982 kein geringerer als Michael Jackson mit seinem Album "Thriller. Etwa 60 Millionen Langspielplatten wurden bis heute verkauft, ein Rekord, der noch immer ungebrochen ist.
Totgesagte leben länger
Mitte der 80er Jahre brach das Geschäft mit der Vinylscheibe massiv ein. Die Musik-CD enterte den Markt, schnell prophezeiten die Medien das Ende der schwarzen Scheiben. Doch der Siegeszug der CD hielt im Vergleich zur Schallplatte nicht lange an. Eingefleischte Musikliebhaber erkannten schnell, dass die ehrwürdige Schallplatte noch immer konkurrenzfähig ist. Daran hat selbst die Entwicklung des MP3-Formats nichts geändert. Auf dem Musikmarkt steigen die Verkaufszahlen der Schallplatte stetig an, sie erfreut sich wieder einer großen Sympathie.
Die stabile Nachfrage aus dem DJ-Bereich leistet bis heute einen wichtigen Beitrag für den Image-Erhalt der Schallplatte. Trotz CD- und MP3-Zeitalter war sie immer noch irgendwie cool, schließlich werden mit ihr seit jeher die besten Partys beschallt. Warum die DJs der Vinylscheibe die Treue halten, ist kein Geheimnis. Nicht nur wegen ihrem besonderen Klangbild, sondern weil mit ihr das Mixen und Scratchen nun mal am leichtesten von der Hand geht.
Die Sympathie und Leidenschaft derer, die den unverwechselbaren Klang der Schallplatte nicht missen wollen, lassen einen Ausblick auf die Zukunft der Schallplatte zu, in dem man zurecht darauf vertrauen darf, dass das schwarze Gold entgegen vieler Totsagungen noch lange seine Wertigkeit behalten wird.