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Cathy Hummels und der Doktortitel: Eine dumm-dreiste Masche


Das Gebaren der Cathy Hummels
Die dumm-dreiste Masche der Cathy Hummels

  • Nicole Diekmann
MeinungEine Kolumne von Nicole Diekmann

03.07.2024Lesedauer: 5 Min.
Meinung
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Cathy Hummels posiert bei der Gala und Verleihung des Deutschen Fernsehpreis in KölnVergrößern des Bildes
Cathy Hummels: Die Moderatorin und Influencerin fällt auf – vor allem durch ihre Fehltritte. (Quelle: IMAGO/Horst Galuschka )

Cathy Hummels hat sich von der Spieler- zur Geschäftsfrau gemausert. Doch parallel zu ihrer Selbstüberschätzung zeigt sie einen fatalen Mangel an moralischer Integrität.

Früher, da war die Welt noch in Ordnung. Früher, damit meine ich konkret 2016, konnte man über Cathy Hummels nämlich noch lachen. Während der EM war das. Da sorgte Cathy Hummels, damals noch verheiratet mit Mats, ob ihrer Social-Media-Aktivitäten bereits für Gesprächsstoff:

"Die Ukraine ist als Gegner nicht zu unterschätzen. Schließlich haben sie es auch bei der WM bis ins Viertelfinale geschafft. Auch wenn wir als überlegen gelten, sind höchste Energie und Konzentration angesagt. Mein Tipp für einen energiegeladenen Look: Lippen in leuchtendem Orange", twitterte sie. Oder auch, ähnlich gehaltvoll und noch ein wenig ungelenker formuliert:

"Bei Polen treffen wir auf eine stark, versierte Mannschaft mit Top-Spielern, wie Lewandowski. Vielleicht ein Überraschungsgegner der EM? Die müssen wir definitiv im Auge behalten! Für dieses Spiel setze ich auf ein starkes Augen-Make-up. Bläulich-schwarz und ein bisschen Smokey."

Das ist ein bisschen banal, das ist aber vor allem eins: in seiner Schlichtheit zwar unfreiwillig lustig, aber immerhin: lustig. Es sind plumpe Versuche, den Ehemann als Rampe zu nutzen für den Aufbau der eigenen Marke. Da soll auf Teufel komm raus ein Zusammenhang hergestellt werden zwischen dem Ereignis, von dem alle reden, das in den sozialen Netzwerken trendet, also Reichweite verschafft, mit dem Thema, von dem man Ahnung hat, nämlich Schminke. Mehr Klischee ist zwar kaum möglich. Es schadet aber auch nicht. Und niemandem.

Nicole Diekmann
(Quelle: Reinaldo Coddou H.)

Zur Person

Die Fernsehjournalistin Nicole Diekmann kennt man als seriöse Politikberichterstatterin. Ganz anders, nämlich schlagfertig und lustig, erlebt man sie auf der Plattform X – wo sie über 120.000 Fans hat. Dort filetiert sie politische und gesellschaftliche Aufreger rund ums Internet. Ihr Buch "Die Shitstorm-Republik" ist überall erhältlich. In ihrem Podcast "Hopeful News" spricht Diekmann jede Woche mit einem Gast über die schönen, hoffnungsvollen – einfach GUTEN Nachrichten. Bei t-online schreibt sie jeden Mittwoch die Kolumne "Im Netz".

Cathy Hummels aber ist ein Cleverle. Aus der vermeintlich naiven Marke "Spielerfrauen-Tussi Hummels" ist inzwischen eine moralisch äußerst fragwürdige Eigenmarke geworden, die sich (durch die Trennung von Mats gezwungenermaßen) weitestgehend abgekoppelt hat vom Thema Fußball. Leider aber auch von jeglicher moralischer Integrität.

Cathy Hummels hat eine bemerkenswerte Mischung aus skrupellos bauernschlauer Geschäftstüchtigkeit und strategischer Dummheit entwickelt, die in ihrer beharrlichen Konsequenz und unbeirrbaren Dreistigkeit fast schon einen Doktorgrad verdient hätte. Und damit wären wir auch beim aktuellen Aufreger, der eine neue Dimension des Hummelschen Gebarens markiert.

Hummels könnte viel Gutes erreichen – und macht das Gegenteil

Vor geraumer Zeit hat sie bekanntermaßen das Thema Depressionen für sich entdeckt. An und für sich könnte die Influencerin denjenigen, die an und unter dieser Krankheit leiden, einen großen Gefallen tun. Mit aktuell knapp 700.000 Followern auf Instagram ist Hummels ein medialer Machtfaktor. Diesen Einfluss zu nutzen, um eine der häufigsten und in ihrer Schwere am meisten unterschätzte Erkrankung weiter zu enttabuisieren – wie großartig wäre das? Wenn Hummels dazu beitragen könnte, auch dem Letzten klarzumachen: Das ist nichts, was sich mit "Lächle doch mal!" oder "Mach schöne Dinge!" lösen lässt. Stattdessen aber macht Hummels exakt das Gegenteil. Und das sehr geschäftstüchtig.

Ende 2022 meldete sie sich mit einem Werbebeitrag zu einem von ihrer Firma organisierten Retreat auf Instagram zu Wort: "Wenn man eine Depression hat, ist oft alles schwarz/weiss. Derweil ist Farbe viel schöner … Doch wie bekommt man Farbe in sein trübseliges Gedankenkarusell (sic)? Ein Faktor, der helfen kann, ist Licht. Let's shine. 'Sun'n' Soul Retreat by'", und hier verlinkte Hummels ihre Firma. Anschließend ließ sie Influencer und viel Gepäck auf eine griechische Insel karren, um von dort öffentlichkeitswirksam von Yoga-Sessions und gesunder Nahrungszubereitung zu berichten, um, so formulierte es Hummels, ohne rot zu werden, auf mentale Erkrankungen aufmerksam machen. Wie zum Beispiel Depressionen.

Eine verantwortungslose Frau

Hätten wir noch 2006, könnte man nun mit sehr viel gutem Willen und dem unbedingten Festhalten an einem positiven Menschenbild glauben, dass Hummels einfach nur ein bisschen doof ist. Dass sie keine Ahnung davon hat, wie viel Leid Depressionen für Betroffene und Angehörige bedeuten können. Wie schwierig es für Erkrankte immer noch ist, anerkannt zu werden als Erkrankte. Und nicht als Leute, die einfach mal ein bisschen mehr Sonne tanken und in einem Witzebuch blättern müssen, damit sie endlich wieder lachen können. Wie oft die Krankheit Depression in Selbstmord endet.

Allerdings schreiben wir 2024. Und mittlerweile hat Cathy Hummels schon so viele Böcke geschossen und sich mit den fadenscheinigsten Ausreden zu erklären versucht. Allerspätestens vergangenen Winter also hätte doch nun wirklich jedem klar werden müssen, was für eine – ich will es wirklich nicht freundlicher formulieren – als Luftpumpe getarnte geldgeile und verantwortungslose Frau Cathy Hummels ist. Und weil ihre Erklärungen dürftig sind, regt sich endlich Widerstand: Unter anderem die Deutsche Depressionsliga kritisierte Hummels massiv. So groß und heftig geriet der öffentliche Ärger, dass Hummels versuchte, sich zu entschuldigen: Die Darstellungen seien "unglücklich und missverständlich formuliert" gewesen, schrieb sie. Was für ein Stuss.

Ein Arzt, der kein Doktor ist

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Beim Südwest-Verlag dachte man sich allerdings wohl trotzdem: "Ach, was soll’s". Und heuerte die potenziell verkaufsträchtige Hummels als Autorin für ein Buch an. Arbeitstitel: "Aus dem Schatten – Dein Weg aus der Depression". Ein neues Buchprojekt also, gemeinsam mit Hummels’ Bruder.

Bis zum vergangenen Wochenende fand sich die Ankündigung zu diesem geplanten Buch bereits auf der Website des Verlages. Als Autoren, wie gesagt: Cathy Hummels und Dr. Sebastian Fischer.

Der Verlag löschte die Ankündigung schnell – und Cathy Hummels tat, was sie immer tut, wenn es dann doch zu eng wird: Sie argumentierte nach dem Schema "Ich bin halt leider ein bisschen schlicht". Sie habe "die Bezeichnung Arzt mit dem gängigen Begriff Doktor gleichgesetzt", schrieb sie auf Instagram. Schon in ihrem vorherigen Buch "Mein Umweg zum Glück" hatte sie ihn im Impressum mit entsprechendem Titel erwähnt: "Die Ausführungen auf den Seiten 115 bis 123 und die Texte im Anhang wurden abgedruckt mit freundlicher Genehmigung von Dr. Sebastian Fischer", hieß es da – und auch in verschiedenen Postings im Netz hatte sie ihn als "Dr. Fischer" bezeichnet.

Ausgeprägte Scheißegalheit

Wir fassen zusammen: Hummels und ihr Bruder arbeiten an einem Buchprojekt. Gemeinsam. Ob sie wirklich selbst schreiben – das werden nur wenige Leute wirklich wissen. Aber sie stehen vorn auf dem Cover. Cathy Hummels hält sich für kompetent genug, ein Buch über eine ernst zu nehmende Krankheit zu schreiben – will aber angeblich den Unterschied zwischen "Arzt" und "Doktor" nicht kennen? Beziehungsweise den Unterschied zwischen dem ja tatsächlich umgangssprachlich schnell und unabhängig vom Titel dahingesagten "Ich geh’ zum Doktor" und der Nennung eines akademischen Titels auf einem Buchcover?

Ich würde dieses Buch, sollte es denn noch erscheinen, nicht kaufen. Was will man denn erwarten von jemandem mit entweder und angeblich so wenig Ahnung bei gleichzeitiger grandioser Selbstüberschätzung oder aber mit dermaßen ausgeprägter Scheißegalheit Menschen gegenüber, die im schlimmsten Fall ihr Leben beenden? Cathy Hummels sollte sich schämen. Und das Thema Depressionen endlich fallen lassen. Damit täte sie Betroffenen und deren Angehörigen den wohl größten Gefallen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Meinung
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