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Attila Hildmann wird vom engsten Vertrauten zerstört


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Digitale Identität weg
Der engste Vertraute zerstört Attila Hildmann


Aktualisiert am 13.09.2021Lesedauer: 5 Min.
An der Seite von Hildmann: Kai E. war von Sommer 2020 an der engste Vertraute des selbsternannten "Kriegers". Gemeinsam flohen sie in die Türkei.Vergrößern des Bildes
An der Seite von Hildmann: Kai E. war von Sommer 2020 an der engste Vertraute des selbsternannten "Kriegers". Gemeinsam flohen sie in die Türkei. (Quelle: t-online)
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Attila Hildmann steht vor dem Nichts: Nach seiner Existenz in Deutschland verliert er jetzt auch die im Netz. Sein engster Berater hat alle Kanäle abgedreht und seit Monaten Beweise gegen ihn gesammelt.

Es war Juli 2020, als sich ein blonder Mann auf dem Ledersitz eines Porsches selbst filmte. Er schwenkt nach rechts, man sieht einen Hund, es ist "Akira", Attila Hildmanns geliebter Husky. Die Kamera dreht weiter und zeigt auf Hildmann selbst. Der Filmende sagt über ihn: "Wenn man sich damit beschäftigt, wie mit ihm und diesen Leuten vorgegangen wird, erkennt man, wer die tatsächlichen Faschisten sind."

Der blonde Mann heißt Kai E., er war der Computerfachmann und engste Vertraute von Attila Hildmann, und er denkt jetzt anders darüber: "Attila Hildmann ist ein Nazi, das ist hochgradig gefährlich." Deshalb schadet der Mann, dem Hildmann alles anvertraute, ihm jetzt maximal. E. wollte nicht mehr Komplize sein bei Judenhass und NS-Verherrlichung. Er hat Hildmanns Denken aus nächster Nähe kennengelernt, und er hat auf Hildmanns altem Handy gesehen, dass es schon vor Jahren Hakenkreuz-Bilder enthielt.

Justiz-Leak vor Aufklärung?

Mit allen ihm bekannten Informationen und Zugangsdaten ist Kai E. zum Hackerkollektiv "Anonymous" gegangen. Ein folgenschwerer Schritt, denn damit gelangten wohl fast 100.000 E-Mails und Nachrichten, darunter auch viele brisante Informationen, an die Gruppe. t-online konnte Beweise dafür einsehen, dass "Anonymous" Zugriff auf Hildmanns Mails hat. Auch ein Mitarbeiter der Berliner Justiz könnte nun nervös werden.

Aus den Nachrichten geht offenbar auch hervor, wer Hildmann den Hinweis auf eine drohende Verhaftung gegeben hat. Ein Haftbefehl gegen ihn hatte nie vollstreckt werden können, denn Hildmann hatte sich rechtzeitig vorher aus Deutschland in die Türkei abgesetzt. Als Wochen später der Haftbefehl erging, erfuhr er davon offenbar durch ein Leck und spottete aus der Türkei.*

Mit ihm geflüchtet war Kai E., der zuvor mit in Hildmanns Wandlitzer Villa wohnte. So erzählte es Hildmanns Computerfachmann "Anonymous" und das bestätigt Hildmann auch selbst in einer Reaktion.

Hildmann bestätigt Ausmaß

Von ihm gibt es eine Sprachnachricht in einem wenig beachteten Telegram-Kanal, der ihm geblieben ist. Der Kochbuchautor bestätigt im Kern, dass die Daten weg sind und er den Zugriff auf den Server sowie viele seiner Kanäle verloren hat. "Alle Plattformen, wo man unzensiert kommunizieren kann, sind jetzt weg. Mein operatives Geschäft, wo man meine Bio-Produkte kaufen kann, ist weg." Es tue ihm "sehr leid für alle, die jetzt in irgendeiner Form angeschrieben werden". Vielleicht hat er da auch an den Hinweisgeber zur drohenden Verhaftung gedacht.

Hildmann bestätigt auch, dass sein enger Wegbegleiter sich gegen ihn gewandt hat: "Das ist ein Junge, der ist mir sehr ans Herz gewachsen", sagt Hildmann in der Sprachnachricht. "Wir haben zusammen Deutschland verlassen und ich habe die Miete für acht Monate bezahlt. Ich habe mein Brot mit ihm geteilt. Was ist passiert, dass jemand, mit dem du über ein Jahr gekämpft hast, dich verrät? Ein Doppelagent."

Und das trifft es, wenn die Schilderungen von E. zutreffen. Sie haben nicht nur Brot geteilt, E. ist in Hildmanns Gesellschaft zum Veganer geworden, um nicht dessen Zorn zu erregen. Hildmann war überzeugt, dass sein Weggefährte "gegen diese Leute ist", die jetzt seine Daten haben, gegen "Anonymous", das Hildmann mit "Mossad und BND plus Antifa" zusammenfasst.

E. hielt selbst "Anonymous" für Gegner

Auch Kai E. aus dem Hildmann-Sumpf hielt "Anonymous" offenbar lange für "staatliche Hacker" und "Fake Anons", "Systemhörige", die seine Feinde sind. "Anonymous" ist unüberschaubar, offenbar hat er sich selbst früher an einigen ihrer Aktionen beteiligt, als es gegen den "Islamischen Staat" ging. Und nun war er auf der anderen Seite.

"Anonymous", die seit Beginn der Pandemie mit ihrer "OpTinfoil" (Operation Aluhut) gegen Desinformation kämpfen, waren auf E. aufmerksam geworden. Sie hatten sogar seinen vollen Namen öffentlich gemacht, Behörden Hinweise gegeben. Und dieser Mann meldete sich plötzlich bei ihnen. "Wir haben da erst mal einen Schnaps gebraucht", heißt es seitens der Hacker. Es muss ein großer innerer Konflikt gewesen sein.

Glaube an finstere "Neue Welt-Ordnung"

E. räumte da auch ein, dass er "Verschwörungsgläubiger" sei. Er glaubt, dass es eine "Plandemie" gibt, dass mit einer "Neuen Welt-Ordnung" düstere Pläne geschmiedet werden. In Hildmann hatte er einen engagierten Kämpfer dagegen gesehen. Von Hildmann kommen Sätze wie: "Die Völker sollen versklavt werden."

Er teilt offenbar weiterhin manche von Hildmanns Positionen. Aber die Botschaften voller Hass und Zerstörungswillen waren für E. zum größeren Übel geworden. Er erklärte: Er selbst habe mit sehr Rechten nie etwas zu tun haben wollen, aber er sei gegen Schubladen, und dagegen, jemanden leichtfertig Nazi zu nennen. Das treibe die Person weiter in diese Richtung.

Aber Hildmann ist ein Nazi, das steht für ihn fest, und er sei gefährlich. Er habe über seine Kanäle Leute um sich geschart, die jeden Bezug zur Realität verloren hätten, nicht mehr erreichbar und eher zum Kampf als für die Rückkehr in die Gesellschaft bereit seien. Sprachnachrichten zeigen, dass Hildmann sich für ihren Führer hält. Es war ein Irrglaube von E., Hildmann lenken zu können, erklärte er "Anonymous".

Bei Behörden keine Resonanz?

Die "Rückkehr in die Gesellschaft" ist für E. nicht einfach. Er hat sich mit der Mitwirkung am Portal für NS-Symbolik und Volksverhetzung wohl selbst strafbar gemacht. An dieser Stelle könnte der Fall auch ein Kapitel über mögliches Behördenversagen werden: Es soll von ihm Kontaktaufnahmen zu Behörden gegeben haben, Versuche, zu warnen und sich Ermittlern als Zeuge anzubieten. "Anonymous" dazu in einem Text: "Das Vertrauen darauf, dass Strafverfolgungsbehörden ein Interesse haben, Attila hinter Gitter zu bringen, ist Kai genauso abhandengekommen wie uns."

E. hat nach seiner Darstellung seit Monaten ein doppeltes Spiel gespielt, um Hildmann jetzt maximal schaden zu können. Er erstellte ihm eine Videoplattform, auf der Hildmann all das hochladen konnte, was gegen Gesetze verstößt. Er hat ihm damit eine neue Bühne geschaffen, und das sieht er auch so: "Wtube", vermeintlich gesprochen "Dabbel-jutjub", fast wie die bekannte Plattform. E. baute auf, was Hildmann in seinem Größenwahn behaupten ließ, er sei "wie Marc Zuckerberg, nur cool". Die Videoplattform wurde auch zum Zuhause für andere Akteure aus der Szene.

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Auch Hildmanns Urlaubsfotos sind weg

Doch Hildmann bekam es mit der Angst zu tun: Die Behörden könnten seine Adressen beschlagnahmen, er wollte sie davor in Sicherheit bringen. E. bestärkte ihn darin. Man müsse damit umziehen.

Es war Hildmanns Verhängnis und E.s Chance, völlige Kontrolle darüber zu bekommen und die Adressen von Hildmann auf sich zu übertragen. Auf den Seiten steht jetzt ein "Anonymous"-Video, ebenso wie auf diversen Telegram-Kanälen. Dort ist zu sehen, wie weit Hildmanns Netzwerk gespannt war: Auch in dem Kanal des früheren AfD-Abgeordneten Heinrich Fiechtner prangt die Botschaft von "Anonymous", ebenso in einer größeren Gruppe zur Flutkatastrophe. Auch die hatte Hildmann zur Stimmungsmache genutzt. Hildmann in seiner Sprachnachricht: "Ich weiß gar nicht, wie viele Kanäle und wie viele Accounts betroffen sind."

Sogar ein Handy mitsamt privater Fotos von einer Japanreise ist für ihn verloren, jammert Hildmann. Sein IT-Mann hat zum "Schutz" ein Programm installiert. Auch seine Einnahmequelle, ein Onlineshop für Bio-Produkte, ist lahmgelegt. "Ich muss jetzt gucken, wie ich weiter überlebe." Alles sei weg, alles müsse neu aufgebaut werden. "Aber mein Kampf geht weiter", behauptet Hildmann. "Ich bin ein Held, der für die Wahrheit steht."

Da dürfte er sich wieder täuschen. Wie bei Kai E., über den er sagt: "Eigentlich habe ich eine gute Menschenkenntnis, und er war tierlieb. Und ich hatte ein sehr gutes Gefühl, weil Akira ihn sehr gemocht hat." Jetzt ist also ein bisschen der Husky schuld, der im Video aus dem Porsche zwischen den beiden sitzt.

*An dieser Stelle haben wir klargestellt, dass Hildmann bereits Monate in der Türkei war, als der Haftbefehl erging und nicht kurz vorher das Land verlassen hat.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • anonleaks.net: Attila Hildmann: The Final Chapter
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