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Recherchegruppe "Die Insider": So reagierten AfD-nahe Gruppen auf die Morde


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Recherchegruppe "Die Insider"
So reagieren AfD-nahe Gruppen auf die rassistischen Morde in Hanau

InterviewVon Laura Stresing

Aktualisiert am 21.02.2020Lesedauer: 4 Min.
Hämische Facebook-Kommentare zum Anschlag in Hanau: Die Recherchegruppe "Die Insider" macht Screenshots von Hasskommentaren in AfD-nahen Chatgruppen.Vergrößern des Bildes
Hämische Facebook-Kommentare zum Anschlag in Hanau: Die Recherchegruppe "Die Insider" macht Screenshots von Hasskommentaren in AfD-nahen Chatgruppen. (Quelle: t-online)
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Die Recherchegruppe "Die Insider" will Hassbotschaften in geschlossenen Chatgruppen öffentlich machen. Auch nach den Ereignissen in Hanau wird in

Rechtsextreme Hetze im Netz ist kein neues Phänomen. Doch nach unzähligen gewalttätigen Übergriffen und Brandanschlägen, dem Mord an dem CDU-Politiker Walter Lübcke, dem antisemitischen Attentat auf eine Synagoge in Halle und jetzt dem wohl rassistisch motivierten Mord an neun Menschen in Hanau wird das Problem in Politik und Medien breit diskutiert.

Die Bundesregierung will mit mehreren Gesetzesänderungen gegen Hasskriminalität vorgehen. Unter anderem sollen die sozialen Netzwerke dazu verpflichtet werden, potenziell strafbare Inhalte den Behörden zu melden. Bislang sind sie nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) nur zum Löschen angehalten.

Die Recherchegruppe "Die Insider" verfolgt einen anderen Ansatz: Sie will rechtsextreme Äußerungen sichtbar machen und öffentlich anprangern. Dazu unterwandern die Mitglieder teilweise geschlossene Chatgruppen mit Namen wie "AfD Fanclub (neu, ungekapert)", "Division Odin" oder "Unser Deutschland patriotisch & frei". Die Aktivisten machen Screenshots von den Unterhaltungen und veröffentlichen sie auf Facebook und Twitter.

Auch auf AfD-Fanseiten wird oft offen gegen Migranten gehetzt. Direkt nach dem Anschlag von Hanau entdecken die Aktivisten beispielsweise hämische Kommentare wie "Mir egal sollen sich ruhig weiter Abknallen. Weniger Sozial Schmarotzer in Deutschland" (Fehler im Original). Der Autor scheint davon auszugehen, dass sich die Morde im Umfeld krimineller Clans abgespielt haben. Damit ist er nicht allein. In einer anderen AfD-nahen Gruppe schreibt jemand unter einem Nachrichtenartikel zu dem Vorfall: "Danke, Frau Merkel."

Warum macht sich jemand die Mühe, solche Kommentare zu dokumentieren? Wir haben mit den anonymen Aktivisten von "Die Insider" gesprochen.

t-online.de: Wer sind Sie?

Wir sind eine relativ kleine Gruppe von Leuten, die sich privat oder auch nur übers Internet oder Telefon kennen, und die in der AfD und ihren Fans eine Gefahr für unsere Demokratie sehen. Denken wir nur an die Kommentare zu Herrn Lübckes Äußerungen und wie es geendet ist. Gegen diese Entwicklung muss etwas unternommen werden.

Damit spielen Sie auf den Mord an dem hessischen CDU-Politiker Walter Lübcke an, der sich für eine liberale Flüchtlingspolitik eingesetzt hat und dafür in rechten Kreisen erst mit Worten angegriffen und schließlich von einem Rechtsextremisten erschossen wurde. Hat die Arbeit der "Insider" damit angefangen?

Nein, manche Gruppen beobachten wir schon seit mindestens vier Jahren. Seit August 2018 beschäftigen wir uns im Rahmen von "Die Insider" mit den Themen Hass in AfD-nahen Gruppen. Erst im Juni 2019 haben wir uns entschlossen, unsere Recherchen auf Facebook und Twitter zu veröffentlichen. Davor haben wir lediglich Kommentare, Bilder und Personen an Facebook gemeldet. Leider mit fast gar keinem Erfolg.

Warum glauben Sie, dass das Veröffentlichen der Kommentare mehr Wirkung zeigt?

Wir finden, dass nicht nur in den öffentlichen Kommentarspalten etwas getan werden muss, sondern vor allem in den (teils geschlossenen) Gruppen, da man sich dort "unter sich" wähnt und es dementsprechend viel Hass und Hetze dort gibt. Zudem bestätigen sich die Mitglieder in dieser Filterblase täglich aufs Neue.

Was haben Sie bisher erreicht?

Wir konnten bereits einigen von dem Hass betroffenen Leuten mit Screenshots bei Anzeigen behilflich sein. Dazu kommt, dass einige Politiker und Journalisten auf uns aufmerksam wurden. Zudem erhalten wir einige positive Rückmeldungen. Trotzdem können gerne noch mehr Menschen auf uns und damit den Hass in AfD-nahen Gruppen aufmerksam werden. Unser Ziel ist es, dass wir wieder zu einem normalen Miteinander gelangen.

Welche Reaktionen haben Sie in den AfD-Gruppen nach dem Anschlag in Hanau beobachtet?

Noch in der Nacht wurde sofort geschrieben, dass die Morde ganz klar auf Clans und Banden zurückzuführen seien. Als die Anschläge dann der rechtsextremen Szene zugeschrieben wurden, hieß es ebenfalls: "War ja klar." Und jetzt distanziert man sich und stellt den Täter als einen einsamen Gestörten dar, der nichts mit der rechten Szene zu tun hatte.

Bei AfD-Politikern sehen wir, dass sie unisono die Tat als die eines psychisch Kranken hinstellen, der nichts mit Rechtsradikalismus zu tun hat. Dies steht im Gegensatz dazu, dass bei einer Tat eines Muslims oder Migranten sofort alle Menschen dieser Gruppe in Sippenhaft genommen werden.

Wie gehen Sie bei Recherchen vor?

Wir möchten nicht zu viel über unsere Herangehensweise verraten, da wir es ja noch einige Zeit weiter so machen wollen.

Die Veröffentlichungen sind eigentlich nur ein kleiner Teil unserer Recherche. Wir durchforsten die Timeline unserer Profile und schauen gezielt in Gruppen oder suchen nach Themen, wenn wir sehen, dass sie oft geteilt werden.

Melden Sie strafrechtlich relevante Kommentare bei Behörden oder den Netzwerkbetreibern?

Ja, wir melden Kommentare und Profile bei den Behörden und auch bei Facebook. Bei Facebook führt es jedoch in den seltensten Fällen dazu, dass etwas gelöscht wird. Auch geben wir ungeschwärzte Screenshots an Betroffene, beziehungsweise deren Anwälte.

Alles können wir jedoch nicht melden, da es einfach zu viel ist, und wir unsere Zeit sinnvoll einteilen müssen. Deshalb hoffen wir, dass die zuständigen Behörden auch mitlesen und gegebenenfalls auf uns zukommen – was auch schon passiert ist – und natürlich, dass uns Follower helfen, Kommentare auf öffentlichen Seiten und Profilen, beziehungsweise in öffentlichen Gruppen zu melden.

Was halten Sie von gesetzlichen Vorhaben wie dem jetzt geplanten Paket "gegen Hasskriminalität"?

Wir wünschen uns, dass der Hass und die Hetze auf Facebook, vor allem in geschlossenen Gruppen, ernst genommen und etwas dagegen getan wird. Weiterhin wünschen wir uns, dass Personen, die sich gegen den Hass stellen, besser vor Angriffen in den sozialen Medien und darüber hinaus geschützt werden. Wir können das rechtlich nicht umfassend einschätzen, haben aber unser Etappenziel schon erreicht – nämlich, dass das Thema endlich Gehör findet.

Verwendete Quellen
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