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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Klage wegen Edeka-Windows Drohen Nutzern jetzt juristische Konsequenzen?
Wochenlang bot ein Unternehmen zu Spottpreisen Windows- und Office-Lizenzen an – offenbar illegal. Jetzt klagt Microsoft. Drohen nun auch den Käufern juristische Folgen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wer macht nicht gerne ein Software-Schnäppchen? Werden Microsofts Programme im Internet verdächtig günstig angeboten, schöpfen viele Verbraucher Verdacht. Aber was beim Einzelhändler Edeka verkauft wird, kann doch nicht illegal sein? Offenbar doch. Das zumindest legt die Recherche des Branchenmagazins "CRN" nahe.
Doch was ist mit den Anwendern, die diese Produktschlüssel oder ähnliche Schnäppchen gekauft haben? Drohen ihnen nun juristische Folgen? Und sind solche Softwarelizenzen generell illegal?
Wie legal sind über Dritte verkaufte Softwarelizenzen überhaupt?
Ein typischer Fall, dem man häufig begegnet, ist der Verkauf von sogenannten Product Keys. Das ist in der Regel eine lange Zeichenkolonne, die zur Aktivierung einer bestimmten Software eingegeben werden muss und sicherstellen soll, dass der Anwender tatsächlich auch das Recht hat, das jeweilige Programm zu nutzen. Manche Unternehmen verkaufen sogenannte OEM- oder Volumenlizenzen.
Erstere sind Softwarelizenzen, die üblicherweise an den Verkauf von Hardware gekoppelt sind, etwa ein Notebook oder ein Desktop-PC. Volumenlizenzen werden oftmals an Unternehmen verkauft; hier wird etwa ein einziger Produktschlüssel vergeben, der mehrfach zur Aktivierung auf unterschiedlichen Computern genutzt werden kann.
Laut Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kölner Medienrechtskanzlei Wilde Beuger Solmecke "kann es legal sein, diese Keys inklusive dazugehöriger Lizenz weiterzuverkaufen". Allerdings müssten dafür bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die Lizenz müsste etwa ursprünglich in der EU oder einem anderen Land des Europäischen Wirtschaftsraums in Umlauf gebracht worden sein. "Billige Lizenzen, die aus dem russischen oder asiatischen Raum stammen, sind hierzulande nicht legal", sagt Solmecke.
- Weitere Bedingung: "Der Ersterwerber hatte eine legale, unbefristete Lizenz, für die der erste Käufer angemessen bezahlt hat", erklärt Rechtsanwalt Solmecke. Zeitlich befristete Software dürfte nicht weiterverkauft werden.
- Drittens müssten alle Softwarekopien der Vorbesitzer spätestens zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs unbrauchbar gemacht worden sein. "Hieran scheitert meist die Legalität des Keyselling: Denn um dies feststellen zu können, muss man eigentlich alle Vorerwerber kennen. Käufer müssen hier eigentlich gegenüber dem Hersteller lückenlos die gesamte vorherige Lizenzkette nachweisen können", sagt Solmecke.
Wie erkenne ich, dass eine Lizenz illegal ist?
Wer solche Produktschlüssel im Netz kauft, kann sich dabei zumindest an einige Anzeichen halten. Besser nicht kaufen sollte man etwa Datenträger mit selbst gedruckten Inlays oder laienhaften Beschriftungen.
Auch der Webauftritt des Verkäufers kann Hinweise auf möglicherweise illegal vertriebene Software bieten: Hat er ein korrektes Impressum? Ist möglicherweise ein Sitz in Übersee angegeben? Sind die Angaben hier uneindeutig oder zweifelhaft, sollte besser ebenfalls vom Kauf Abstand genommen werden, rät Christian Solmecke.
Beides trifft auf die bei Edeka verkauften Lizenzen jedoch nicht zu. Hier gilt jedoch ein weiterer Punkt: Ein "absurd niedriger Preis sollte jeden misstrauisch machen. Denn die Preise für legal verkaufte Gebraucht-Software sind gestiegen", sagt der Rechtsanwalt.
Drohen Verbrauchern, die illegale Lizenzen kaufen, Strafen?
Die wohl konkreteste, aber auch harmloseste Gefahr ist, dass eine solche Lizenz nicht funktioniert und sich Käufer dann mit dem Verkäufer über eine Erstattung streiten müssen. Das könnte auch Käufer der bei Edeka verkauften Lizengo-Lizenzen treffen.
Generell können die Folgen der Nutzung illegaler Lizenzen für den Anwender aber noch weitreichender sein, erklärt Christian Solmecke. So sei auch eine Sperrung des Accounts beim Hersteller denkbar, weil man als Nutzer gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verstoßen hat. "Auch möglich sind Abmahnungen der Hersteller oder Schadensersatzforderungen, weil man ohne Berechtigung ein Produkt des Herstellers genutzt hat."
Selbst strafrechtliche Konsequenzen können der Kauf und die Nutzung illegaler Software nach sich ziehen, schätzt Rechtsanwalt Solmecke. Denkbar wären seiner Ansicht nach Ermittlungen wegen "unerlaubter Verwendung von Software nach dem Urheberrechtsgesetz" (Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe, wenn man die Software auf den Computer lädt).
Allerdings müsste der Käufer die Illegalität der Quelle dabei "billigend in Kauf genommen" haben, ergänzt Solmecke. Auf die Käufer der Edeka-Lizenzen trifft das vermutlich eher nicht zu.
Denkbar sei beim Kauf illegaler Softwarelizenzen dafür theoretisch eine Anklage wegen Geldwäsche, glaubt der Medienrechtsanwalt. Hier könne auch derjenige belangt werden, der leichtfertig nicht erkennt, dass der Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt. "Aufgrund des geringen Preises der sonst viel teureren Software könnte man argumentieren, dass dem Käufer hätte auffallen müssen, dass die Software ohne gültige Lizenz des Herstellers verkauft wurde und wahrscheinlich aus einer strafbaren Vortat stammt", sagt Solmecke.
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Ob und inwieweit Microsoft im Fall der bei Edeka verkauften Lizenzen überhaupt plant, gegen Käufer vorzugehen, ist nicht bekannt. Klar wird allerdings, dass Verbraucher beim Kauf äußerst günstiger Softwarelizenzen generell sehr vorsichtig sein sollten. So ist nicht ausgeschlossen, dass auch den Käufer zivil- oder sogar strafrechtliche Konsequenzen treffen können.
- Eigene Recherchen
- CRN: Nach CRN-Recherchen. Microsoft verklagt Lizengo