"Luna-25" Russland startet erste Mondmission seit fast 50 Jahren
Zum ersten Mal seit fast 50 Jahren startet Russland eine neue Mondmission. In der Nacht zum Freitag ist "Luna-25" endlich ins All geschickt worden.
Ab Mitte der 1950er-Jahre traten die USA und die Sowjetunion im "Wettlauf ins All" gegeneinander an. Nun hat das "Space Race" wieder an Fahrt aufgenommen – und diesmal sind mehr Nationen daran beteiligt. Erst vor einigen Tagen machte die indische Raumsonde "Chandrayaan-3" einen weiteren Schritt in Richtung Mond.
Und nun schickt auch Russland eine Sonde ins Rennen. Zum ersten Mal seit fast 50 Jahren startet das Land, das damals noch Sowjetunion hieß und seit jeher eine Pionierrolle in der Erkundung des Weltalls einnahm, eine neue Mission zum Mond. Die Raumsonde "Luna-25" soll am Mondsüdpol nach Wasser forschen.
Die Trägerrakete vom Typ Sojus-2.1b mit der Mondsonde an Bord hob in der Nacht zum Freitag vom neuen Weltraumbahnhof Wostotschny zu der mehr als viereinhalbtägigen Reise zum Mond ab, wie die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos mitteilte. Der zuletzt für 2022 angekündigte Start war wegen technischer Probleme verschoben worden.
Erste Mondmission Russlands seit 1976
"Wir sind eine Nation und ein Land, das der Menschheit den Weg in den Kosmos geöffnet hat", sagte Alexander Bloschenko, Direktor für perspektivische Programme und Wissenschaft bei Roskosmos. Deshalb sehe sich die stolze Raumfahrtnation in "missionarischer" Funktion.
Die Sowjetunion hatte den ersten Satelliten ins All geschickt und 1961 mit Juri Gagarin als erstem Menschen im Weltall Geschichte geschrieben. Schon 1959 erreichte die Nation auch als erstes Land der Welt mit einer Raumsonde die Oberfläche des Mondes. Bei dem Wettlauf der Systeme um die Erkundung des Weltalls waren dann aber die USA das Land, dem 1969 mit Apollo 11 die erste bemannte Mondmission gelang.
Mit der ersten Mondmission seit 1976 ("Luna-24") will Russland nun den Bau einer Raumstation auf dem Erdtrabanten vorbereiten, die nach früheren Angaben bis 2040 errichtet werden soll. Eigentlich sollte "Luna-25" schon längst unterwegs sein. Der erste geplante Starttermin für eine neue Mondsonde war 2012, zuletzt wurde Mai 2022 angepeilt. Damit knüpft Russland nun an das sowjetische Luna-Programm an, bei dem Raumsonden auch Mondgestein zur Erde brachten.
Untersuchung wichtig für spätere Erforschung des Mondes
Die laut Roskosmos 1.800 Kilogramm schwere Mondsonde "Luna-25" soll nun beispielsweise Bodenproben sammeln und analysieren. Geplant sei unter anderem die Untersuchung von sogenanntem Lockermaterial auf Gestein im Bereich des Südpols des Mondes, heißt es in dem Projektpapier.
Die Messungen sollen unter anderem Aufschluss über den Zustand der Exosphäre des Himmelskörpers zu verschiedenen Tageszeiten geben – ein Mondtag und eine Mondnacht entsprechen jeweils etwa 14,5 Tagen auf der Erde. In der polaren Exosphäre spielen sich laut Roskosmos dynamische Wechselwirkungsprozesse zwischen kosmischen Teilchen und Mondstaub ab.
"Der Mondstaub schafft viele Probleme und Gefahren für technische Systeme." Die Mikropartikel des Staubs seien giftig und von hoher chemischer Aktivität. Deshalb seien die Untersuchungen wichtig für eine mögliche spätere Erforschung des Mondes durch den Menschen vor Ort.
"Luna-25" soll Wasseranteil im Boden messen
Wegen der langen Mondnacht und Temperaturen von minus 170 Grad Celsius ist "Luna-25" mit speziellen Wärmepads ausgestattet, damit die Messstationen und andere Geräte an Bord der Sonde keinen Schaden nehmen. Mit an Bord ist beispielsweise ein Detektor für radioaktive Strahlung. Gemessen werden können laut Roskosmos alle natürlich vorkommenden Elemente des Periodensystems von Wasserstoff bis Uran.
Vor allem aber soll die Sonde den Wasseranteil im Boden bestimmen. Die Forscher erwarten laut Roskosmos, dass der Wasseranteil im Lockermaterial verschwindend gering ist, weil bei Sonnenlicht und Temperaturen von plus 120 Grad Celsius alles verdunstet. Unter dieser Schicht befinde sich jedoch Dauerfrostboden. Deshalb erwarten die Wissenschaftler dort und in dauerhaft schattigen Regionen auch Eis.
Nächste Missionen sind bereits angekündigt
"Luna-25" soll auch Bodenproben sammeln – und kann dafür bis zu 40 Zentimeter tief in den Boden eindringen. Weitwinkelkameras fotografieren zudem die Umgebung und Landschaften, deren Bilder an ein Forschungszentrum auf der Erde gesendet werden können. Nach Angaben von Roskosmos wird "Luna-25" zunächst für drei bis sieben Tage einen idealen Landepunkt in 100 Kilometer Entfernung vom Mond aussuchen, um dort möglichst lange gute Lichtverhältnisse und eine Verbindung zur Erde zu haben.
Ursprünglich hatte Roskosmos beim russischen Mondprogramm mit der Europäischen Weltraumorganisation Esa zusammengearbeitet. Die Esa beendete die Zusammenarbeit mit Moskau nach der russischen Invasion in der Ukraine vor mehr als 17 Monaten. Kremlchef Wladimir Putin will mit dem jetzigen Start der Mondmission auch zeigen, dass das Land trotz der kriegsbedingten Sanktionen des Westens weiterhin in der Lage ist, seine wissenschaftlichen Projekte voranzutreiben. Roskosmos hat bereits die nächsten Missionen "Luna-26" bis "Luna-28" angekündigt.
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa