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125 Jahre Lkw: Daimler steht vor großem einem Umbruch


Wie schon 1896
125 Jahre Lkw: Daimler steht vor einem Umbruch

dpa, Michael Brehme

Aktualisiert am 18.08.2021Lesedauer: 4 Min.
Daimler: Wieder steht eine Art Epochenwende an.Vergrößern des Bildes
Daimler: Wieder steht eine Art Epochenwende an. (Quelle: Marijan Murat/dpa)

Abspaltung vom Gesamtkonzern, Börsengang und dann durchstarten mit alternativen Antrieben – beim Lastwagenhersteller Daimler Truck setzen sie sich große Ziele. Genau 125 Jahre nach dem Start ins Lkw-Geschäft birgt der Umbruch aber einige Risiken.

Als Gottlieb Daimler vor 125 Jahren den ersten motorbetriebenen Lkw der Welt vorstellte, musste sich diese Neuheit auf dem Markt erstmal behaupten – gegen seinerzeit gängige Pferde-Transportwagen. Der Umbruch war zäh, er dauerte viele Jahre.

Ein Daimler sei ein "gutes Thier"

Überliefert ist, dass Daimler in der Anfangszeit auf einer Messe seine noch weitgehend unbekannten Lastwagen in eine Reihe mit Zugtieren stellte und per Handzettel bewarb. Ein Daimler sei ein "gutes Thier", schrieb der Mobilitätspionier dort in damals gültiger Schreibweise. Pointiert dichtete er: "Zieht wie ein Ochs, du siehst's allhier; Er frisst nichts, wenn im Stall er steht; Und sauft nur, wenn die Arbeit geht."

Am 18. August 1896 präsentierte Daimler nach Unternehmensangaben seinen ersten Lastkraftwagen – und wollte den mit einem Zweizylinder-Motor ausgestatteten umgebauten Gespann-Güterwagen schnell öffentlich bekannt machen. Vorrangiges Ziel des Handzettels: Bauern sowie die Eigentümer von Brauereien und Getreidemühlen, die damals in der Regel schwere Last von A nach B transportieren mussten, gedanklich abzuholen und vom Sinn der Neuerfindung zu überzeugen.

So ein bisschen erinnert diese Situation an die heutige Lage des Unternehmens Daimler Truck, das aus den ersten Lkw-Versuchen der damaligen Daimler-Motoren-Gesellschaft inzwischen hervorgegangen ist.

Lastverkehr soll revolutioniert werden

Wieder steht eine Art Epochenwende an, wieder geht es darum, dass der Lastverkehr auf der Straße ein Stück weit revolutioniert werden soll. Daimler und viele Konkurrenten basteln daran, dass sich Lkw mit alternativen Antrieben im Markt durchsetzen. Dafür sollen herkömmliche Verbrenner – nicht zuletzt wegen politischer Vorgaben und aus Klimaschutzgründen – perspektivisch verschwinden.

"So wie die Erfindung des Lkw an sich damals ein Umbruch war, so erfinden wir jetzt den Lkw wieder neu", sagt Andreas Gorbach, Technologievorstand bei Daimler Truck. Doch wie zum Ende des 19. Jahrhunderts zeichnet sich auch diesmal ab, dass das Ganze eine langwierige und zähe Angelegenheit werden dürfte.

Um im Wettbewerb der Branchengrößen zu bestehen, stellt sich die Lkw-Sparte der Daimler AG in diesen Monaten ganz neu auf. Nicht nur, dass Milliardensummen in die Entwicklung von Elektro- und Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antrieben gesteckt werden – obendrein soll die bisherige Lkw-Tochter vom Daimler-Konzern abgespalten und danach separat an die Börse gebracht werden. Am 1. Oktober, ziemlich genau eineinhalb Monate nach dem 125. Jahrestag der Vorstellung des ersten Lkw, sollen diese Pläne bei einer außerordentlichen Hauptversammlung von den Aktionären abgenickt werden.

Separierung von Lastwagen- und Autogeschäft

Unter dem Strich soll es im Anschluss zwei unabhängig voneinander agierende Konzerne geben: einerseits Daimler Truck für das Lastwagen- und Busgeschäft, andererseits Mercedes-Benz für das Auto- und Vangeschäft. Auch wenn es das Ende der gelebten Tradition eines Mischwarenladens unter einer Daimler-Dachgesellschaft ist, wird der Schachzug am Markt positiv bewertet. "Die Separierung wird Daimler Truck die Chance geben, das Geschäft konsequent auf die Anforderungen der Lkw-Industrie und deren Nutzergruppen auszurichten", sagt Mobilitätsexperte Joachim Deinlein vom Beratungsunternehmen Oliver Wyman.

Eigenständig habe Daimler Truck die Chance, einfacher Partnerschaften mit anderen Firmen einzugehen und auch den Vertriebs- und Serviceauftritt konsequenter einer "Lkw-Logik" zu unterwerfen.

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Tatsächlich ist es so, dass die Trucksparte öffentlich bisher meist als Anhängsel des Pkw-Geschäfts bei Daimler betrachtet wurde. Letztlich steht das Thema Auto beim Endverbraucher mehr im Fokus, und auch zahlenmäßig sind die Unterschiede gewaltig: So steuerte der Auto- und Vanbereich im ersten Halbjahr 55 Milliarden Euro zum Gesamtumsatz bei, der Truck- und Busbereich gerade mal 18,7 Mrd.

Daimler steht wie 1896 vor einem Umbruch

Daimler Truck sei bisher "eher im Windschatten der Pkw-Sparte" unterwegs gewesen, sagt Technologievorstand Gorbach. Das werde sich ändern. "Wir können unser Geschäftsmodell und unsere Wertigkeit künftig transparenter machen – für die Investoren, aber auch für die Kunden und die Öffentlichkeit, vielleicht sogar für die eigenen Mitarbeiter."

So ist wohl nur Branchenkennern bekannt, dass Daimler Truck bei schweren Nutzfahrzeugen Weltmarktführer ist: Vor allem auf dem wichtigen nordamerikanischen Markt sind die Schwaben mit der Marke Freightliner stark vertreten. Ob das Unternehmen diese Stellung verteidigen kann, dürfte auch vom Erfolg der Strategie mit alternativen Antrieben abhängen. Hier setzen die Stuttgarter auf klassische Elektro- sowie Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lkw. Die Konkurrenz experimentiert teils auch mit Fahrzeugen, die auf der Straße aufwendig über Oberleitungen mit Strom versorgt werden.

Daimlers Hauptzielmarkt für die alternativ angetriebenen Lkw ist zunächst Europa. Im Oktober soll die Serienproduktion des Mercedes-eActros – eines ersten elektrisch angetriebenen 25-Tonners für den schweren Verteilverkehr – starten. Bei den von Wasserstoff und Brennstoffzellen angetriebenen Lastwagen peilt man einen Serienstart erster Modelle bis 2027 an. Diese 40-Tonner sollen dann Reichweiten von bis zu 1.000 Kilometern ohne Tank-Zwischenstopp haben.

Wann sich damit unter dem Strich Geld verdienen lässt, bleibt eine wichtige Frage. Im Lkw-Geschäft geht es den Firmenkunden noch viel stärker als im privat dominierten Pkw-Geschäft um schlichte Kostenvergleiche, und da ist der Diesel-Lkw führend. "Wir müssen dahin kommen, dass es sich für den Kunden betriebswirtschaftlich lohnt, auf einen CO2-neutralen Lkw umzusteigen", sagt Gorbach. Heißt: Die Masse der Kunden wird wohl erst dann umsteigen, wenn es sich für sie rechnet. So also, wie es vor 125 Jahren auch der Fall war.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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