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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Brände, Gifte, Bergung Wie gefährlich sind E-Autos beim Unfall?
Austretende Giftstoffe, kaum löschbare Feuer und die Insassen sind kaum zu bergen: Die Unfallsicherheit von Elektroautos wird häufig in Frage gestellt. Was ist dran an diesen Befürchtungen?
Das E-Auto wird günstiger, die Auswahl größer, die Infrastruktur besser. Auch die Kaufprämie von 6.000 Euro macht den Stromer interessant (gibt's für diese 200 Autos). Immer wieder führen aber Meldungen über abgebrannte E-Autos zu Verunsicherung: Wie sicher sind diese Autos bei einem Unfall? Wie groß ist die Brandgefahr der Batterie? Und wie gut können Rettungskräfte die Insassen bergen? Hier finden Sie alle wichtigen Antworten.
Welche Sicherheitsanforderungen gelten beim E-Auto?
Ob Benziner oder Diesel, Wasserstoffantrieb oder eben ein Stromer: Die Standards zur Sicherheit sind für alle Autos die gleichen, so der Verkehrsclub ADAC. Sie seien lediglich an die jeweilige Antriebstechnik angepasst. Nur wenn ein Auto alle gesetzlichen Sicherheitsvorschriften erfüllt, darf es vom Hersteller verkauft werden.
Die unfallrelevanten Strukturen, die Insassen schützen sollen, sind beim E-Auto ähnlich oder sogar identisch wie beim Verbrenner. Und der Batteriepack wird gut geschützt im Fahrzeugboden verbaut, wo er obendrein durch einen Rahmen verstärkt wird.
Sehr gute Noten in Crashtests
Deshalb erreichen moderne Elektroautos in Crashtests genau wie ihre Verbrenner-Alternativen häufig eine Wertung von fünf Sternen – und das ist die Bestnote.
Das bestätigt der ADAC: Bislang sei kein modernes E-Auto in einem Euro-NCAP-Crashtest negativ aufgefallen. Im Vergleich mit Verbrenner-Modellen sei ihre Sicherheit sogar häufig besser, so der Verkehrsclub.
Euro NCAP steht für European New Car Assessment Programme, zu deutsch etwa Europäisches Neuwagen-Bewertungs-Programm. Zu den Mitgliedern des NCAP gehören unter anderem der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) und das Bundesministerium für Verkehr.
Und das zeigt sich auch in den jüngsten Crashtests der Dekra-Unfallforschung und der Verkehrsunfallforschung der Universitätsmedizin Göttingen.
Bei den Tests krachten vier Autos (drei Nissan Leaf und ein Renault Zoe) frontal und seitlich gegen ein starres Hindernis. Das Szenario ist vergleichbar mit dem Aufprall an einem Baum – und fordert der Sicherheitstechnik an Bord der Autos alles ab. Obendrein waren die Testwagen beim Crash 60 bis 84 km/h schnell. Das ist weit mehr als bei üblichen Crashtests.
Und dennoch: "Die getesteten Elektrofahrzeuge stehen vergleichbaren konventionell angetriebenen Fahrzeugen bei der Sicherheit in nichts nach", so das Fazit der Unfallforscher.
Wie hoch ist die Brandgefahr beim Elektroauto?
Allerdings haben Benziner und Diesel keinen Chemie-Cocktail – die Batterie der E-Autos – an Bord, der einige hundert Kilogramm wiegt. Für das Stromauto gilt deshalb: Alle Komponenten seines E-Antriebs müssen eigensicher – so der Fachausdruck – ausgelegt sein. Auch wenn ein Fehler auftritt, soll deshalb keine Gefahr entstehen.
Sobald innerhalb dieses Systems ein Defekt auftritt, fließt deshalb kein Strom mehr. Bei einem Unfall etwa wird die Batterie sofort von allen Hochspannungs-Komponenten abgekoppelt. Dadurch sinkt die Spannung in den Fahrzeugsystemen in kürzester Zeit unter einen festgelegten Grenzwert von 60 Volt – und damit in den unkritischen Bereich.
Wie gefährlich ist der Brand eines Elektroautos?
Trotzdem kann es natürlich dazu kommen, dass ein Stromer in Flammen aufgeht – wie es ja auch bei Verbrennern geschieht, übrigens allein in Deutschland rund 20.000-mal pro Jahr. Das sind rund 55 Autobrände pro Tag.
Die Fotos und Videos solch eines brennenden E-Autos sind häufig spektakulär. Aber ist das Feuer hier tatsächlich gefährlicher als beim Verbrenner? Die Dekra-Experten verneinen es. Das habe sich bei vergleichenden Tests mit Brand- und Löschversuchen gezeigt.
Zwar könne die Batterie eines E-Autos tatsächlich in Flammen aufgehen, wenn das Auto in eine heftige Kollision verwickelt wird. Aber: Die Gefahr, dass sich ein solcher Brand schnell auf das gesamte Fahrzeug ausbreitet, sei bei einem E-Auto geringer als bei Diesel und Benziner. Denn hier können nicht große Mengen brennbarer Flüssigkeiten austreten und zum raschen Übergreifen der Flammen auf weitere Bereiche führen.
Und auch wenn es zu einem Brand der Antriebsbatterie kommt, hat die Feuerwehr inzwischen ein geeignetes Gegenmittel: eine spezielle sogenannte Löschlanze – ein Löschwerkzeug, das an schwierig zugänglichen Stellen eingesetzt wird. Die Feuerwehr stößt diese Lanze direkt in das Gehäuse der Batterie hinein und bekämpft dort das Feuer.
Dafür muss die Feuerwehr allerdings entsprechend geschult werden – und in diesem Bereich besteht noch Nachholbedarf.
Natürlich sind die Rauchgase, die beim Brand eines E-Autos freigesetzt werden, stark gesundheitsschädlich – das gilt aber für jedes andere brennende Auto auch.
Wie gut lassen sich Insassen bergen?
Wegen der speziellen Konstruktion von E-Autos gilt das Bergen von Insassen aus Wracks als heikel. Zu Unrecht, wie der Dekra-Test zeigt. Mit den Mitteln der Feuerwehr gelingen die Bergungsarbeiten genauso schnell wie bei einem Auto mit konventionellem Antrieb.
Auch für Ersthelfer bedeutet ein brennendes E-Auto kein größeres Risiko als jedes andere entflammte Fahrzeug. Deshalb gilt bei der Ersten Hilfe dieselbe Reihenfolge wie in jedem anderen Fall auch:
- auf Eigenschutz achten
- Unfallstelle absichern
- Notrufnummer 112 wählen, wenn es nötig ist
- Insassen retten beziehungsweise betreuen
Darf man Pannenhilfe leisten?
Bei der Pannenhilfe geht von der Elektrik ebenfalls kein besonderes Risiko aus, denn die Hersteller treffen entsprechende Vorkehrungen. Wichtig ist aber, dass Arbeiten an den Hochspannungskomponenten nur von ausgebildeten Spezialisten ausgeführt werden dürfen. Dazu zählen etwa die Pannenhelfer der Verkehrsclubs. An diesen Komponenten und allen orangefarbenen Leitungen im Inneren eines Elektroautos dürfen nur diese Experten arbeiten.
- Prüfgesellschaft Dekra
- Verkehrsclub ADAC
- Nachrichtenagentur dpa
- kfzteile24.de