TV-Tipp Land im Sturm
Berlin (dpa) - Ein Mann hängt tot in einem Baum, die Leiter lehnt noch daran. Um den Baum herum eine weite, karge Ebene. "Hol bitte João her, sofort", sagt der Vater, den Cowboyhut tief im Gesicht.
Was wirkt wie eine Szene aus einem alten Western, ist der Beginn der neuen Dramaserie "Land im Sturm". Der Dreiteiler wird an diesem Donnerstag ab 21.45 Uhr auf Arte gezeigt.
João Fernandes ist die Hauptfigur der Serie, er hat von seinem Vater ein riesiges Landgut geerbt und lebt dort wie ein König. Mit seiner Frau residiert er in einem wunderschönen Anwesen mit einigen Haushälterinnen. Da João diese Bediensteten auch zu seinem Besitz rechnet und mit einer von ihnen sogar ein Kind zeugt, kommt es zu Spannungen mit seiner Ehefrau.
Die erste Episode spielt im Portugal der 1970er Jahre. Das Land sieht sich aufgrund seiner Kolonien in Afrika und Asien auf Augenhöhe mit Kolonialmächten wie Großbritannien und Frankreich. Im Inneren ist Portugal ein vorindustrieller Agrarstaat mit nahezu feudalen Strukturen, isoliert von seinen europäischen Nachbarn, die Gesellschaft geprägt von der mächtigen katholischen Kirche und kontrolliert von der allgegenwärtigen Geheimpolizei PIDE. Der Anfang der 1960er Jahre beginnende Unabhängigkeitskampf der afrikanischen Kolonien Angola, Mosambik und Guinea-Bissau fordert zudem hohe menschliche und finanzielle Opfer.
Regisseur Tiago Guedes zeichnet ein schonungsloses Bild der portugiesischen Gesellschaft. Der allmächtige Patron. Seine Frau, geachtet, aber machtlos ihrem Mann gegenüber. Der Verwalter, enger Vertrauter des Chefs und zugleich Vater eines vom Patron gezeugten Kindes. Jede Figur hat ihren festen Platz, ein Ausbrechen scheint unmöglich. Untermalt werden diese Beschreibungen durch ruhige, lange Bilder der weiten Landschaft und der einfachen, aber schönen Häuser.
"Land im Sturm" ist eine Familiengeschichte mit allen Verwicklungen, Liebschaften und Komplikationen, die sich in großen mächtigen Familien finden lassen. Vor allem aber erzählt die Serie eine Geschichte Portugals. Der Tod des faschistischen Diktators Salazar, der Portugal fast ein halbes Jahrhundert mit eiserner Faust regierte, der Krieg in den Kolonien, die friedliche Nelkenrevolution von 1974: Guedes zeigt die Schlüsselmomente der jüngeren portugiesischen Geschichte in schwarz-weißen Originalbildern.
Wie wenig die Portugiesen selber ihre Geschichte aufgearbeitet haben, zeigt exemplarisch die erbitterte Diskussion um das Gedenken an die Opfer des portugiesischen Kolonialismus. Bis heute soll kein dunkler Fleck die stolze Erzählung der Seefahrer- und Entdeckernation trüben. 2006 wählten die Zuschauer einer Fernsehsendung die größte Persönlichkeit ihrer Geschichte - der Gewinner mit großem Abstand: Diktator Salazar.