Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet."Love is Pain" aus Dortmund Für diese Zuschauer ist der neue "Tatort" eher nichts
Zwei Mordopfer, ein seltsam agierender Täter, schmerzhafte Liebe und große private Probleme im Ermittlerteam. Vielleicht zu große?
Eine "Tatort"-Kritik von Maria Bode
Ein Mann ersticht Straßenbahnfahrer Hamza Arkadaş (Mehmet Daloglu) nachts nach dessen Schichtende, wenig später tötet er Barbesitzer Lars Ramme (Nikolai Mohr) auf die gleiche Art und Weise. Zeugen gibt es nicht, nur Aufnahmen von Überwachungskameras. Der Mörder weiß, dass er gefilmt wird: Er schaut jedes Mal ganz bewusst in die Kamera und zeigt offenbar auf ein kleines Tattoo unter seinem rechten Auge.
Was hat das zu bedeuten? Wer ist der Mann? Wie wählt er seine Opfer aus? Was verbindet sie miteinander? Das müssen die Dortmunder Ermittelnden herausfinden, werden dabei aber abgelenkt von privaten Angelegenheiten. Das ist ein Problem für sie persönlich – aber auch für den ARD-Krimi. Denn die Morde scheinen zwischenzeitlich zur Nebensache zu werden.
Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger), Jan Pawlak (Rick Okon) und Peter Faber (Jörg Hartmann) bilden nach dem Tod von Martina Bönisch (Anna Schudt) im "Tatort: Love is Pain" ein Dreierteam. Auch intern gilt es, eine Frage zu klären.
Zweiter Fall nach Bönischs Tod
Die Folge "Love is Pain" ist der zweite Fall für den Dortmunder Kommissar Peter Faber nach dem Tod seiner langjährigen Kollegin Martina Bönisch, in die er verliebt war. Das Team besteht nun nur noch aus ihm, Rosa Herzog und Jan Pawlak. Faber hatte nach Bönischs Tod eine Auszeit genommen, Rosa Herzog deshalb kommissarisch die Mordkommission geleitet.
"Rosa macht das echt gut, oder?", sagt Faber am ersten Tatort zu Pawlak. Später fragt Gerichtsmedizinerin Greta Leitner (Sybille Schedwill) ihn: "Stimmt das Gerücht? Wollen die Ihnen ernsthaft die Leitung der Mordkommission entziehen? Wer übernimmt? Die Herzog?" Faber selbst, der weiß davon noch nichts. Und Herzog sagt ihm: "Das sind alles Gerüchte."
Das hat primär nichts mit dem Fall zu tun, nimmt aber viel Raum ein – wie auch schon in früheren Dortmund-"Tatorten". Für die Storyline ist das so irrelevant wie die persönlichen Probleme des "Tatort"-Teams, die aus vorherigen Dortmunder Folgen weitererzählt werden: Herzog soll ihrer Mutter helfen, einer ehemaligen RAF-Terroristin, die untergetaucht ist. Pawlak muss vor Gericht um seine Tochter Mia (Jana Giesel) kämpfen, weil seine Schwiegermutter das Kindeswohl gefährdet sieht.
Alle drei Ermittelnden sind angespannt, reden eher aneinander vorbei statt miteinander. Entsprechend lang dauert es, bis sie in dem Fall vorankommen.
Lohnt sich das Einschalten?
Wer zu der Art der Zusehenden gehört, die sich oft fragen, was spielt das jetzt für eine Rolle, ob der verheiratet ist oder nicht, ob die ein gutes Verhältnis zu ihrer Mutter hat oder nicht, sollte am Sonntagabend besser ein anderes Programm wählen.
Doch wer sich auf den Fall einlässt, wird überrascht – von der Identität des Täters, von seinem Motiv. Es geht um Liebe, es geht um Schmerz. Der Titel – "Love is Pain" – verrät das schon. Liebe ist Schmerz, das bekommen auch die drei Ermittelnden mit ihren privaten Problemen zu spüren – so sehr das auch wie Füllmaterial anmutet.
Einen Pluspunkt gibt es für die stark besetzten Episodenrollen. Insbesondere Nils Hohenhöfel als Mike Majewski, Johanna Polley als Tanja Zietmann und Sar Adina Scheer als Beate Gräske überzeugen. Positiv ist auch, dass die Frage nach der Leitung der Mordkommission letztlich geklärt wird. Ganz friedlich mit neu vergebener "Boss"-Tasse.
Der "Tatort: Love is Pain" läuft am 23. April 2023 um 20.15 Uhr im Ersten.
- ARD: "Tatort: Love is Pain" vom 23. April 2023