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"Polizeiruf": Können Hacker wirklich das ganze Land lahmlegen?


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Der Faktencheck zum "Polizeiruf"
Können Hacker wirklich das ganze Land lahmlegen?

Von Barbara Schaefer

29.04.2018Lesedauer: 4 Min.
Prepper und Hacker: Auf dem platten Land versammeln sich sinistre Gestalten, Kriminalhauptkommissar Adam Raczek (Lucas Gregorowicz, li.) nimmt sich den Cyberaktivisten Ulyssis (Dimitrij Schaad) vor.Vergrößern des Bildes
Prepper und Hacker: Auf dem platten Land versammeln sich sinistre Gestalten, Kriminalhauptkommissar Adam Raczek (Lucas Gregorowicz, li.) nimmt sich den Cyberaktivisten Ulyssis (Dimitrij Schaad) vor. (Quelle: rbb/Oliver Feist)

Kommissarin Lenski schläft. Einbrecher kommen in ihre Wohnung, filmen sie und ihr Kind im Schlaf. Ein Albtraum. Doch der Anfang dieses "Polizeirufs" ist nur der Auftakt zu nahezu apokalyptischen Szenen. Stromausfall im ganzen Land. Kann so etwas überhaupt passieren? t-online.de hat nachgefragt.

Der Einbruch bei Kriminalkommissarin Olga Lenski (Maria Simon) führt auf die falsche Fährte, die paar Kleinkriminelle, die dafür verantwortlich sind, spielen weiter keine Rolle. Aber Lenski ist verstört, flüchtet sich für eine Auszeit auf einen abgeranzten Hof im Brandenburgischen – "Nett hier!" – und gerät in eine Parallelwelt (Regie: Matthias Glasner).

In dieser Welt leben zum einen sogenannte Prepper, die stets vorbereitet sein wollen für einen Notfall, und zum anderen Aktivisten, die so einen Notfall mit Gewalt herbeiführen wollen. Mit ihrer neu entdeckten Liebe fürs Landleben verliert Lenski ihren Verstand, sprich: Klar denken ist nicht. Der polnische Kriminalhauptkommissar Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) versteht seine deutsche Kollegin nicht mehr.

Es kommt bei Lenski zu Sozialromantik und Kapitalismuskritik beim Fischfangen mit bloßen Händen, da ist es nicht weit zum Rumknutschen mit dem Grobstrickpulloverträger und Hofbesitzer Lennard Kohlmorgen (stark: Jürgen Vogel). Dem kam grad die Frau abhanden, ihr war die reine Kritik nicht genug, sie wollte Aktion, und liegt dann tot im Wald.

Die Auswahl an Mord-Verdächtigen ist groß (Buch: Matthias Glasner und Mario Salazar): die gewalttätige Dorfjugend, der verlassene Ehemann und dann auch noch ein Haufen radikaler Nerds, die sich in einem heruntergekommenen Herrenhaus hinter Computern am Weltuntergang zu schaffen machen. Graffiti an den Wänden und schwarz gekleidete, vorrangig stumme Menschen.

Am Ende fällt im ganzen Land der Strom aus, Rettung für kurze Zeit bietet der voll ausgestattete Überlebensbunker auf dem abgelegenen Hof. Und was davon ist nun realistisch? Gibt es solche Prepper mit Bunker, und Hacker, die das ganze Land lahm legen könnten?

Der Faktencheck

Fragen an Christoph Unger, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe

t-online.de: Was weiß man über diese Prepper-Szene?

Christoph Unger: Gerade gibt es einen aktuellen Beschluss der Konferenz der Innenminister der Länder, der fordert, "die bundesweiten Erkenntnisse von Polizei und Verfassungsschutz zur 'Prepper-Szene' in den Lagebericht zu den Reichsbürgern und Selbstverwaltern einzubeziehen". Da soll auch geklärt werden, ob eine Affinität zu Waffen besteht und ob es mögliche Radikalisierungstendenzen und Bezüge zum Extremismus gibt.

Was halten Sie von Preppern, die Vorräte anhäufen?

Grundsätzlich finden wir es gut, wenn Menschen für den Notfall vorsorgen. Prepper kommt von "to prepare", vorbereitet sein, das hat per se nichts Negatives. Es geht um Eigenverantwortung und darum, sich mit Wasser, Licht, Kommunikationsmitteln, Medikamenten, Lebensmitteln, Hygieneartikel zu bevorraten. Wenn sich jedoch in diesem Rahmen ein Netzwerk etabliert, das in Teilen mit extremistischen Gedankengut operiert oder das sich bewaffnet, muss der Staat alarmiert sein und diesem entschieden entgegentreten.

Gelten diese Vorsorgehinweise in der Stadt und auf dem Land?

Das gilt für die ganze Bevölkerung, gerade auch in Städten. In einer Zwei-Zimmer-Wohnung in einem Hochhaus ist es natürlich schwierig, Vorräte anzulegen; die klassische Speisekammer gibt es ja auch nicht mehr. Wer einen Garten hat, sorgt vielleicht ohnehin vor. Aber gerade deshalb ist es in den Städten umso wichtiger.

Einer dieser TV-Prepper hat einen Bunker eingerichtet, mit Verpflegung und Notstrom für viele Tage. Gibt es so etwas?

Einen Bunker empfehlen wir heute nicht mehr. Im Kalten Krieg war das anders. Ein normaler Haushalt braucht auch kein Notstromaggregat, aber wer eine Landwirtschaft hat, wo Kühe gemolken, Jungtiere gewärmt werden müssen, da schon. Und jeder Haushalt sollte Vorräte anlegen für 14 Tage, sich um ein batteriebetriebenes oder Kurbel-Radio kümmern.

Gab es schon solche Situationen?

2005 kam es zu einem Schneechaos mit Stromausfall im Münsterland, das betraf rund 250.000 Menschen. Da ist es schon gut, wenn man einen Campingkocher Zuhause hat.

Im Verlauf der Handlung kommt es zum Stromausfall im ganzen Land, verübt von politisch motivierten Hackern. Ist das denkbar?

Generell haben wir in Deutschland eine sehr sichere Stromversorgung. So ein mehrtägiger Blackout würde aber zu katastrophalen Folgen führen, deswegen ja unsere Vorsorgeempfehlungen. Denken Sie an Magdeburg: Nach dem Sturm Kyrill war in großen Teilen Magdeburgs der Strom ausgefallen – all das gab es schon. Und wir haben Berichte von Cyber-Attacken auf ein ukrainisches Kraftwerk. Fazit: So etwas ist denkbar.

Nur wenige Stunden später gibt es bürgerkriegsähnliche Bilder, Gewalt, Plünderungen. Denken Sie solche Szenarien durch?

Wir gehen nach all unseren Erfahrungen davon aus, dass die Mehrzahl der Menschen sich sozial adäquat verhalten wird, dass man zusammenhält, sich gegenseitig hilft. Nur ein kleiner Teil würde sich wohl anders verhalten. Ein Beispiel: In Berlin-Friedrichshain fiel mal für zwei Stunden der Strom aus. Da wurde ein Supermarkt geplündert. Die Sicherheitsbehörden bereiten sich deshalb auf solche Szenarien vor.

Anders als von den Hackern prognostiziert, läuft das Leben nach wenigen Tagen wieder ganz normal, der Stromausfall ist behoben. Ist das denkbar?

Wenn der Strom nur einige Stunden lang ausfällt, kann alles schnell normalisiert werden. Aber nach einem mehrtägigen Ausfall können die Kraftwerke nicht so schnell wieder hochgefahren werden. Es gab einen Fall in Italien, da fiel ein Baum auf eine Stromleitung. Die Störung konnte behoben werden, jedoch ließ die Bevölkerung vor Ort ihre Klimaanlagen eingeschaltet, die unmittelbar nach der Reparatur eine Menge Strom forderten. Ein Ungleichgewicht im Stromnetz führt zu Problemen in der Stromversorgung.

Natur- oder Cyber-Attacke: Was ist gefürchteter?

Generell wäre ein Schaden größer, wenn etwas physisch kaputt ist, als nur durch einen Hacker-Angriff. Allerdings kann ja ein Hacker-Angriff eine physische Schädigung herbeiführen. So hat in einem iranischen Kraftwerk ein Cyberangriff die Zentrifugen so beschleunigt, dass sie sich selbst zerstört haben.

Und wie sieht es bei Ihnen Zuhause aus?

Ich habe natürlich Vorräte! Schon allein deswegen, weil mich Journalisten immer danach fragen. Doch Spaß beiseite: Private Notfallvorsorge und die Kenntnis über das richtige Verhalten bei Gefahr ist eine enorm wichtige Grundlage unseres gut organisierten Hilfeleistungssystems in Deutschland. Deshalb sorge auch ich für den Notfall vor.

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