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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Elly Beinhorn - Alleinflug" ZDF-Film über Flugpionierin ist kein Überflieger

Es ist eine spannende Geschichte. Junge und attraktive Pilotin kämpft in einer von Männern dominierten Welt für ihre Träume. Elly Beinhorn macht mit 21 Jahren den Pilotenschein. 1932 - mit 25 Jahren - umrundet sie als erste Frau mit dem Flugzeug die Welt. Weitere Flugrekorde folgen. Ordentlich Stoff also, für einen mitreißenden und emotionalen Film. Doch das ZDF setzte bei "Elly Beinhorn - Alleinflug" (Sonntag, 30.3., 20.15 Uhr) lieber auf das Stilmittel der Schmonzette. Schließlich läuft der TV-Streifen in der Kategorie "Herzkino".
Man kann sich von "Elly Beinhorn - Alleinflug" zwar gut unterhalten lassen. Das Zeitkolorit ist von Ausstattung und Requisite gut getroffen. Dennoch schöpft der Film das Potenzial seiner Protagonistin nicht aus.
Alleinflug mit Affäre
Bedepperte Dialoge, kitschige Landschaftsaufnahmen und die unvermeidlichen Sexszenen verwässern die wahre Leistung der Elly Beinhorn doch gewaltig. Sätze wie "Zum ersten Mal in meinem Leben überfliege ich Grenzen" oder "Das macht keinen Sinn. Alles ist so verworren", klingen hölzern und sind typisches Drehbuchdeutsch.
Als die junge Fliegerin 1931 alleine zu ihrem ersten Langstreckenflug nach Afrika aufbricht, wird der Fokus des Films auf ihr Treffen mit dem amerikanischen Piloten Moye Stephens gerichtet, mit dem sie eine heiße Liebesnacht im Wüstensand hat.
Film schöpft Potenzial nicht aus
Beinhorns größte Leistung, der Interkontinentalflug, wird in halbdokumentarischen Bildern quasi im Vorbeigehen abgehandelt. Nebenbei wird noch kurz erwähnt, dass Hitler in Deutschland die Macht ergriffen hat. Und dann auf zur nächsten Liebesgeschichte. Und diesmal wird sogar geheiratet. Denn die prominente Pilotin lernt den erfolgreichen Rennfahrer Bernd Rosemeyer kennen - beide avancieren zum Traumpaar. Das ZDF vergleicht sie in seinem Presseheft gar mit Angelina Jolie und Brad Pitt und nennt sie "Taumpaar der dreißiger Jahre". Doch der Traum ist bald aus, denn Bernd Rosemeyer stirbt bei einem Geschwindigkeitsrekordversuch.
So arbeitet sich der Film recht mühsam und oberflächlich an der Biografie Elly Beinhorn zwischen 1931 und 1939 ab. Wie sich die Pilotin als Frau in einer Männerdomäne durchsetzte, wie sie mit dem Nationalsozialismus haderte und sich doch als Idol der Jugend vor den Karren der Propaganda spannen ließ - all diese Geschichten hätte man viel mehr vertiefen können.
Beinhorn-Darstellerin Vicky Kriebs ist der Lichtblick
Einen Lichtblick hat der Film aber doch zu bieten: Es ist die Elly-Beinhorn-Darstellerin Vicky Krieps, die mit mit ihrer unbekümmerten und erfrischdenen Art über viele Schwächen des Streifens hinwegsehen lässt. Die gebürtige Luxemburgerin dürfte mit dieser Rolle ein Ausrufezeichen gesetzt und sich für weitere Filme empfohlen haben.
In weiteren Rollen sind Max Riemelt als Bernd Rosemeyer, Christian Berkel als Ernst Udet und Harald Krassnitzer als Elly Beinhorns Vater Heinrich Beinhorn zu sehen.
Elly Beinhorn, die nach dem Zweiten Weltkrieg wieder als Pilotin und Kunstfliegerin erfolgreich war, starb 2007 im Alter von 100 Jahren.