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TV-Duelle zur Bundestagswahl: Jetzt läuft es aus dem Ruder


Streit um TV-Duelle
Jetzt läuft es aus dem Ruder


Aktualisiert am 12.02.2025 - 12:16 UhrLesedauer: 1 Min.
Bundeskanzler Olaf Scholz (l.) und Friedrich Merz vor dem TV-Duell von ARD und ZDF. 90 Minuten dauerte das erste Aufeinandertreffen im Studio Berlin-Adlershof. Es war bei Weitem nicht das Letzte vor der Wahl.Vergrößern des Bildes
Bundeskanzler Olaf Scholz (l.) und Friedrich Merz vor dem TV-Duell von ARD und ZDF. 90 Minuten dauerte das erste Aufeinandertreffen im Studio Berlin-Adlershof. Es war bei Weitem nicht das Letzte vor der Wahl. (Quelle: Michael Kappeler)
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TV-Duelle zur Bundestagswahl: Orientierungshilfe oder schlichte Überforderung? Die Vielzahl an Formaten stellt Wähler und Kandidaten auf die Probe.

Der Wahlkampf zur Bundestagswahl 2025 geht in die finale Phase – und mit ihm eine regelrechte Flut an TV-Duellen und Diskussionsrunden. In zunehmender Taktung treffen die Spitzenkandidaten aufeinander, um ihre Positionen zu präsentieren.

Friedrich Merz und Olaf Scholz ohne Robert Habeck und Alice Weidel, Merz und Scholz mit Habeck und Weidel, dann die Spitzenkandidaten der kleineren Parteien unter sich – das heißt dann Duell, Quadrell, Wahlforum, Bürger-Speeddating oder Schlussrunde.

Neben den TV-Shows gibt es dann auch noch Talks und Diskussionen auf YouTube, TikTok und weiteren Plattformen. Öffentlich-rechtliche Sender, Privatsender und Online-Medien liefern immer neue Gelegenheiten, um die Kandidaten gegeneinander antreten zu lassen.

Kritiker warnen daher vor einer Überforderung der Wähler und einem drohenden "TV-Duell-Overkill", der die öffentliche Aufmerksamkeit eher zersplittert als bündelt.

Die entscheidende Frage lautet:

Sind die zahlreichen TV-Duelle zur Bundestagswahl 2025 noch zu ertragen?

Pro
Florian Wichert
Florian WichertStellvertretender Chefredakteur

Ja, die Formate sind doch ein Geschenk

Mehr Wettbewerbe, mehr hochklassige Duelle, mehr Ramba-Zamba – kommt Ihnen das auch bekannt vor? In der Politik ist es wie im Fußball. Und auch hier wird viel genölt über diesen angeblichen Overkill.

Schluss mit dem Gejammer. Denn sowohl im Fußball als auch in der Politik geht es um funktionierende Geschäftsmodelle, um viel Geld, und: ja, es geht um Unterhaltung. Und das Interesse ist ganz offensichtlich da.

In der Politik kommt noch etwas hinzu. Eine Wahl ist kein Fußballspiel, bei dem es egal ist, wie das Ergebnis zustande gekommen ist und wer den Ball am Ende der 90 Minuten über die Torlinie gedrückt hat. Wahlen und Demokratie sind anspruchsvoll, komplex – und leben davon, dass die Menschen dran bleiben, sich mit Kandidaten intensiv auseinandersetzen.

Noch nie gab es so viele unentschlossene Wähler. Noch nie wurde so viel über Politik gesprochen. Und noch nie gab es bessere Bedingungen, sich ein Bild zu machen, hinter die Fassade der Kandidaten zu blicken und die Positionen zu durchdringen. In TV-Shows stolpern auch Profis mal über eine ungeschickte Formulierung, zeigen Emotionen. Das ist authentisch, spannend, aufschlussreich.

Mehr Formate, mehr Erkenntnisse, mehr Meinungsbildung – bessere Chancen für eine kluge Wahlentscheidung. Es ist doch ein Geschenk.

Kontra
Philipp Michaelis
Philipp MichaelisBereichsleiter Aktuelles

Nein. Von wegen Duell. Das ist wilde Ballerei.

Das Schönste am Western ist das Duell. Zwei Helden auf der Hauptstraße. Die ganze Stadt schaut zu. Atemlose Stille. Dann wird’s laut – wenn sich der Pulverdampf verzieht, hat einer gewonnen. Im Idealfall der, dem man die Daumen gedrückt hat. John Wayne und Gary Cooper stehen sich nicht siebenmal pro Film Auge in Auge gegenüber, und schon gar nicht knallen noch viermal Burt Lancaster und Kirk Douglas mit.

In den USA, wo der Western geboren wurde, hat die Politik den Gedanken gerettet, dass ein Duell etwas Entscheidendes, sogar halbwegs Einmaliges bleibt. Die TV-Duelle vor der Präsidentschaftswahl sind groß. Und deshalb rar. In Deutschland dagegen braucht jeder Sender außer Eurosport seinen eigenen großen Kanzler-Showdown.

Das streichelt die Seelen der Funkhaus-Chefs, die um Bedeutung und Quoten zanken. Dem Wähler bringt das am Ende gar nichts. Kein Profil der Kandidaten wird schärfer. Keine Entscheidung für den Wähler leichter. Hechelnd hetzen Scholz, Merz und all die anderen "Kanzlerkandidaten" vor jede Kamera, über der ein Rotlicht leuchtet. Nach dem Duell ist vor dem Duell, und dazwischen ist dauernd "Quadrell", falls das ein Wort ist.

Der Showdown ist so nur Show. Das Duell reiner Selbstzweck. Wilde Ballerei in alle Richtungen, jeder gegen jeden. Und wer verliert: Was soll's? Staub von der Weste klopfen, Cowboyhut richten, morgen geht's weiter. Wiederholung nimmt dem Duell den Sinn. Nicht nur im Western. Auch in der Politik. Deutschland muss seine Duellkultur überdenken. Weniger. Entscheidender. So geht das nicht weiter.

 
 
 
 
 
 
 

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Verwendete Quellen
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