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Ralf Schumacher feiert Coming-out: Sollten wir das überhaupt zelebrieren?


Ralf Schumacher liebt einen Mann
Diese "Normalität" ist eine Utopie

Pro & KontraVon Charlotte Koep, Mario Thieme

16.07.2024Lesedauer: 1 Min.
Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

Ralf Schumacher: Der ehemalige Formel-1-Rennfahrer ist mit einem Mann zusammen.Vergrößern des Bildes
Ralf Schumacher: Der ehemalige Formel-1-Rennfahrer ist mit einem Mann zusammen. (Quelle: IMAGO/Eberhard Krieger)

Nach zwei Jahren lüftet Ralf Schumacher ein Geheimnis: Er hat einen Lebensgefährten. Die Öffentlichkeit feiert ihn für seinen Mut. Doch sollten wir das Thema wirklich so sehr aufbauschen?

Ralf Schumacher bekennt sich elf Jahre nach Ende seiner Karriere öffentlich zu seiner Homosexualität. Seit zwei Jahren lebt der ehemalige Formel-1-Rennfahrer in einer festen Beziehung. Am Sonntagabend postete er ein erstes Foto mit seinem Partner Etienne und zog damit die volle Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich. Das Medienecho ist seitdem groß. Fans, Stars und die queere Community feiern das Coming-out.

Doch einen störte der riesige Wirbel offenbar: Linken-Politiker Dietmar Bartsch beschwerte sich in einem mittlerweile gelöschten Post: "Warum am Tag des Endspiels der Fußball-EM, des Wimbledon-Finales? Normalität bitte, nicht 'zelebrieren'." Hat er recht oder sollte die Gesellschaft in der heutigen Zeit noch Coming-outs feiern?

Pro
Charlotte KoepRedakteurin Unterhaltung

Diese "Normalität" ist eine Utopie

Herr Bartsch hat recht: Ein Coming-out sollte längst "normal" sein. Doch offen homosexuell lebende Menschen sind nun mal immer noch nicht "Normalität". Wir leben nicht in einer Welt, in der sich Menschen ohne Bedenken outen können. Wieso sonst hat Ralf Schumacher seine Beziehung zwei Jahre lang geheim gehalten? Wieso sonst lebte er bis zu diesem Sonntag öffentlich als heterosexueller Mann?

Homosexuelle Menschen sind bis heute Anfeindungen, Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt. Allein im vergangenen Jahr gab es in Deutschland laut Polizeistatistik 1.499 erfasste Delikte gegen die sexuelle Orientierung. Zum Vergleich: 2022 waren es 1.005 Übergriffe, 2021 noch 870.

Nachdem Ralf Schumacher sich auf Instagram geoutet hatte, fanden sich zwischen Gratulationen und positiven Nachrichten auch Kommentare wie: "Was ist bloß aus den Männern von heute geworden?" oder "Ich finde es nicht okay". Das zeugt nicht von einer wie auch immer gearteten "Normalität".

Gerade für Menschen wie Ralf Schumacher ist das Coming-out ein großer Schritt. Personen der Öffentlichkeit stehen unter einem noch höheren Druck. Sie outen sich nicht nur vor ihrer Familie und ihren Freunden, sondern vor der ganzen Welt. Insbesondere im Profisport sind Coming-outs sehr selten. Ralf Schumacher ließ nach seiner Karriere Jahre verstreichen, ehe er sich outete. In der Fußballbundesliga der Männer gibt es bis heute keinen einzigen offen homosexuellen Spieler. Das zeigt doch, wie weit der Weg zu dieser "Normalität" noch ist.

Coming-outs sollten daher weiterhin zelebriert werden – laut, damit jeder es hört, jeder hasserfüllte und homophobe Mensch da draußen. Und jeder, der noch zu viel Angst hat, sich zu outen.

Zelebrieren ist ein Weg hin zu mehr Akzeptanz – und einer "Normalität", die sich Millionen Menschen wünschen.

Kontra
Mario ThiemeCommunity-Redakteur

Was normal ist, muss nicht gefeiert werden

Ralf Schumacher ist zu beglückwünschen, dass er einen Partner gefunden hat, mit dem er "alles teilen kann", wie er selbst schreibt. Auch dass er für die homosexuelle Beziehung viel Zuspruch von Angehörigen und Fremden erhält, ist erfreulich. Schließlich trat der 49-Jährige jahrzehntelang heterosexuell auf. Die Unterstützer vermitteln ihm die freundliche Botschaft: "Wir freuen uns für dich und stehen hinter dir." Das ist toll.

Unabhängig von Schumachers speziellem Fall ist Dietmar Bartschs Aussage "Normalität bitte, nicht 'zelebrieren'" richtig: Homosexualität ist im Jahr 2024 normal und muss nicht mehr mit Coming-outs kundgetan, geschweige denn gefeiert werden.

Laut aktuellen Umfragen befürwortet die Mehrheit der Bürger die Ehe für alle. Gleichzeitig ist die Ansicht, das eigene Geschlecht zu begehren sei unmoralisch, in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zurückgegangen. Trotz mancher noch stattfindenden Anfeindungen sind Homosexuelle gesellschaftlich angekommen. Das zeigen nicht nur die liberaleren Einstellungen der Bevölkerung, sondern auch die konkreten Lebensweisen vor allem junger Menschen. Der Ipsos Pride Studie aus dem Jahr 2023 zufolge identifiziert sich jeder Fünfte nach 1997 Geborene hierzulande als nicht heterosexuell. Das ist auch möglich, weil ein grundsätzlich diskriminierungsarmes Gesellschaftsklima herrscht.

Fast jeder zweite Deutsche findet, Homosexuelle sollten aufhören, "so einen Wirbel um ihre Sexualität zu machen". Ein Wert, der zu denken geben sollte. Nicht etwa, weil diese Hälfte der Bevölkerung latent homophob wäre, wie es die Antidiskriminierungsstelle leider interpretiert, sondern weil die queere Community für etwas kämpft, was schon erreicht ist und viele den regenbogenfarbenen Aktivismus deswegen inzwischen anstrengend finden. Was normal ist, muss nicht gefeiert werden.

 
 
 
 
 
 
 

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