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Scorpions im Interview: "In Deutschland ist man ein wenig ängstlich"


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Scorpions
"Ohne Herrn Lauterbach kann man den Tag nicht verbringen"

InterviewVon Sebastian Berning

02.03.2022Lesedauer: 5 Min.
Die Scorpions 2021 (v.l.): Matthias Jabs, Mikkey Dee, Klaus Meine, Paweł Mąciwoda und Rudolf Schenker.Vergrößern des Bildes
Die Scorpions 2021 (v.l.): Matthias Jabs, Mikkey Dee, Klaus Meine, Paweł Mąciwoda und Rudolf Schenker. (Quelle: Marc Theis)
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Sie sind der erfolgreichste Musikexport Deutschlands. Auf alten Glanztaten wollen sich die Scorpions nicht ausruhen, starten mit einer neuen LP durch. Mit t-online sprechen sie über deutsche Arbeitsweisen und verraten, warum man sich wegen Corona keine Sorgen machen darf.

1972, sieben Jahre nach ihrer Gründung, veröffentlicht eine junge Band aus Hannover das Album "Lonesome Crow". Der Erfolg ist mäßig, aber die Scorpions erspielen sich schnell einen Namen. Musikalisch hat das Debüt noch nicht so viel mit dem Hard Rock zu tun, für den sie wenige Jahre später in den USA und dem Rest der Welt zu Superstars werden. Mit Alben wie "Lovedrive", "Blackout" oder "Love at First Sting" folgen ab Ende der 1970er dann endlich international die großen Erfolge. Bis heute sind Songs wie "Rock You Like a Hurricane" oder "Still Loving You" zeitlose Klassiker.

Im Gespräch mit t-online blicken Sänger Klaus Meine und die beiden Gitarristen Rudolf Schenker und Matthias Jabs auf über ein halbes Jahrhundert Rock'n'Roll-Geschichte zurück. Sie sprechen über das Hier und Jetzt, in dem sie mit "Rock Believer" eine neue Platte veröffentlichen, und wagen außerdem einen kleinen Ausblick in die Zukunft, was Konzerte betrifft.

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t-online: Hätten Sie vor über 50 Jahren gedacht, dass aus der Band eine Lebensaufgabe werden würde?

Rudolf Schenker: Nur daran denken darf man dabei nicht. Sondern: Man muss etwas wollen und sich ein Ziel setzen. Und das haben wir bei der Gründung schon gesetzt, als wir uns entschieden, "Scorpions" mit c und nicht mit k zu schreiben. Wir wollten nicht nur in Deutschland spielen, sondern auf der ganzen Welt.

Gab es Zweifel zu Beginn der Karriere?

Als wir Mitte 20 waren, haben einige gefragt, ob wir nicht lieber etwas Vernünftiges machen wollten. Es ging uns damals aber nicht darum, Geld zu verdienen, sondern Musik zur Lebensaufgabe zu machen.

Das ist schon ein sportliches Ziel gewesen, oder? Eine Band aus Hannover, die um die Welt tourt ...

Ich hatte damals schon in diese Richtung gedacht, aber ich habe es nicht laut ausgesprochen (lacht). Wir gingen unsere Karriere ziemlich deutsch an. Wir haben vieles geplant. Und wir haben sehr hart an der Karriere gearbeitet.

Resümieren Sie manchmal, welch Weltkarriere in den letzten 50 Jahren geschaffen wurde?

Klaus Meine: Wir blicken lieber nach vorne. Damit haben wir genug zu tun (lacht). Dass unser erstes Album schon 50 Jahre zurückliegt, das wurde uns erst vor Kurzem bewusst. Das ist echt verrückt. So etwas ist aber nur ein kurzer Moment. Ich bin lieber im Hier und Jetzt. Mit dem neuen Album "Rock Believer" haben wir genug zu tun.

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Woher kam der Elan, noch einmal ein Album zu schreiben?

Meine: 2018 saßen wir mit einem Die-Hard-Fan zusammen. Der meinte, es wäre eine coole Sache, wenn wir noch ein Album wie "Blackout" machen würden. Na ja, leichter gesagt als getan (lacht).

Wenn ich Ihnen sage, dass "Rock Believer" aber sehr nach "Blackout" oder "Love at First Sting" klingt, sehen Sie den Verweis auf die 80er als Kompliment an?

Matthias Jabs: Auf jeden Fall! Gerade mit diesen beiden Alben haben wir unseren Sound gefunden und große Erfolge feiern können. Produzenten biegen einen immer ein bisschen in eine bestimmte Richtung. Dieses Mal konnten wir aufgrund der Pandemie nur die Vorproduktion mit einem amerikanischen Produzenten machen. Die eigentliche Arbeit haben wir in Hannover selbst übernommen.

Bands wie Kiss oder Kraftwerk sagen ganz offen, dass sie kein neues Material aufnehmen, weil die Fans das nicht hören wollen. Daher spielt man live nur die Klassiker. Sie sehen das offensichtlich anders, aber steckt in der Aussage ein Fünkchen Wahrheit?

Schenker: Klar, im Konzert stehen die Klassiker im Mittelpunkt. Aber ich bin davon überzeugt, dass auch Bands, die schon lange dabei sind, mit neuer Musik on Stage Anklang finden. Wir werden im März in Las Vegas als Residency (eine eigene Konzertreihe in einem Hotel, Anm . d. Red.) mehrere Konzerte spielen und nehmen neue Songs ins Programm. Das wird eine Probe aufs Exempel, ob die neuen Nummern neben den alten bestehen können.

Meine: In den sozialen Netzwerken lesen wir oft, dass die Fans sich eine neue Setlist wünschen. Ich glaube schon, dass man nach so vielen Jahren noch Neues machen kann, um es auch für die Fans interessant zu halten.

Sie klingen optimistisch, was die Konzerte betrifft. Im Frühsommer wollen Sie durch Europa touren.

Jabs: Wir wissen, dass die Las-Vegas-Konzertreihe stattfinden kann. In den Staaten ist, was den Livesektor angeht, mehr Bewegung als in Europa oder speziell in Deutschland. Man ist hier ein wenig ängstlich und hat das Gefühl, dass man ohne Herrn Lauterbach gar nicht mehr den Tag verbringen kann (lacht). Die Erfahrung aus dem letzten Jahr ist, dass die Lage im Sommer entspannter ist. Zudem sind große Teile der Bevölkerung schon geboostert. Eine Garantie gibt es natürlich dennoch nicht.

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Peter Maffay hat gerade zum vierten Mal seine Tour verschoben. Er sagte mir in einem Interview, dass er sich große Sorgen mache, wie er seine Mitarbeiter unterstützen kann. Wie sieht die Situation im Scorpions-Lager aus?

Schenker: Entscheidend ist, was Sie gerade gesagt haben. Man macht sich Sorgen. Warum? Statt sich Sorgen zu machen, sollte man diese negative Energie in positive umwandeln.

Was meinen Sie damit?

Schenker: Hinter jedem Negativ steht ein Positiv und umgekehrt. Wenn man versucht, aus etwas Negativem etwas Positives rauszuholen, ist man sofort im Plus. Sorgen machen ist vergeudete Energie.

Meine: Das stimmt, aber dennoch sieht die Realität so aus, dass viele Crewmitglieder sich andere Jobs suchen mussten und jetzt beispielsweise Taxi fahren. Sie müssen halt über die Runden kommen. Tourneen werden verschoben oder abgesagt. Das ist für die Band vielleicht auszuhalten, aber leider nicht für den Toningenieur oder Lichttechniker.

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Schenker: Wir haben uns auch um unsere Crew gekümmert und versucht zu helfen, so gut es geht.

Meine: Wir müssen einfach wieder zur Normalität kommen. Das hilft allen am meisten. Es würde uns auch hart treffen, wenn wir noch ein weiteres Jahr warten müssten, bis wir auf Tour gehen können.

Konzerte hatten Sie während der Pandemie keine angekündigt.

Meine: Nein. Wir haben die Zeit genutzt, um "Rock Believer" einzuspielen. Wir haben Glück und nach 50 Jahren nicht zu viele Probleme, auch mal eine längere Auszeit durchzustehen. Für junge Künstler hingegen, die gerade ihre Karriere gestartet haben, sind das natürlich katastrophale Zeiten. Diesen Musikern gehört unsere Solidarität.

Wären Sie gerne noch mal 20 und würden genau jetzt die Karriere starten wollen?

Schenker: Oh, nein. Das haben wir hinter uns! Wir hatten die beste Zeit, um unsere Karriere aufzubauen. Dafür kann man sich eigentlich nur beim Schicksal bedanken.

Meine: Ich glaube, es spricht für die Qualität dieser Band, dass wir all nach all den Jahren immer noch motiviert sind. Heute definiert sich Erfolg über Klickzahlen bei Spotify. Heute sind die Vermarktungswege ganz andere.

Anders gut oder anders und schlecht?

Meine: Die Vermarktungsstrategien sind tatsächlich für uns etwas ungewohnt. Das überlassen wir unserem Label, dessen Mitarbeiter sich mit den aktuellen Gegebenheiten besser auskennen als wir.

Erwartet man da heute noch eine Gold- oder Platinauszeichnung?

Meine: Wir haben "Rock Believer" nicht aufgenommen, um Millionen von Platten zu verkaufen. Es geht uns heute um die Leidenschaft, die Lust, es noch einmal allen zu zeigen und einfach mit unseren Fans zusammen abzurocken.

Verwendete Quellen
  • Eigenes Interview
  • Instagram-Profil der Scorpions
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