Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Schon gehört? Der Soundtrack der Woche (9. Oktober 2020)
In der Flut von neuen Alben und Neuauflagen alter Klassiker kann man schon mal den Überblick über die Musiklandschaft verlieren. t-online hat dafür offene Ohren und gibt Ihnen Lauschtipps.
Bei Spotify, Apple Music und Co. wird man mit Neuerscheinungen schier überfordert. Playlists aktualisieren sich ständig, nicht alles darin gefällt und überhaupt ist das Album doch das viel schönere Format. Wenn Sie mal wieder richtig Lust auf neue Sounds haben, Ihnen aber die Zeit fehlt, sich durch die Veröffentlichungen der Woche zu hören, stimmt t-online Sie mit der wöchentlichen Rubrik "Schon gehört" (jeden Freitag) ein. Hier gibt es die besten, wichtigsten und skurrilsten Alben für die nächsten sieben Tage.
Black Sabbath – Paranoid (50th Anniversary Edition)
Vor 50 Jahren legten Ozzy Osbourne, Tonny Iommi, Geezer Butler und Bill Ward mit "Paranoid" einen absoluten Meilenstein und Grundpfeiler für den sich langsam entwickelnden Heavy Metal vor. Passend zum halben Jahrhundert "Paranoid" gibt es nun das üppige Deluxe-Set.
Muss man über das Album noch viele Worte verlieren? Den knackigen Rocker "Paranoid" kennt jeder, das langsame Riff von "Iron Man" ist noch heute ein absolutes Headbanger-Highlight, die nahezu nur auf Gesang basierende Strophe von "Hand of Doom" ist ein Klassiker. "Planet Caravan" ist eine zeitlose Kiffer-Ballade, die selbst Pantera in den 90ern gecovert haben. Kennt man, liebt man. Das Album gibt es obendrein noch als den "Quadradisc Mix in Stereo" von 1974. Die Unterschiede sind marginal. Oder ich zu taub.
Wirklich interessant sind die beiden Liveaufnahmen von 1970. Einmal ein Konzert aus Brüssel, einmal eines aus Montreux. Hier gibt es Black Sabbath in Urgestalt. Nur Songs der ersten beiden Alben. Die Hits von "Paranoid", aber auch Granaten vom selbstbetitelten Debüt wie das teuflische "N.I.B." oder die Doom-Walze "Black Sabbath". Top" In der schön aufgemachten CD- oder LP-Box gibt es noch ein üppiges Buch mit vielen Interviews und Fotos zu bestaunen.
"Paranoid" ist und bleibt ein Album für die Ewigkeit, welches man mindestens einmal in der heimischen Sammlung stehen haben sollte.
Linkin Park – Hybrid Theory (20th Anniversary Edition)
Und ab zum nächsten Boxset zum Geburtstag. Dieses Album ist noch etwas jünger: "Hybrid Theory", das Debütalbum von Linkin Park wird 20. Mannomann, da fühle auch ich mich alt und erinnere mich, wie ich bei "MTV Brandneu" die deutsche Videopremiere von "One Step Closer" im TV gesehen habe. Das hatte mich sofort gepackt. Mama musste mich am Release-Tag nach der Schule prompt zum Saturn fahren. Doch die Fahrt hat sich gelohnt!
In diesem Boxset enthalten ist nicht nur das bahnbrechende Debüt der einstigen Nu-Metal-Stars, sondern auch das Remixalbum "Re:animation" und eine Zusammenstellung mit B-Seiten, Demos und Livematerial. Auch die "Hybrid Theory EP", die man als unbekannte Band selbst aufgenommen hat, ist enthalten und zeigt so die ganz frühen Tage der späteren Megaseller.
Fans haben hier die Auswahl zwischen einem Super-Deluxe-Set mit diversen LPs und CD, ein schickes 3-LP-Set (Album, "Re:animation" und B-Seiten) oder Doppel-CD (nur die B-Seiten als Bonus).
The Doors – Morrison Hotel (50th Anniversary Edition)
Uuuuuuuuund es gibt noch ein dickes Jubiläums-Boxset. Das fünfte Album der Kultband The Doors, "Morrison Hotel", feierte im Februar ebenfalls seinen 50. Geburtstag.
Ähnlich wie bei "Paranoid": Viele Worte über das eigentliche Album muss man nicht verlieren. "Morrison Hotel" war nach dem etwas überladenen Vorgänger "The Soft Parade" wieder mehr back-to-the-roots. Große Hits waren keine enthalten, auch wenn "Roadhouse Blues" wohl einer der heute bekanntesten Songs von Jim Morrison und Co. waren.
Als Bonus gibt es dann wieder viele Outtakes, Demos und Liveaufnahmen der Bad Boys der späten 60er Jahre. Von "Queen of the Highway" gibt es neun verschiedene Takes aus den Recording-Sessions. Das hat schon Charme, aber wie oft hört man sich an, dass sich Mitglieder verspielen oder den Song abbrechen? Eben.
Aber es gibt wohl einen harten Kern von Doors-Fans, die sich auch bei jedem Record Store Day ein neues Livealbum der Band holen. Für diejenigen ist dieses Set wohl fast schon der Heilige Gral. Für den durchschnittlichen Hörer, der gerne mal die Doors-LPs im Schrank stehen haben will, reicht wohl die normale Platte.
Ali As – Dali
Von den Sounds der Vergangenheit wieder ins Hier und Jetzt. Mit "Dali" veröffentlicht Deutschrapper Ali As sein neues Album. "Ich fühl mich wie Dali, Beruf Genie, seiner Zeit voraus, weil er in die Zukunft sieht", rappt Ali As im Titeltrack. Nun, musikalisch geht es jetzt mehr in Richtung Trap und man kann schon deutliche Parallelen zu anderen aktuellen Rappern wie Apache 207 ziehen. Smoothe Beats, teilweise geistreiche Lyrics (auch hier wird mal Bezug auf Black Sabbath genommen – das kam unerwartet).
Man muss aber auch sagen, dass 17 Songs in 46 Minuten vielleicht auch etwas too much sind. Dafür bewegt sich Ali As zu oft auf dem gleichen musikalischen Pfad.
Carla Bruni – Carla Bruni
Mit ihrem selbstbetitelten Album meldet sich die ehemalige First Lady Frankreichs zurück. Carla Bruni wird nun ganz romantisch. Die Französin bietet auf dieser Platte meist balladeske Töne. Diese vertont sie auf Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch.
Was jedoch auffällt ist, dass viele Nummern etwas bieder sind. Ja, die Carla kann singen und auch die ein oder andere Melodie bleibt im Gehör. Aber gerade bei Balladen oder Folk-Nummern kommt es auf viel Herzblut an und das fehlt mir hier ein bisschen. "Quelque chose", der Opener der LP, geht mit seinem etwas flotteren Tempo gut rein. Das Niveau wird schon beim zweiten Track "Un secret" nicht gehalten. Vielleicht ist es Carla auch "un secret", wie man viel Gefühl in die Songs legt?
Verstehen Sie mich nicht falsch. "Carla Bruni" ist fabelhafte Musik als Hintergrundbeschallung, aber Tiefgang fehlt dem Album schon.
Touché Amoré – Lament
Hier mal wieder ein heißer Tipp: "Lament" das fünfte Album der melodischen Hardcore-Truppe Touché Amoré. Nach dem etwas sanften, aber höchst emotionalen "Stage Four" meldet sich der US-Fünfer eindrucksvoll zurück. Schon die ersten Nummern gehen gut ins Ohr und unter die Haut.
Den etwas gemäßigteren Sound mit The-Smiths-Gedächtnis-Gitarren, den man schon auf "Stage Four" kredenzte, behält die Band auch 2020 bei. Schön abwechslungsreich, schön eingängig, schön griffig. Die ungestüme Wut der ersten beiden modernen Klassiker "...To the Beat of a Dead Horse" und "I'm Parting The Sea Between Brightness and Me" ist echten Liedern gewichen. Und das steht dieser Gruppe unfassbar gut! Hören Sie nur mal in "Feign", welches der Kultband At the Drive-In Tribut zollt. Oder "Reminders", welches sich viel bei Sonic Youth abgeschaut hat.
Necrophobic – Dawn of the Damned
30 Jahren machen die Schweden Necrophobic nun schon Krach. Dezent melodischer Death Metal schwedischer Prägung mit einer Prise Black Metal wird auch auf "Dawn of the Damned" geboten. Große Überraschungen gibt es hier keine, dafür gewohnt gute Kost.
Die zehn Nummern wirken wie aus einem Guss, das Niveau der Headbanger-tauglichen Tracks ist gleich hoch und die 46 Minuten Spielzeit gehen gut vorbei. "Darkness Be My Guide" walzt alles nieder, "Black Mirror" rumpelt schön düster aus den Boxen. Highlight ist jedoch "As the Fire Burns", welches mit extrem guten Leadgitarren aufwarten kann. Viel zu motzen gibt es da nicht.
Tears For Fears – The Seeds of Love
Und zum Abschluss was Poppiges. Und noch einmal was Altes. "The Seeds of Love" ist nämlich das dritte Album der Synthie-Popper Tears For Fear von 1989. Zu dem Zeitpunkt war die Band durch Hits wie "Mad World" und natürlich das unsterbliche "Shout" schon sehr berühmt. Und 1989 konnten die "Seeds of Love" noch ordentlich sprießen.
Auch künstlerisch keimte einiges in dem Duo auf. Einflüsse aus Jazz und Baroque Pop traten in den Vordergrund. Tanzbar und poppig blieb die Band dennoch. In England reichte das für Platz 1 der Charts, in Deutschland für Nummer 5. Und das obwohl keine große Single auf dieser LP zu hören war. Trotzdem war das Niveau der Songs mehr als ordentlich.
Nun gibt es die Platte als schönes Remaster zu hören. Soundtechnisch tut das dem Album gut. Bei vielen Varianten des Re-Releases liegen B-Seiten und Remixe bei.
Alle Alben sind am 9. Oktober in digitaler sowie physischer Form erschienen. Haben Sie "Schon gehört", wer nächste Woche dabei sein wird? Katie Melua hat eine Neue. Die Eagles bringen ein Livealbum raus und Mötley-Crüe-Drummer und Pamela-Anderson-Ex Tommy Lee macht jetzt Electro. Wir hören uns wieder!