"Kein Titel drängt sich sofort auf" Diese Romane gehen ins Rennen um den Deutschen Buchpreis
Beim Wühlen durch 199 neue Romane hat die Jury "überraschende Entdeckungen" gemacht. Auch die Longlist zum Deutschen Buchpreis ist wieder ein Überraschungspaket.
Auf der Liste der Nominierungen für den besten deutschsprachigen Roman des Jahres stehen bekannte Autoren wie Maxim Biller oder das einstige literarische "Enfant terrible" Helene Hegemann.
Arno Geiger, der 2005 als erster Autor den Deutschen Buchpreis gewann, darf sich erneut Hoffnungen machen. Mit dem im Januar erschienenen Roman "Unter der Drachenwand" steht der Österreicher auf der Longlist.
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Angelika Klüssendorf ("Jahre später") hat es mit der Fortsetzung ihres Romanzyklus über das in der DDR aufgewachsene Mädchen April erneut auf die Longlist geschafft. Sie stand in den vergangenen Jahren sogar zweimal schon auf der Shortlist.
Lage der Welt brennt unter den Nägeln
"Die Lage der Welt scheint den deutschsprachigen Autorinnen und Autoren auf den Nägeln zu brennen", sagt Jurysprecherin Christine Lötscher. "Ihre Romane versuchen diese Fragen in der ganzen poetischen Tiefe auszuloten, indem sie ihre Figuren als Reisende, Suchende oder Vertriebene ihre Vergangenheit und Gegenwart erkunden lassen."
Das gilt auch für Maxim Biller, der vor wenigen Tagen mit "Sechs Koffer" eine jüdische Familiengeschichte vorgelegt hat, die ihm bereits begeisterte Kritiken in den Feuilletons einbrachte. Auffällig an der Liste ist aber vor allem, dass zwölf Frauen und acht Männer nominiert sind – im vergangenen Jahr war es vom Geschlechterverhältnis fast umgekehrt. Ein Indiz dafür, dass es nach vier männlichen Siegern beim Deutschen Buchpreis hintereinander mal wieder an der Zeit für eine Frau wäre, wie der Frankfurter Germanistikprofessor Heinz Drügh sagt.
Shortlist kommt am 11. September
Unter den Autorinnen hätte sich der Literaturwissenschaftler vor allem den neuen Roman von Karen Duve, deren vorhergehendes Buch verrissen wurde, auf der Liste gewünscht. Jetzt sind für ihn neben Hegemann auch Nino Haratischwili ("Die Katze und der General") oder die Schweizer Newcomerin Gianna Molinari mit ihrem Debüt ("Hier ist noch alles möglich") Kandidatinnen für die sechs Titel umfassende Shortlist. Diese wird am 11. September veröffentlicht, bevor dann am 8. Oktober zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse der Sieger verkündet wird.
Die 26-jährige Hegemann, die vor acht Jahren mit "Axolotl Roadkill" für heftige Diskussionen sorgte, legt in wenigen Tagen ein Buch ("Bungalow") über die radikale Selbstfindung eines Mädchens vor. Haratischwili, die aus dem diesjährigen Buchmesse-Gastland Georgien stammt, hatte vor vier Jahren bereits ein fast 1.300 Seiten langes Familienepos vorgelegt – war damals aber zum Entsetzen vieler Kritiker nicht für den Buchpreis nominiert worden.
Leichte Titel hatten es schwer
Ein "sehr offenes Feld" sieht in diesem Jahr Kritiker Rainer Moritz. "Es gibt keinen Titel, der sich sofort aufdrängt", sagt der Leiter des Hamburger Literaturhauses. Als Geheimfavorit hat er für sich den in wenigen Tagen erscheinenden Teneriffa-Roman von Inger-Maria Mahlke ("Archipel") ausgemacht. "Die leichten Titel hatten es dieses Mal schwer", bedauert er.
Weitere Nominierte
Auch Carmen-Francesca Banciu ("Lebt wohl, Ihr Genossen und Geliebten!") , María Cecilia Barbetta ("Nachtleuchten"), Susanne Fritz ("Wie kommt der Krieg ins Kind"), Franziska Hauser ("Die Gewitterschwimmerin"), Anja Kampmann ("Wie hoch die Wasser steigen"), Gert Loschütz ("Ein schönes Paar"), Adolf Muschg ("Heimkehr nach Fukushima"), Eckhart Nickel ("Hysteria"), Josef Oberhollenzer ("Sültzrather"), Susanne Röckel ("Der Vogelgott"), Matthias Senkel ("Dunkle Zahlen"), Stephan Thome ("Gott der Barbaren") sowie Christina Viragh ("Eine dieser Nächte") dürfen sich freuen. Sie stehen ebenfalls auf der Longlist.