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Nora Tschirner: "Es war ein ziemlicher Druck für mich"


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Neuer Film mit Nora Tschirner
"Es war ein ziemlicher Druck für mich"

InterviewVon Janna Halbroth

Aktualisiert am 04.09.2019Lesedauer: 6 Min.
Nora Tschirner: Die Schauspielerin spielt im Film "Gut gegen Nordwind" ihre Lieblingsfigur.Vergrößern des Bildes
Nora Tschirner: Die Schauspielerin spielt im Film "Gut gegen Nordwind" ihre Lieblingsfigur. (Quelle: imago images / Future Image)

"Und bitte!", dieser Ausruf ertönte beim Dreh zur Romanverfilmung von "Gut gegen Nordwind" immer und immer wieder. t-online.de besuchte das Team am Set und sprach mit Nora Tschirner über ihre wohl schwierigste Rolle.

Ausnahmezustand in einem Restaurant in Köln. Hier wird ein Film gedreht. Nicht irgendein Film – es ist die Geschichte, die vor 13 Jahren Millionen Leser beschäftigt hat. Hier wird nämlich "Gut gegen Nordwind" gedreht. 2006 feierte Autor David Glattauer mit der Geschichte von Leo und Emmi Erfolge, jetzt bekommen seine Romanfiguren ein Gesicht.

Bei Hauptfigur Emmi ist es das von Nora Tschirner. t-online.de trifft die Schauspielerin zwischen Drehszenen, zwischen Maskenbildnern, zwischen Statisten, zwischen Schauspielern und der Regisseurin. Sogar Autor Daniel Glattauer ist an diesem heißen Tag im März 2018 da.

Wir dürfen zusehen, wie eine Szene gedreht wird. Sie spielt in einem Restaurant. Alexander Fehling, der auch schon in diversen Hollywoodfilmen und Serien mitgewirkt hat, sitzt an einem der Tische. Kellner laufen umher. Abseits der Kamera kommt eine Frau angelaufen. Sie hält etwas in ihrer Hand, es glitzert. "Hier", ruft sie außer Atem einem der Schauspieler, der als Kellner verkleidet ist, zu. "Probier den mal aus." Es ist ein funkelnder Ohrring. Der junge Mann sticht sich das Teil ins Ohr, es ist ganz klein, kaum sichtbar. Wofür die ganze Aufregung? Im Buch wird das Restaurant als modern, die Kellner als hip beschrieben. Am Set achtet man wirklich auf jedes Detail.

Nora Tschirner ist bei der Szene nicht dabei. Sie kommt erst später dazu und ist kaum zu übersehen. Die 38-Jährige trägt einen hellen Sommermantel, ist kaum geschminkt und fällt mit etwas anderem auf. Wo sie steht, wird gelacht. Oft ist es ihre eigene Lache, die über Meter hinweg durch den Raum hallt. Sie wirkt gut gelaunt und unglaublich entspannt. Für unser Interview suchen wir uns eine ruhige Ecke, Tschirner trinkt Cappuccino und raucht. Eine Agentin gibt uns eine Zeitangabe. 20 Minuten darf das Interview dauern, dann ist Schluss. "Na ja, wir machen erstmal und dann sehen wir, wir lange wir brauchen. Alles entspannt", meint Tschirner hingegen. So wünscht man sich seine Gesprächspartner.

t-online.de: Frau Tschirner, was verbindet Sie mit dem Roman "Gut gegen Norwind" und Daniel Glattauer?

Nora Tschirner: Ich bin in der ersten Minute zu ihm hin und habe ihm mein komplettes Fan-Girl-Dasein eröffnet. Ich bin ein großer Fan von dem Buch. Ich lese nicht viel Fiktionales, ich bin eher ein Sachbuchfan. Aber als ich diese Geschichte damals gelesen habe, hat es mich gepackt. Ich habe es sogar zweimal gelesen, was mir sehr selten passiert. Normalerweise lese ich etwas und dann verschwindet es. Aber Daniel Glattauer zieht von Umzug zu Umzug mit. Seine Bücher und die von Wolf Haas sind die einzigen Romane, die ich mitschleppe.

Wie sieht Ihr Bücherregal aus?

Ich bin eigentlich eine ziemliche Minimalistin, was das Bücherregal betrifft. Ich lese zwar viel, habe aber irgendwann angefangen, radikal mein Bücherregal auszusortieren, weil ich sonst das Gefühl habe, von dieser Wand erschlagen zu werden und lese dann eher weniger als mehr. Aber seins muss immer da sein, weil ich gute Laune und freundschaftliche Gefühle kriege, wenn ich den Namen Daniel Glattauer in meinem Regal sehe.

Wenn Sie so begeistert von dem Roman waren, wie schwierig war es dann, die Rolle zu spielen?

Es war am Anfang wirklich ein ziemlicher Druck für mich, weil ich überhaupt nicht wusste, inwiefern der Autor überhaupt eingeweiht ist in die Verfilmung und wie er das alles so findet. Es gibt ja viele Beispiele von Autoren, die mit den Filmen zu ihren Büchern nicht besonders glücklich sind. Das schlimmste Szenario, das man sich dabei vorstellen kann, ist wohl Michael Ende mit seiner scharfen Distanzierung von der "Die unendliche Geschichte"-Verfilmung. Da wurde sich ja komplett losgesagt vom Roman. Emmi und Leo sind natürlich ein ziemlicher Auftrag. So viele Menschen haben das gelesen.

Also waren Sie skeptisch bezüglich der Verfilmung an sich?

Bevor ich überhaupt ans Mitspielen denken konnte, habe ich als Fanclub-Mitglied zu allererst mal die Frage gestellt, ob ich das denn überhaupt grundsätzlich erlaube (lacht). Aber als ich das Drehbuch gelesen hatte, war ich emotional genauso durchgematscht wie bei den Büchern. Und dann habe ich erstmal realisiert, dass ich jetzt die Emmi spielen soll. Das grenzt ja schon an Majestätsbeleidigung, dass die überhaupt jemand spielen soll.

Und dann kam der Druck?

Ja. In den ersten Drehtagen war es wirklich schlimm. Erst später habe ich dann mitbekommen, wie der Autor zu dem Ganzen steht und dass er gut findet, dass wir alle das zusammen machen. Das habe ich echt selten, dass ich vorher schon so nervös war.

Hatten Sie das Gefühl, die Rolle passt zu Ihnen?

Ich glaube, ich war zu sehr damit beschäftigt, die Rolle an mich zu reißen, beim Casting, haha. Ich habe gedacht, das ist meine Emmi, die darf niemand anderes spielen. Ich habe mich dafür verantwortlich gefühlt. Aber im Ernst: Ich hatte schon auch das Gefühl, das könnte gut klappen zwischen Emmi und mir. Es passte sowieso vieles, auch die Zusammenarbeit mit Vanessa (Anm. d. Red.: Vanessa Jopp, Regisseurin des Films). Wenn ich zu einem Casting gehe, caste ich auch immer zurück. Ich gucke mir auch immer an, mit wem ich da arbeiten soll.

Und wie war Ihr Eindruck?

Ich war begeistert von Vanessa, ich habe gleich gemerkt, dass ich in ihr die starke Partnerin habe, die ich brauchen würde. Das Projekt war für alle Beteiligten Abteilungen komplexer als man vielleicht denken würde. Oberflächlich betrachtet könnte man meinen: okay es sind zwei Leute, die sich E-Mails schreiben, was soll da schon so schwer dran sein. Aber das Ganze ist so ein riesiger Gehirn- und Gefühlstumult. Es durchdrang alle Abteilungen, in der Maske wurde jeden Tag erregt über die Geschichte und die einzelnen Figuren und ihre Entscheidungen diskutiert. Alle waren emotional dabei, das ging auch über in Teams, wo das nicht immer selbstverständlich ist. Die Magie, die sowohl Roman als auch Drehbuch innehaben, waren die ganze Zeit spürbar. Dass so etwas die ganze Teamatmosphäre beeinflusst, ist wirklich sehr selten. Es war bezaubernd durch diese Welt zu gehen und das zu erleben.

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Die Figuren im Buch lernen sich per Mail kennen, was halten Sie davon?

Ich glaube, dass es einen großen Sog hat, jemanden so kennenzulernen. Es ist ein Raum, indem alles möglich ist, das ist schon sehr spannend. Bei aller Romantik bleibt die Frage aber natürlich immer, was bliebe, wenn die Beteiligten sich träfen. Wie viel ist wirkliche Verbindung mit echtem Potenzial und wie viel ist Projektion? Mit unterschiedlichem Alter und in unterschiedlichen Lebensphasen beantwortet die Frage wahrscheinlich jeder anders für sich.

Warum sind Sie so begeistert von dem Buch?

Es ist eine universelle Liebesgeschichte und sie besitzt eine ähnliche Magie, wie die größten Liebesbriefe der Geschichte bis hin zu etwa Goethe und Charlotte Stein. Das sind Menschen, die irgendwann sich nicht sicher sind, ob sie in dem gelebten Konstrukt glücklich sind, die an Lebenswegkreuzungen stehen und anfangen mit sich zu verhandeln. Das gab es immer und wird es vermutlich auch immer geben.

Inwiefern war es von Vorteil, dass Sie und Ihr Filmpartner sich lange kennen und sogar schon ein Paar waren?

Es war von großem Vorteil. Wir sind seit Jahren befreundet, sehr viel länger als wir ein Paar waren, wir kennen uns gut und können uns vertrauen. Zu wissen, dass Alex auch dabei sein wird, war für mich sehr wichtig und gab mir ein Gefühl von Sicherheit, weil wir beide einen ähnlichen Qualitätsanspruch haben und ich wusste, dass er einen tollen Leo abgeben wird.

Vielen Dank für das Interview, Nora Tschirner.

"Gut gegen Nordwind" startet am 12. September in den Kinos.

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