H.R. Giger: Tödlicher Treppensturz "Er wollte nur ein Stück Kuchen holen"
Der plötzliche Tod von "Alien"-Erfinder H.R. Giger ist tragisch, besonders wenn man die Umstände betrachtet. Denn laut seiner Witwe Carmen Giger ging es dem 74-Jährigen zuvor "so gut wie lange nicht mehr", wie sie dem Schweizer Nachrichten-Portal "Blick.ch" verriet. Sein Tod war für sie "ein absoluter Schock".
Der Künstler erlag am vergangenen Montag im Krankenhaus den Verletzungen nach einem Sturz. Nichts hatte zuvor auf diese Tragödie hingewiesen. "Hans-Ruedi war total aufgestellt. Es ging ihm in letzter Zeit so gut wie lange nicht mehr, wir waren richtig glücklich", berichtet Carmen Giger. "Ich hatte einen feinen Kuchen hergerichtet und nach Hans-Ruedi gerufen", erzählt sie weiter. Zusammen mit ihrem Mann wollte sie im oberen Stock ihres Hauses in Zürich-Seebach essen. "Wir gingen gemeinsam zur Treppe, Hans-Ruedi stieg vor mir die Stufen hoch und dann passierte es." Giger habe das Gleichgewicht verloren und sei gestürzt. So schwer, dass er sofort das Bewusstsein verloren habe.
Zwei Stunden lang kämpften die Ärzte danach um das Leben des Schweizer Surrealisten. Leider vergebens. "Um 14 Uhr informierten uns die Ärzte, dass er verstorben ist", sagt Marco Witzig, Kurator der Werke Gigers.
Einige Wochen zuvor war der Künstler schon einmal gestürzt. "Aber hatte sich erholt. Er sprühte richtig vor Lebensfreude", erzählt seine trauernde Witwe. Trost findet sie in dem Gedanken, dass er ohne langes Leiden verstorben ist, denn davor hatte er immer Angst, wie er "Blick" bereits vor zwei Jahren erzählte. "Angst habe ich nur, schwer krank zu werden", erzählte Giger damals. "Darum habe ich mich auch bei der Sterbehilfe-Organisation 'Exit' angemeldet. Wissen Sie, ich hänge nicht so sehr am Leben. Ich will schnell sterben. Bum - und fertig." Zumindest dieser Wunsch wurde ihm am Ende auch gewährt.
Meister der Monster
Für seine "Alien"-Gestalten bekam Hansruedi Giger, der als Künstler die Vornamenabkürzung H.R. bevorzugte, 1980 den Oscar in der Kategorie "Beste visuelle Effekte". Die US-Filmakademie würdigte damit den wesentlichen Beitrag, den die perfekt "biomechanisch" agierenden Weltraummonster zum Erfolg des Films leisteten.
Indirekt hatte Giger damit auch wesentlichen Anteil am Durchbruch der Schauspielerin Sigourney Weaver im Action-Genre. Eine ganze Reihe von "Alien"-Filmen orientierte sich am Giger-Vorbild. Zudem machten ihn seine Entwürfe für "Poltergeist II" von Brian Gibson (USA, 1986) und Roger Donaldsons "Species" (USA, 1995) zu einer Kultfigur des Science-Fiction- und Horror-Fachs.
Vertreter des "Fantastischen Realismus"
Zum Werk des Schweizers, der 1940 im Alpenkanton Graubünden als Sohn einer Apothekerfamilie geboren wurde, gehören längst nicht nur Entwürfe für Kinomonster. Auch als Maler war Giger, der in Zürich Architektur und Industriedesign studiert hatte, ein bedeutender Vertreter des "Fantastischen Realismus". Er schuf bedrückend-düstere Landschaften, bizarre Kreaturen, aber auch exotisch-schöne Frauenfiguren - für manchen Geschmack gelegentlich in der Nähe von Fantasy-Kitsch.
Mehrfach zeigte die Messe für Moderne Kunst Art Basel Werke des "Alien"-Designers, der sich selbst auch als Surrealist bezeichnete. Von den großen etablierten Kunstmuseen wurde er jedoch weitgehend ignoriert. So schuf sich Giger sein eigenes Denkmal: Er baute das Schloss St. Germain im mittelalterlichen Dörfchen Greyerz (La Gruyère im Kanton Freiburg) zu einem eigenen Museum um.
Seit 1998 stellte Giger dort bizarr-erotische Bilder und Plastiken aus - "Biomechanoiden", die das Mechanische im Lebendigen betonen. Dass sie mit der Wirklichkeit nur wenig zu tun haben, war dem Fantasiebegabten stets klar: "Dieses Monster wurde vom Hirn eines Erdenmenschen erfunden und ist schon deshalb nicht sehr extraterrestrisch", sagte er 2005 bei der Eröffnung einer Ausstellung in Prag über seine "Alien"-Figur. In das Design habe er viel Arbeit gesteckt: "Man sollte nicht erkennen, dass es in Wirklichkeit nur ein Mann in einem Anzug ist." Das habe auch weitgehend funktioniert. "Nur am Schluss sieht man das Monster ganz, und das versaut die Sache."