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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Barbie"-Star im Interview Margot Robbie: "Die Erwartungen sind absurd"
Seit Jahrzehnten polarisiert Barbie wie kein anderes Spielzeug. Margot Robbie wollte die legendäre Puppe trotzdem verkörpern – für eine wichtige Botschaft, wie sie t-online verrät.
Als sich die Aufzugtüren zur zweiten Etage des berühmten "Four Seasons"-Hotels in Beverly Hills an diesem Junitag öffnen, steht man plötzlich inmitten einer anderen Welt. Statt der braunen Beläge der übrigen Stockwerke bedeckt den Boden ein flauschiger pinker Teppich. Die Wände strahlen in einem zarten Rosa, Plastikaccessoires in den verschiedensten Nuancen der Farbe finden sich in jeder Ecke. Der Grund prangt in übergroßen schnörkeligen Lettern über allem: "Barbie".
Seit Monaten läuft die Marketingmaschinerie für den Film, der am heutigen Donnerstag, dem 20. Juli 2023, in den deutschen Kinos startet, auf Hochtouren. Er wird mit Spannung erwartet – von Fans, aber auch von Kritikern. Denn "Barbie" kommt mit vielen Vorurteilen. Und sie werden alle bedient, wie die Protagonisten und Produzenten t-online an diesem Tag versichern. Doch das ist nur eine Facette des Films.
Barbie zwischen toxischem Ideal und Feminismus
Seit Mattel 1959 die erste Barbie-Puppe auf den Markt brachte, polarisiert sie wie kaum ein anderes Spielzeug. Für die einen ein toxisches Schönheitsideal, für die anderen ein Vorbild an Emanzipation. "Als Frauen vor allem in der Rolle der Ehefrau und Mutter präsentiert wurden, hatte Barbie ein eigenes Haus, ein eigenes Auto und eine Karriere", sagt Hauptdarstellerin Margot Robbie im Gespräch mit t-online. Sie war es, die die Idee für eine Realverfilmung hatte.
Mit der Zeit wurde Barbie Astronautin, Ärztin und sogar Präsidentin. Ihr Aussehen veränderte sich, ihre Haar- und Hautfarbe sowie ihre Figur. Seit diesem Jahr gibt es eine Barbie mit Down-Syndrom. "All diese Frauen sind Barbie – und Barbie ist jede von ihnen", heißt es gleich zu Beginn in dem Film, der trotz aller Fortschritte in einer von Konsum geprägten Plastikwelt spielt.
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Diese Kontroverse auf die Leinwand zu bringen, "war beängstigend", gibt Drehbuchautorin und Regisseurin Greta Gerwig zu. Die preisgekrönte Filmemacherin hinter tiefgründigen Werken wie "Lady Bird" und "Little Women" ist für ihren feministischen Stil bekannt und war für viele eine überraschende Besetzung hinter der Kamera. Für sie war ein so kommerzieller Film herausfordernd. "Jeder kennt Barbie, jeder hat seine eigene Beziehung zu ihr. Sie ist eine Kombination aus guten und schlechten Dingen", dessen war sie sich bewusst – und all das wollte sie abbilden. Ein Spagat, der ihr gelingt.
Ryan Gosling als hübsches Beiwerk
Barbie lebt also in einer Welt, in der jeder Tag perfekt ist. Alle Frauen sind Barbie und sie besetzen alle wichtigen Positionen in Barbieland. Margot Robbie ist als die stereotype Puppe Protagonistin der Geschichte. Ryan Gosling spielt einen der Kens, die in Barbieland allerdings keine Macht, kein Haus und keinen ernst zu nehmenden Job haben. Sie hängen hauptsächlich am Strand herum, wo sie darauf warten, dass Barbie sie beachtet. Ohne Barbie weiß Ken nicht, wer er ist.
Als feministisch wolle sie den Film nicht bezeichnen, er sei eher "humanistisch", betont Margot Robbie. "Es geht darum, menschlich zu sein", sagt auch Greta Gerwig. Denn nicht nur Barbie durchläuft eine Wandlung. Auch Ken findet – auf seine eigene Art – heraus, dass er so viel mehr ist als "nur Ken".
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Dass seine Rolle als "hübsches Beiwerk" der Hauptfigur angelegt ist – ein in der Filmgeschichte meist weiblich besetzter Part –, stört Ryan Gosling nicht. Im Gegenteil: "Ich bin in einem von Frauen dominierten Haushalt aufgewachsen und lebe auch heute in einem. Es war für mich also ganz natürlich", so der 42-Jährige, der mit seiner Kollegin und Partnerin Eva Mendes zwei Töchter hat. Als Ken überlässt er Barbie im Film die Bühne, stiehlt Margot Robbie mit seiner Performance stellenweise aber glatt die Show.
Die Heldenreise der Hauptfigur steht dennoch im Vordergrund. Barbie erkennt, dass sie nicht immer den Erwartungen entsprechen und perfekt sein muss. Durch einen Abstecher in die "echte Welt" wird ihr glorifiziertes Selbstbild komplett auf den Kopf gestellt – ein Konflikt zwischen der Fantasie, was Barbie sein kann, und der Realität vieler Frauen. "Die Erwartungen, die die Gesellschaft, aber vor allem auch wir selbst an uns stellen, sind manchmal die härtesten und gleichzeitig absurdesten", so Margot Robbie zu t-online.
Deswegen wolle sie selbst kein Vorbild sein – so wie es Barbie einst war und vielleicht noch immer für viele Mädchen ist. Für die Schauspielerin ist eine der wichtigsten Botschaften des Films: "Du bist gut und genug, genauso wie du bist." Klingt kitschig – ist es auch. So wie Barbie kommt der Film mit einer schillernden Fassade daher. Er bedient sämtliche Klischees und ist über weite Strecken leichte Unterhaltung mit viel Witz. Doch er geht eben auch tiefer, ist gesellschaftskritisch und zeigt, dass selbst die scheinbar perfekte Puppe am Ende vor allem eines ist: überraschend menschlich.
- Interviews mit Margot Robbie, Ryan Gosling und Greta Gerwig