Film Denzel Washington als Verteidiger "Roman J. Israel Esq."
München (dpa) - Nicht nur Reporter wissen: Auf der Suche nach einer spannenden Geschichte muss man manchmal nur in einen Gerichtssaal gehen. Die Schicksale zwischen Richterbank, Anklage und Verteidigung bieten genügend Stoff - und das auch für Filmemacher.
Mit "Roman J. Israel Esq. - Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit" bringt Hollywood wieder einen Gerichts-Thriller auf die große Leinwand. Und das mit Starbesetzung.
In Haupt- und Nebenrolle: zwei Hollywood-Größen. Denzel Washington spielt den idealistischen Pro-Bono-Verteidiger und Titelhelden Roman J. Israel Esq., einen Querkopf mit besonderen Fähigkeiten. Colin Farrell verkörpert quasi sein Gegenstück. Einen aalglatten und karriereversessenen Anwalt, bei dem statt Humanität nur Geld und Erfolg im Mittelpunkt stehen. Die Spannung zwischen den beiden Charakteren ist es auch letztlich, die den Film trägt.
Roman ist ein stiller Einzelgänger mit Nerdbrille, Afrofrisur, abgetragenen Anzügen und gutem Musikgeschmack. Viele Freunde hat er nicht, er lebt in einer heruntergekommenen Wohnung. Täglich setzt er sich als Strafverteidiger für die Armen und Mittellosen in Los Angeles ein - und das zu einer Zeit, in der der Gerichtsapparat hoffnungslos überlastet ist.
Mit seiner unzugänglichen und eigenwilligen Art macht es Roman den Menschen um sich herum aber auch nicht einfach. Als sein einziger Freund und Mentor stirbt und er den Job in dessen verschuldeter Kanzlei verliert, gerät Roman in eine Sinnkrise. Ein früherer Student seines Mentors bietet ihm eine Stelle bei sich in der Anwaltskanzlei an. Roman willigt ein - vor allem aus Geldsorgen. Schließlich wird ihm ein unmoralisches Angebot zum Verhängnis.
Denzel Washington zeigt sich in dem Film von einer für die Zuschauer eher ungewohnten Seite. In Thrillern wie "Déjà Vu", "Flight" oder "Der Knochenjäger" mimte der Oscarpreisträger smarte Charaktere, die vor allem durch ihren Instinkt zum Erfolg kommen. Doch Roman verlässt sich in erster Linie auf seinen Verstand und sein fotografisches Gedächtnis. Er wirkt verloren in der Welt, auch wenn er versucht sich anzupassen. Die Academy würdigte Washingtons Darstellung des begabten, aber exzentrischen Titelhelden in diesem Jahr mit einer Oscar-Nominierung als bester Hauptdarsteller. Für die Trophäe reichte es am Ende aber nicht.
Doch Washingtons grandiose Schauspielleistung und auch das außergewöhnliche Wesen seiner Figur können nicht über die Schwächen der Produktion hinwegtäuschen. Die Handlung ist zerstreut, ihr fehlt ein rechter Focus und die Konturen bleiben unscharf. Doch Regisseur und Drehbuchautor Dan Gilroy ("Nightcrawler") ist trotz allem eine imposante Charakterstudie mit kühlen Bildern gelungen.
Roman J. Israel Esq. - Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit, USA 2018, 122 Min., FSK ab 6, von Regisseur Dan Gilroy, mit Denzel Washington, Colin Farrell