Film Doku mit mordverdächtigem U-Boot-Bauer
Kopenhagen (dpa) - Um den dänischen Erfinder Peter Madsen rankt sich einer der spektakulärsten skandinavischen Mordfälle der vergangenen Jahre. Wer ist dieser Mann, der im Sommer eine Journalistin auf seinem selbstgebauten U-Boot getötet haben soll? Ein Genie? Ein besessener Tüftler? Ein kaltblütiger Mörder?
Während immer mehr makabre Details ans Licht kommen, können sich Kinogänger in Deutschland selbst ein Bild von Madsen machen. Er ist einer von zwei Hauptdarstellern im Dokumentarfilm "Amateurs in Space" (Amateure im Weltall). In seiner Heimat Dänemark galt der 46-Jährige bis zu diesem Sommer als genialer, wenn auch etwas abgedrehter und menschlich schwieriger Technikfreak mit Sinn fürs Theatralische. Diese Seite zeigt auch die Dokumentation über den Traum, mit einer selbstgebauten Rakete ins All zu fliegen.
Madsen hat diesen Traum gemeinsam mit seinem Kindheitsfreund Kristian von Bengtson. Sie bauen ihr Raumschiff mit Material aus dem Baumarkt und gemeinsam mit einer kleinen Gruppe Ehrenamtlicher. Das Ziel: ein Flug in die Umlaufbahn der Erde, 100 Kilometer raus ins All und zurück. Sie wären die ersten Nicht-Profis im Weltall.
Das klingt abgedreht und nahezu unmöglich - doch es wird schnell klar, dass Physik und Technik gar nicht die größten Probleme des "Amateurs in Space"-Projekts sind. Es scheitert an Egos und Missverständnissen. Meinungsverschiedenheiten, die auf der Leinwand mit Auszügen aus E-Mails dokumentiert werden.
"Amateurs in Space" sei nicht nur ein Film über technische Errungenschaften, sondern auch über menschliche Grenzen, sagt Regisseur Max Kestner. "Ich habe den beiden dabei zugesehen, wie sie Käsebrötchen aßen und dabei mit der gleichen Leidenschaft über diese Brötchen stritten, wie sie sie beim Bau der Rakete an den Tag legten." Der Film sei eine "schmerzliche Komödie" oder eine "komische Tragödie".
Gar nicht mehr komisch erscheint er vor dem aktuellen Hintergrund. Madsen sitzt in Kopenhagen in Untersuchungshaft, wird des Mordes beschuldigt. Er war an einem Sommerabend im August mit der schwedischen Journalistin Kim Wall an Bord seines selbstgebauten U-Bootes "Nautilus" gegangen. Am nächsten Vormittag war die 30-Jährige tot.
Madsen beteuert seine Unschuld und beschreibt in mehreren Versionen ein Unglück: Erst sagt er, nach einem Tauchgang hätten sie frische Luft schnappen wollen. Beim Hinausklettern sei der Frau der 70 Kilogramm schwere Lukendeckel auf den Kopf gefallen. Die Polizei findet bei einer Obduktion jedoch keine Spuren von Brüchen am Schädel. Dann sagt er laut Polizei, Wall sei an Kohlenmonoxidvergiftung gestorben. Seine Anwältin relativiert das später.
Walls Leiche fand man Tage und Wochen später, in zerstückelten Einzelteilen. Laut Staatsanwaltschaft waren auf einer Festplatte in Madsens Werkstatt Videos von Hinrichtungen. Filme, auf denen Frauen gefoltert, geköpft und verbrannt werden. Madsen bestreitet, dass es seine sind. Die Staatsanwaltschaft vermutet, er könne Wall als Teil einer sexuellen Fantasie getötet haben.
Die Dokumentation sieht man vor diesem Hintergrund anders. Man sucht nach Hinweisen, erkennt einen Feuereifer in Madsen, ein "um jeden Preis"-Denken, das die Bedürfnisse anderer weit in den Hintergrund stellt.
Aus dem Raumfahrt-Projekt zog sich Madsen nach Streitereien um Führungsrollen und -verantwortung fast eingeschnappt zurück. Die Gruppe von Ehrenamtlichen, die "Copenhagen Suborbitals", arbeitet weiter. Zu Madsen hätten sie seit Juni 2014 keinen Kontakt mehr, betonen sie. Die Kluft zwischen ihnen sei tief. Im kommenden Jahr wollen sie einen neuen Versuch eines Raketenstarts wagen.
Amateurs in Space, Dänemark 2016, 93 Min., FSK keine Angabe, von Max Kestner, mit Kristian von Bengtson, Peter Madsen