"Borowski und der brennende Mann" "Tatort" aus Kiel ist immer noch brandheiß
Es sollte ein stimmungsvolles Lichterfest kurz vor Weihnachten werden, aber dann geschieht an der dänischen Schule in Schleswig die Katastrophe. Ein lichterloh brennender Mann läuft wie eine lebende Fackel auf den Schulhof und erliegt kurz danach seinen Verletzungen. Es bleibt nicht der einzige Brandmord in dem packenden "Tatort" aus Kiel. Der ARD-Krimi "Borowski und der brennende Mann" aus dem Jahr 2013 wird am Pfingstsonntag um 20.15 Uhr im Ersten wiederholt.
Überzeugend gespielt, spannend inszeniert und mit mehr als einer Prise Schwedenkrimi à la Mankell: Der "Tatort: Borowski und der brennende Mann" führt die Ermittler Sarah Brandt (Sibel Kekilli) und Klaus Borowski (Axel Milberg) tief hinein in eine wahnwitzige Mordserie, die ihren Ursprung in einem fürchterlichen Hausbrand in den 1960er Jahren hat.
Damals wurde eine Aussiedlerfamilie getötet, nur ein Kleinkind überlebte, und viele Kinder des Dorfes waren Augenzeugen des Brandes. Auch Borowskis Vorgesetzer Roland Schladitz (Thomas Kügel) scheint in diese alte Sache involviert zu sein. Die beiden pflegen eigentlich ein vertrauensvolles Verhältnis, aber diesmal gibt sich Schladitz betont zugeknöpft. Dafür bekommt Borowski Amtshilfe von einer ebenso fähigen wie attraktiven dänischen Kollegin (Lisa Werlinder), in die sich der einsame Wolf aus dem grauen Kieler Kommissariat fast verliebt. Zu gönnen wäre es ihm.
Kieler "Tatort"-Team setzt auf Realismus
Der immer bedächtige, nie marktschreierische Kieler "Tatort" steht nicht für schenkelklopfende Comedy, suhlt sich nicht in Macho-Witzchen oder ausgelutschten Milieus, sondern will ein möglichst authentisches Bild der Polizeiarbeit abliefern. "Realismus ist für uns eine attraktive Größe in unserem 'Tatort'", betont Axel Milberg. Drehbuchautor Daniel Nocke ("Sommer '04"; "Dutschke") und Regisseur Lars Kraume ("Die kommenden Tage") haben Milbergs Maxime kongenial umgesetzt, und der Hauptdarsteller konnte auch eigene Ideen mit in die Entwicklung des verschlungenen, aber immer plausiblen Plots einbringen.
Dabei bekommt der Zuschauer keine Nachhilfe in politischer Bildung serviert: Die Situation der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein, die ungefähr 50.000 Menschen umfasst, ist nur der Aufhänger für eine komplexe, figurenreiche Rachegeschichte, die eben nicht das Naheliegende ansteuert.
Misstrauen zwischen Borowski und Brandt
Borowski hat in diesem sehenswerten "Tatort" endlich seine spröde Behäbigkeit abgelegt, er wirkt wacher und agiler, das Zusammenspiel mit seiner Partnerin Sarah Brandt in ihrem sechsten gemeinsamen Fall kommt besser in Gang. Es geht um Vertrauen zwischen zwei Beamten. Kann ich mich auf den anderen verlassen? Brandt leidet an Epilepsie, sie darf kein Auto fahren, war aber an einem Unfall beteiligt. Sagt sie ihrem Kollegen die Wahrheit?
Die Zeit heilt keine Wunden in diesem bewegenden Fall einer späten Rache, in dem die Grenzen zwischen Gut und Böse bisweilen verschwimmen. Der großartige Hans Peter Hallwachs spielt mit mühsam gebändigtem Zorn den längst in Rente gegangenen Brandermittler Luth, der damals die Ermittlungen leitete. Das Unglück hat auch bei ihm tiefe Spuren hinterlassen - es gibt Brände, die kann man nicht löschen.
"Tatort" erinnert an "Fargo"
Wer sich beim Anschauen des Kieler "Tatorts" übrigens ein wenig an den Kult-Film "Fargo" erinnert, liegt gar nicht so falsch: Die Rolle der dänischen Gast-Kommissarin Einigsen (gespielt von der Schwedin Lisa Werlinder) war tatsächlich an den Streifen angelehnt. "Das große Vorbild war Frances McDormand in 'Fargo', die positiv und mit Lust und Neugier ihren Mordfall ermittelt", sagte Regisseur Lars Kraume damals dem "Express". "Es hat unglaublich Spaß gemacht, die Figur zu entwickeln."
Erstausstrahlung war erfolgreich
Bei der Erstausstrahlung am 12. Mai 2013 hatte das das Kieler Team allen Grund zu feiern: "Tatort: Borowski und der brennende Mann" erzielte die bis dahin besten Werte aller bisherigen Kieler "Tatorte". 9,31 Millionen Zuschauer wollten den ARD-Krimi sehen, das entsprach einem Marktanteil von 27 Prozent, berichtete das Medienportal "Meedia". Mehr als acht Millionen hatte der Kieler "Tatort" zuvor mehrmals erreicht, die Neun-Millionen-Marke knackte er mit "Borowski und der brennende Mann" zum ersten Mal.