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Markus Eisenbichler über fehlende Zuschauer beim Skispringen: "Kein Nachteil"


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Markus Eisenbichler
"Verstehe Skispringen oftmals selbst nicht"

  • Melanie Muschong
InterviewVon Melanie Muschong

19.11.2020Lesedauer: 4 Min.
Markus Eisenbichler: Der Bayer ist deutscher Hoffnungsträger, ist seit seinem achten Lebensjahr Skispringer.Vergrößern des Bildes
Markus Eisenbichler: Der Bayer ist seit seinem achten Lebensjahr Skispringer und ist deutscher Hoffnungsträger. (Quelle: Sammy Minkoff/imago-images-bilder)

Vor dem Saisonstart der Skispringer in Polen spricht der deutsche Meister Markus Eisenbichler über seine Karriere, sein Vorbild und die Vierschanzentournee – und erklärt, warum er "die Ruhe schätzt".

Markus Eisenbichler ist in diesem Jahr Deutscher Meister im Skispringen geworden – und kennt den Sport nicht nur deshalb mit all seinen Facetten wie kaum ein anderer. Der gebürtige Bayer hat sich in seiner Karriere immer wieder zurückgekämpft. Verletzung um Verletzung. Schanze um Schanze. Flug um Flug.

Wenn am Wochenende die Saison in Wisla (Polen) startet, will Markus Eisenbichler mit der deutschen Mannschaft direkt ein Ausrufezeichen setzen. Er ist der Hoffnungsträger der Saison und hat große Ambitionen. Was er sich dabei von seinem Teamkollegen Severin Freund abschaut und wie er die aktuelle Situation durch die Corona-Pandemie auch für die Vierschanzentournee bewertet, erzählt er im t-online-Interview.

t-online: In Deutschland will man als Kind meist Fußballer, Handballer oder Leichtathlet werden. Sie sind Skispringer geworden. Warum?

Markus Eisenbichler (29): Ich war schon immer risikofreudig. Meine Eltern haben es nicht leicht mit mir gehabt, weil ich schon immer ein bisschen "verrückt" im positiven Sinne war. Beim Kindertraining wurden verschiedene Sportarten vorgestellt. Ich wollte schon immer Skifahren, aber dann fand ich das Springen gut. Im Internat habe ich mich für den Weg entschieden.

Was ist Ihr langfristiges Ziel?

Seit ich ein kleiner Junge war, wollte ich schon immer Gesamtweltcup-Sieger werden. Ich werde alles dafür geben, dass ich das erreiche. Darüber hinaus ist es mein Ziel, ein Haus zu haben, Familie und Kinder. Der Sport ist ein kurzer Abschnitt im Leben eines Profisportlers. Man kann während der aktiven Karriere so erfolgreich sein, wie man will. Aber wenn das soziale Umfeld fehlt, ist das traurig.

Was erwarten Sie von der neuen Saison?

Die Veranstalter haben schon beim Sommer-Grand-Prix und der Deutschen Meisterschaft ein gutes Corona-Konzept auf die Beine gestellt. Soweit ich weiß, ist damals keiner positiv getestet worden. Wir müssen schauen, dass wir wenig Kontakt zu anderen haben. Aber das ist für uns nichts Neues, denn sobald ein Sportler krank wird, kann er seine Leistung nicht erbringen. Daher haben wir die Hygienemaßnahmen von Natur aus im Fokus.

Es werden nun vorerst keine Zuschauer dabei sein. Fühlen sich die Wettkampfsprünge dann wie Trainingssprünge an?

Natürlich pushen mich die Zuschauer bei den Weltcups. Allerdings bin ich auch jemand, der die Ruhe schätzt.

Heißt das, Sie sehen einen Vorteil darin, dass keine Zuschauer dabei sein werden?

Ich denke, dass es für mich kein Nachteil sein wird, dass keine Zuschauer dabei sein werden.

Klingt, als wären Sie bei Wettkämpfen sonst ein Nervenbündel.

Viele Athleten mögen es mit dem vielen Trubel. Ich brauche das nicht unbedingt.

Aber die Vierschanzentournee ohne Zuschauer – geht das überhaupt?

Die Vierschanzentournee hat einen sehr hohen Stellenwert in der deutschen Gesellschaft. Die Zuschauer sind für die Stimmung vor Ort zuständig, aber im Fernsehen schauen noch viel mehr Leute zu. Jetzt müssen wir Springer noch mehr Emotionen rüberbringen. Ich freue mich auch im Training über jeden guten Sprung. Das werde ich auch machen, wenn keine Zuschauer da sind.

Wollen Sie die Tournee gewinnen?

Generell fühle ich mich sehr gut. Ich kann auf allen vier Schanzen gut springen, das habe ich schon bewiesen.

Wie haben Sie sich auf diese Saison vorbereitet?

Ein bisschen entspannter als zuvor. Im vergangenen Jahr war die Vorsaison extrem gut und ich wollte beweisen, was in mir steckt – aber ich habe es übertrieben.

Inwiefern?

Ich musste durch Corona zu Hause auf meinem Hof trainieren und konnte die Saison Revue passieren lassen. Im normalen Ablauf geht das sonst nicht. Ich habe mich auf meine Familie konzentriert und gemerkt, dass nicht nur der Sport wichtig ist, sondern auch, dass es zu Hause läuft.

Skispringen findet eben nicht nur auf der Schanze statt, sondern auch im Kopf.

Skispringen ist eine Kopfsache. Wenn daheim etwas schlecht läuft, dann schlägt das aufs Gemüt und ich kann mich nicht auf den Sport konzentrieren. Er ist nun mal sehr komplex und ich verstehe das Skispringen oftmals selbst nicht. Mit jeder Saison lernt man neue Sachen. Ich merke auch, dass ich das Alter brauche. Es ist mir bewusst geworden, dass es auch mal schlecht laufen kann, ich muss nur das Positive daraus ziehen.

Hatten Sie eigentlich schon mal den Gedanken, Ihre Karriere vorzeitig zu beenden?

Ich hatte schon ein, zwei Mal überlegt, aufzuhören. 2012, nach meinem schweren Sturz in Oberstdorf mit dem Wirbelbruch, habe ich gedacht: Ich setze meine Gesundheit nicht aufs Spiel für mein Hobby. Ich habe viel von Severin Freund gelernt. Er hat mit harter Arbeit viel erreicht. Ich bin sehr dankbar, dass ich mit ihm trainieren konnte. Er ist ein Vorbild für mich.

Warum gerade Severin Freund?

Ich war mit ihm auf dem Internat. Ich habe immer gesehen, dass Severin es nicht nur von seinem Talent abhängig gemacht hat, wie andere Springer. Er war auch aufgrund seiner harten Arbeit so erfolgreich: Gesamtweltcup-Sieger, Skiflug-Weltmeister und olympischer Medaillenträger. Ich habe großen Respekt vor ihm.

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Schauen Sie generell eher auf das Team oder sich selbst?

Ich freue mich für jeden, der oben steht. Egal, ob Andreas Wellinger oder Karl Geiger. Es ist nicht von Bedeutung, ob ich oben stehe oder jemand anderes. Es nimmt den ganzen Druck – auch den medialen – vom Team, wenn einer gut ist.

Verwendete Quellen
  • Eigenes Interview
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