Analyse von Ex-Profi Wegmann So stehen Martins Chancen auf den WM-Titel
Bei der Rad-Weltmeisterschaft in norwegischen Bergen kommt es am Mittwoch zum Showdown im Zeitfahren: Superstar Chris Froome trifft auf den deutschen Titelverteidiger Tony Martin. Ex-Profi Fabian Wegmann spricht bei t-online.de über Martins Chancen und den schwierigen Kurs.
t-online.de: Wer ist im WM-Zeitfahren Ihr Favorit?
Fabian Wegmann: Ganz klar Chris Froome. Besonders aufgrund des Streckenprofils mit dem steilen "Mount Floyen" am Ende. Da geht es fast dreieinhalb Kilometer mit durchschnittlich neun Prozent Steigung bergauf. Das ist wie für ihn gemacht.
Er will nach der Tour de France und der Vuelta unbedingt auch noch Weltmeister werden. Zwei große Rundfahrten und die WM innerhalb eines Jahres – das haben vor ihm nur Eddy Merckx und Stephen Roche geschafft. Sollte er mit ihnen gleichziehen, wäre das schon etwas Legendäres.
Fabian Wegmann Der gebürtige Münsteraner war zwischen 2002 und 2016 Rad-Profi, fuhr unter anderem für das Team Gerolsteiner und wurde mehrmals deutscher Straßenmeister. 2004 gewann er die Bergwertung des Giro d'Italia. Heute ist Wegmann sportlicher Leiter des am 3. Oktober startenden Münsterland Giro und arbeitet als TV-Kommentator für Eurosport.
Tony Martin ist zwar amtierender Weltmeister, hat die Titelverteidigung wegen der Streckenführung allerdings bereits im Vorfeld abgeschrieben. Welche Chancen hat er?
Ich drücke Tony natürlich die Daumen. Er hat den Titel bereits viermal gewonnen. Allein deshalb muss man ihn auf der Rechnung haben. Die letzten Zeitfahren sprechen allerdings nicht unbedingt für ihn und seit seinem Titelgewinn im Vorjahr hat er kein internationales Zeitfahren mehr gewonnen.
Im Gegensatz zu Chris Froome kommt Tony der Kurs mit dem harten Schlussanstieg überhaupt nicht entgegen. Deshalb würde ich seine Siegchancen auf maximal 30 Prozent beziffern.
Welche Fahrer muss man noch auf der Rechnung haben?
Auf jeden Fall den aktuelle Giro-d’Italia-Sieger Tom Dumoulin. Er ist mit Sunweb schon Weltmeister im Mannschaftszeitfahren geworden und hat sein Team dabei sehr gut geführt. Der ist im Moment super drauf. Ebenso wie Primoz Roglic. Und dann gibt es noch Michal Kwiatkowski, der bei Tour ein extrem starkes Zeitfahren hingelegt hat, bei dem es auch stark bergauf ging.
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Es wird mit Sicherheit auch auf das Wetter ankommen. Denn: Bergen gilt als regenreichste Großstadt Europas. Eigentlich regnet es da immer. (lacht)
Wie steht es mit den Chancen der anderen deutschen Starter?
Jasha Sütterlin war bei der deutschen Meisterschaft als Zweiter nur 15 Sekunden hinter Sieger Tony. Ihm traue ich den Sprung unter die ersten Zehn zu – wenn alles sehr, sehr gut läuft, sind sogar die ersten Sechs drin.
Auch Nikias Arndt hat in dieser Saison schon starke Zeitfahren hingelegt. Aber so eine WM ist eben etwas Spezielles. Nikias ist ein sehr guter Sprinter und wird dies auch beim Straßenrennen am Sonntag zeigen wollen. Deshalb denke ich, dass er vielleicht irgendwo um den zwölften Platz landet.