Tour de France Zwei Jahre nach Horror-Crash: Jakobsen triumphiert im Sprint
Fast zwei Jahre nachdem ein Horror-Sturz ihm fast das Leben gekostet hätte, feierte der Niederländer mit dem Sieg auf der zweiten Etappe der 109. Tour de France den bisher größten Erfolg seiner Karriere.
Erst stand Fabio Jakobsen ein wenig verloren im Ziel und fiel dann seinem Teamkollegen Yves Lampaert überglücklich in die Arme. In einem Hochgeschwindigkeitssprint setzte sich der Niederländer am Samstag in Nyborg vor dem Belgier Wout van Aert durch, der Lampaert durch eine Zeitgutschrift das Gelbe Trikot des Spitzenreiters abnahm.
"Es war ein langer Weg bis hierhin. Ich habe hart gearbeitet und es Schritt für Schritt geschafft", sagte Jakobsen und bedankte sich bei Lampaert, der die erste Etappe in Kopenhagen gewonnen hatte. "Er hat mir gestern Abend gesagt, dass er zwar das Gelbe Trikot habe, aber auf jeden Fall für mich fahren werde." Mit Jakobsens Triumph haben sich auch die Diskussionen um die Nicht-Nominierung seines Teamkollegen Mark Cavendish erledigt. Der Brite wollte in diesem Jahr bei der Tour die Bestmarke von insgesamt 35 Etappensiegen aufstellen. QuickStep-AlphaVinyl-Teamchef Patrick Lefevere hatte jedoch keinen Kopf für Cavendishs Rekordjagd und nahm den formstärkeren Jakobsen mit zur Tour.
Bester Deutscher wurde Max Walscheid
Überschattet wurde das Finale der 202,2 Kilometer langen Etappe von Roskilde nach Nyborg von einem Massensturz 2,2 Kilometer vor dem Ziel. Dabei wurde auch Titelverteidiger Tadej Pogacar aufgehalten. Da sich der Crash jedoch innerhalb der letzten drei Kilometer ereignete, bekamen alle Fahrer dieselbe Zeit. Bester Deutscher wurde Max Walscheid als Zwölfter. "Es waren sehr viele knappe Situationen, ich habe mehr als einmal die Bremse angefasst. Die Strecke war in Ordnung, der Wind kam sehr von vorn. So waren alle noch dabei. Dadurch war es sehr unorganisiert und hektisch", sagte Walscheid.
In der Gesamtwertung liegt van Aert nun eine Sekunde vor Lampaert. "Es war ein verrückter Tag, doch am Ende haben wir den Sieg. Das war das Wichtigste", sagte Lampaert. Der Belgier war zusammen mit Jakobsen gut 20 Kilometer vor dem Ziel in einen Sturz verwickelt, kämpfte sich jedoch an die Spitze zurück.
Der Etappensieg von Jakobsen entschädigte alles. Vor zwei Jahren schien die Karriere des Niederländers bereits vorbei. Nach einem schlimmen Sturz bei der Polen-Rundfahrt, als er von seinem Landsmann Dylan Groenewegen in die Balustraden gedrängt worden war, lag Jakobsen zwischenzeitlich im künstlichen Koma und musste mehrmals operiert werden. Er hatte nach dem Sturz nur noch einen eigenen Zahn und musste im Gesicht mit 130 Stichen genäht werden.
Diskussionsstoff: Brücke über den Großen Belt
Die schlimme Zeit kann Jakobsen während der Rennen offenbar gut verdrängen. Im abschüssigen Finale in Nyborg hielt der 25-Jährige voll rein und war klar der Schnellste. Zuvor war die Etappe, vor der die Überquerung des Großen Belt über eine 18 Kilometer lange Brücke kurz vor dem Ziel für viele Diskussionen gesorgt hatte, zum echten Langweiler mutiert. Der Däne Magnus Cort riss mit dem Norweger Sven Erik Byström aus und sicherte sich als Erster an drei kleinen Hügel zur Freude der mehreren Hunderttausend Fans das erste Bergtrikot der diesjährigen Tour. Etwa 45 Kilometer vor dem Ziel war Corts Flucht beendet, Byström wurde kurz darauf eingeholt - und das Finale am Großen Belt begann.
Für Spannung sorgte allerdings nicht der Wind, sondern die Nervosität im Feld. Nach nur wenigen Hundert Metern auf der Brücke war Auftaktsieger Lampaert in einen Sturz verwickelt. Erst vier Kilometer später hatte Lampaert mit der Unterstützung von zwei Helfern den Anschluss zum auf etwa 100 Fahrer reduzierten Feld geschafft. Auf dem zweiten Teil der Verbindung über den Großen Belt herrschte dann Gegenwind, der sämtliche Attacken neutralisierte und schließlich zum Sprint-Finale führte.
Unterdessen sorgt das Coronavirus weiter für Nervosität im Feld. Ausgerechnet beim Team QuickStep-AlphaVinyl von Lampaert wurden mehrere Fälle bekannt. Der Sportliche Leiter Tom Steels war ebenso coronapositiv wie der Pressesprecher. Insgesamt steigt damit die Zahl der Fälle im Staff des belgischen Teams auf sieben binnen einer Woche. Als einzigen Fahrer hat es bisher Tim Declerq erwischt, der kurz vor dem Grand Départ in Kopenhagen heimreisen musste.