Bundesliga FCA diskutiert Trainer-Notbremse - Köln feiert Funkel-Effekt
Augsburg (dpa) - Mit fahlem Gesicht erbat Manager Stefan Reuter wenigstens eine kurze Bedenkzeit. Bei Augsburgs Trainer Heiko Herrlich deuten die Daumen der FCA-Entscheider aber nach unten.
Nach dem alarmierenden 2:3 (0:3) gegen den direkten Mitkonkurrenten 1. FC Köln, der im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga den erhofften Funkel-Effekt erlebt, rückte Manager Reuter erstmals von dem von ihm "unglaublich geschätzten" Trainer ab und verweigerte beharrlich ein Bekenntnis zu Herrlich.
Als der glückliche Funkel mit seinen ausgepowerten Abstiegskämpfern schon auf dem Weg zum Flughafen war, rang Reuter um die passenden Worte zu einem Fußballabend, an dem der FCA erst desaströs auftrat und später vergeblich anrannte. "Wir nehmen uns das Wochenende, das sacken zu lassen und zu verarbeiten. Dann überlegen wir, was die richtigen Schritte für die letzten drei Spiele sind", sagte Reuter.
Der 54-Jährige bewies schon in der Vergangenheit, dass seine Loyalität zu Trainern reißt, wenn Gefahr im Verzug ist, sprich der Abstieg droht. Das war so bei Herrlichs Vorgänger Martin Schmidt im März 2020. Das war so im April 2019 bei Manuel Baum. In Corona-Zeiten wäre ein erster Bundesliga-Abstieg nach exakt einem Jahrzehnt in der höchsten deutschen Spielklasse auch finanziell fatal für den FCA.
Nach dem vierten sieglosen Spiel mit nur einem Punkt, darunter drei gegen schlechter platzierte Teams, schrumpfte der Vorsprung auf die Kölner, die auf den Relegationsplatz kletterten, auf vier Punkte. Die Formkurve zeigt nach unten, Herrlich griff seine Spieler an. "Einige haben es immer noch nicht kapiert", beklagte der Coach.
Torwart Rafal Gikiewicz wählte von ihm gewohnte drastische Worte. "Ohne Eier verlierst du gegen jeden Gegner. Die ersten 45 Minuten waren wie Abschlusstraining", zürnte der Pole. Die Kölner konnten nach Herzenslust aufspielen und wunderschöne Tore durch den bärenstarken Ondrej Duda (2) und Florian Kainz erzielen.
"Bodenlos", "desaströs", "unterirdisch" - im Urteil waren sich die FCA-Profis und ihr Trainer einig. Dass Herrlich die Reaktion nach der Pause mit den Toren von Robert Gumny und Ruben Vargas noch retten kann, scheint kaum vorstellbar. Vereinspräsident Klaus Hofmann hatte den Coach bereits nach dem 0:0 gegen Bielefeld angezählt, als er über eine "weitere Episode unansehnlicher Leistungen in dieser Saison" schimpfte. Am Freitagabend war Tribünengast Hofmann wieder bedient.
Reuter sprach von "einer erschreckenden ersten Halbzeit, die wir hoffentlich nie wieder erleben müssen." Er kündigte eine interne Analyse an. "Es ist klar, dass eine Reaktion nötig ist." Stuttgart, Bremen und Bayern heißen die letzten Gegner. Herrlich sprach nicht von Aufgabe. Er glaubt, dass er die Mannschaft immer noch erreicht. "Ja, das Gefühl habe ich", sagte er. Man habe mit 33 Punkten noch alles in der eigenen Hand im Kampf um die Rettung. "Wir können die Klasse halten - und das werden wir schaffen", verkündete Herrlich.
Was ein Trainerwechsel in höchster Not bewirken kann, konnten die FCA-Bosse beim Gegner beobachten. Der aus dem Ruhestand geholte Funkel hat mit zwei Siegen in drei Spielen die Stimmungslage beim FC komplett gedreht. "Köln lebt", jubelte der 67-Jährige. "Die Chance auf den Klassenerhalt haben wir uns jetzt erarbeitet. Aber wir haben noch nichts erreicht. 29 Punkte werden nicht reichen", mahnte Funkel.
Zwei weitere Siege im Endspurt gegen Freiburg, Hertha und Schalke stehen in seiner Rettungshochrechnung. Ex-Nationalspieler Jonas Hector vertraut dem Trainer-Oldie: "Er hat die Erfahrung über lange Jahre gesammelt. Er weiß, wie man solche Situationen angehen muss." Augsburg benötigt so einen Helfer in der Not ebenfalls dringend.