Formel 1 in Portimão Hamiltons Rekordfahrt: Mit 92. Sieg jetzt vor Schumacher
Portimão (dpa) - Lewis Hamilton tanzte nach seinem Rekordsieg wie entfesselt vor seinem Team und sank dann in eine innige Umarmung mit seinem Vater.
Auf der Algarve-Achterbahn von Portimão hatte der Mercedes-Star trotz eines Wadenkrampfs auf den Schlussrunden Formel-1-Geschichte geschrieben. Der sechsmalige Weltmeister raste am Sonntag bei der Premiere der Königsklasse auf dem hügeligen Kurs zu seinem 92. Karriere-Erfolg und ist jetzt alleiniger Rekordhalter mit den meisten Grand-Prix-Siegen vor Michael Schumacher (91).
Hamilton verwies in einem anfangs nervösen Großen Preis von Portugal seinen Teamkollegen Valtteri Bottas mit riesigem Vorsprung von 25,5 Sekunden auf den zweiten Platz. "Es ist das Unglaublichste, in so einer Umgebung zu arbeiten", lobte Hamilton sein Erfolgsteam und schwärmte: "Ich hätte mir nicht erträumen lassen, wo ich heute bin. Es ist ein sehr gesegneter Tag."
Papa Anthony hielt mit der Tablet-Kamera die Jubelszenen fest. Auf dem Podium drückte Hamilton seinen champagner-getränkten Renningenieur Peter Bonnington an sich. "Als wir das Projekt vor acht Jahren gestartet haben, hätten wir uns nicht träumen lassen, dass wir Michaels Rekord brechen könnten", sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff und nannte Hamilton "den Besten aller Zeiten".
Abgeschlagener Dritter wurde der Niederländer Max Verstappen im Red Bull. Für Sebastian Vettel war auch der Ausflug an die Algarve wenig erfreulich, der Ferrari-Star rettete als Zehnter gerade noch einen WM-Punkt. "Natürlich bin ich nicht zufrieden, ich bin ja nicht hier, um Zehnter zu werden", sagte der viermalige Weltmeister und meinte: "Das Gefühl im Auto ist schon das ganze Jahr ein bisschen Murks."
Hamilton indes dürfte nach seinem achten Sieg im zwölften Saisonlauf bald auch die nächste Schumacher-Bestmarke erreichen, der siebte WM-Titel ist fünf Rennen vor Schluss greifbar. 77 Punkte Vorsprung hat der 35-Jährige bereits auf den WM-Zweiten Bottas, dem im Endspurt nur noch ein Motorsportwunder hilft. Hamilton gewann nach seinen Erfolgen in Mugello und auf dem Nürburgring auch auf der dritten Strecke, die nur wegen der Corona-Pandemie und der Absage vieler Rennen auf anderen Kontinenten in den Kalender gerutscht war.
Das Autodromo do Algarve im Süden Portugals, das erstmals die Formel 1 zu Gast hatte, bot zum Start das erhoffte Spektakel. Ein kleiner Regenguss hatte den ohnehin glatten Asphalt angefeuchtet, das sorgte für reichlich Durcheinander auf den ersten Kilometern.
Der als Dritter gestartete Verstappen zog zunächst an Bottas vorbei, kollidierte dann aber mit dem Racing Point von Sergio Perez. Kurz darauf überholte Bottas den führenden Hamilton, ehe urplötzlich McLaren-Pilot Carlos Sainz den Vorteil seiner weicheren Reifen nutzte und die Spitze übernahm.
Doch nach sechs Runden kam allmählich die gewohnte Ordnung ins Tohuwabohu. Die mittelharten Reifen der Mercedes kamen auf Betriebstemperatur, die Silberpfeil-Piloten konnten wieder die Überlegenheit ihrer Autos ausspielen. Erst schnappte sich Bottas den strauchelnden Sainz, dann kam auch Hamilton vorbei. Verstappen holte sich Platz drei zurück, konnte dem Mercedes-Duo aber nicht folgen.
Dahinter führte Charles Leclerc den Rest des Feldes an. Der Monegasse holte wieder einmal deutlich mehr aus dem anscheinend verbesserten Ferrari heraus als Teamkollege Vettel. Der von Rang 15 gestartete Hesse profitierte immerhin von den Boxenstopps und einigen kleinen Zwischenfällen bei der Konkurrenz und arbeitete sich noch in die Punkteränge vor.
An der Spitze machte der WM-Führende Hamilton nach 20 Runden ernst. Binnen kurzer Zeit saugte sich der Brite an Stallrivale Bottas heran und setzte sich auf der Zielgeraden locker an die Spitze. Schnell fuhr der Titelverteidiger ein beruhigendes Polster heraus und deklassierte den Finnen dabei phasenweise.
Sorgen bereiteten den Strategen an den Kommandoständen indes weiter die schweren Regenwolken, aus denen hin und wieder Tropfen fielen. Wohl auch deshalb zögerten die führenden Mercedes-Piloten lange mit dem Reifenwechsel. Schon zur Hälfte des Rennens hatte Hamilton daher seinen alten Rivalen Vettel überrundet, der in Runde 28 an der Garage frische Pneus abgeholt hatte.
Nach 40 Runden beorderte Mercedes dann endlich auch Hamilton an die Box, längst waren die Verfolger aus seinem Rückspiegel verschwunden. Auch Bottas hatte seinen Widerstand frühzeitig eingestellt. So dämmerte das Rennen nach der so aufregenden Startphase einem eher müden Schluss entgegen. Hamilton war das gleich, er hatte schließlich einen weiteren meisterlichen Beweis seines Ausnahmetalents geliefert.