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Darmstadt-Kapitän Sulu: "Die Bundesliga wird uns vermissen"


98-Kapitän lehnt Vertrag ab
Sulu: "Die Bundesliga wird uns vermissen"

t-online, Florian Wichert

19.05.2017Lesedauer: 4 Min.
Abschiedstour: Aytaç Sulu beim letzten Heimspiel von Darmstadt am vergangenen Wochenende..Vergrößern des Bildes
Abschiedstour: Aytaç Sulu beim letzten Heimspiel von Darmstadt am vergangenen Wochenende.. (Quelle: Jan Huebner/imago-images-bilder)

Er war das Gesicht des Darmstädter Märchens mit dem Durchmarsch in die Bundesliga und dem Klassenerhalt: Kapitän Aytaç Sulu. Am Samstag spielen Sulu und Darmstadt nun zum vorerst letzten Mal in der Bundesliga. Vorher spricht der Kapitän bei t-online.de über seine Gefühle dabei, seine Zukunft und Kevin Großkreutz.

Das Abschiedsinterview.

t-online.de: Das letzte Bundesliga-Spiel von Darmstadt steht an – welche Gefühle löst das bei Ihnen aus?

Aytaç Sulu (31): Das wird schon emotional, weil wir auch das letzte Mal mit dem Team in dieser Form zusammenspielen. Wir wissen noch nicht, wie das Gesicht dieser Mannschaft nächste Saison aussehen wird. Eine Mischung aus Abschiedsschmerz und auch Freude, weil wir zum Abschluss noch mal im tollen Stadion in Mönchengladbach spielen dürfen. So etwas wie diesen Durchmarsch von Darmstadt in den letzten Jahren wird es mit diesen geringen Mitteln im Profifußball nicht mehr geben.

Werden Sie ein paar Tränen verdrücken?

Bei den Fans wird sicher die eine oder andere Träne fließen, bei den Spielern weiß ich das nicht. Ich wohl eher nicht. Das wäre vielleicht anders, wenn der Abstieg plötzlich und überraschend käme. Aber es war ein schleichender Prozess. Wir hatten genug Zeit, uns damit zu befassen.

Was war das Besondere am Darmstadt-Märchen?

Die Typen, die da mitgewirkt haben. Wir waren über Jahre ein so genialer Haufen. Spieler Nummer 23 im Kader hat vielleicht keine Minute gespielt und hat Spieler Nummer fünf dennoch jede Sekunde, jede Vorlage und jedes Tor gegönnt. Und die Spieler auf dem Platz waren kollegial und aufrichtig gegenüber den Spielern auf der Bank. Dazu die ganzen Kleinigkeiten. Welche Mannschaft hat schon einen Roulettetisch in der Bundesliga – an dem ausgespielt wird, wer das Frühstück besorgt?

Unter Trainer Torsten Frings haben Sie 0,94 Punkte pro Spiel geholt. Wären Sie in der Liga geblieben, wenn er von Saisonbeginn an Trainer gewesen wäre?

Ich glaube ja. Das ist rein spekulativ – aber wenn wir die ganze Saison so gespielt hätten, wären wir wohl kein Absteiger gewesen.

Ihr Vertrag läuft bis 2018. Ein erstes Angebot zur Vertragsverlängerung haben Sie abgelehnt. Bleiben Sie trotzdem in Darmstadt?

Wenn man wie ich viereinhalb Jahre bei einem Verein ist und da seine vielleicht schönste Zeit der Fußballkarriere verbracht hat, möchte man natürlich gerne langfristig bleiben und im Optimalfall auch nach der aktiven Karriere. Wir sind in Verhandlungen und haben unsere Ansichten auch schon ausgetauscht.

Nach Informationen von t-online.de fordern Sie einen langfristigen Vertrag und die Möglichkeit einer anschließenden Tätigkeit im Verein.

Ich möchte noch ein paar Jahre Fußball spielen, das ist klar. Ich weiß noch nicht, wann ich aufhören will. Naldo oder Clemens Fritz sind 36 Jahre alt. Ich fände es schon cool, wenn man nach acht, neun Jahren bei dem Verein aufhört, bei dem man etwas aufgebaut hat. Beide Seiten wollten es gern schnell geklärt haben, das hat aus verschiedenen Gründen nicht geklappt. Aber es heißt ja nicht umsonst Verhandlung. Zwei Seiten tauschen ihre Vorstellungen aus und dann schaut man, ob man sich einigt. Ich bin da tiefenentspannt.

Zumal Sie eine Ausstiegsklausel haben, die bei 1,5 Millionen Euro liegt. Das heißt: Wenn Sie sich nicht einigen, sind Sie weg?

Wenn alle Stricke reißen und wir uns nicht einig werden – was ich nicht glaube – dann muss man sich natürlich mit anderen Vereinen zusammensetzen. Es gibt letztlich zwei Möglichkeiten. Entweder ich bleibe in Darmstadt und beende hier meine Karriere oder ich beende woanders meine Karriere.

Gibt es die Gefahr, dass Sie gehen und die Mannschaft auseinanderbricht?

Sorgen mache ich mir in der Hinsicht nicht. Wir haben mit Torsten Frings einen Trainer, der genau weiß, was für Typen er braucht. Er kann Spieler von Darmstadt überzeugen – und zwar nicht nur herzukommen, sondern sich damit zu identifizieren. Es ist in dieser Beziehung genauso wie bei Dirk Schuster. Auch der hat Spieler überzeugt, bei denen niemand gedacht hätte, dass sie kommen.

So wie es Frings mit Kevin Großkreutz gelang?

Er hat bei Dortmund, Stuttgart und Galatasaray gespielt, wo infrastrukturell alles toptoptop ist. Er ist Weltmeister. Und Torsten Frings überzeugt ihn dann von Darmstadt. Ich hätte nie gedacht, dass er zu uns kommt. Ich glaube, das ist ein richtig guter Transfer. Er kann bei uns zu alter Stärke zurückfinden.

Ist das Ziel in der neuen Saison der Wiederaufstieg?

Nein. Einen Absturz wird es nicht geben, aber wir haben auch nicht die Möglichkeiten wie Stuttgart oder Hannover, um Spieler zu holen, die 20 oder 25 Tore schießen. Unabhängig davon glaube ich, dass wir als Darmstadt 98 viele Pluspunkte gesammelt haben und die gegnerischen Zuschauer und die Liga uns vermissen werden. Wir haben eine gute Duftmarke hinterlassen. Ich denke, Fußball-Deutschland will Darmstadt schon bald wieder in der Bundesliga haben.

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